Dipl.-Psych. Julia Scharnhorst
Im Rahmen von Arbeitsverdichtung fühlen sich viele Beschäftigte einem stark belastenden Zeitdruck ausgesetzt. Dieser ist eine der Hauptquellen für das Stressempfinden. Gerade Führungskräfte sind besonders vielen Ansprüchen an ihre Zeit ausgesetzt. Oft werden Zeit und Energie aber nicht sinnvoll eingesetzt, weil die Ziele und Prioritäten unklar sind und nicht planvoll genug vorgegangen wird. Daher ist eine bewusste Planung der Zeit eine Methode zur Reduktion von Stress am Arbeitsplatz.
Modernes Zeitmanagement fängt mit dem Festlegen von Zielen und Prioritäten an. Danach werden Wege und Techniken gewählt, um diese Ziele auch effizient zu erreichen. Dazu gehören eine gewisse Selbstdisziplin und auch der Mut zum Loslassen, z. B. zum Delegieren. Es geht auch um die richtige Einstellung, um die selbst gesetzten Prioritäten umsetzen zu können. Zu einem gelungenen Zeitmanagement gehört, das Wichtige zu tun und nicht nur das Dringliche.
Auch Angebote zum Zeit- und Selbstmanagement können in Form von internen und externen Seminaren oder als individuelles oder Gruppencoaching stattfinden.
Bestandteile eines Zeitmanagement-Seminars können sein:
- Auseinandersetzung mit der Frage: "Kann man Zeit managen?";
- motivierende Ziele setzen;
- Erkennen, was wirklich wichtig ist: Prioritäten setzen;
- Führen durch Delegation;
- Planen und Planungshilfen;
- "Zeitdiebe" finden und ausmerzen;
- vom Zeitmanagement zur Work-Life-Balance.
Für Mitarbeitende, die ihren Arbeitstag mit Outlook oder einem ähnlichen Tool planen und gestalten, gibt es spezielle Kursangebote, wie sich das Programm zu einem individuellen Zeitplanungsinstrument gestalten lässt. Damit ist dann auch eine effiziente Aufgaben- und Besprechungsplanung möglich.
Zeitmanagement vs. Reduktion der Arbeitsbelastung
Auch mit einem sehr effizienten Zeitmanagement lässt sich i. d. R. nicht mehr als 10–20 % Zeit gewinnen. Es ist daher nicht sinnvoll, Mitarbeitern Zeitmanagement-Seminare anzubieten, die in Wirklichkeit unter einer nicht zu bewältigenden Arbeitsmenge leiden. Hier hilft kein Zeitmanagement, sondern nur eine Reduktion der Arbeitsbelastung.
Ein immer wichtigerer Bestandteil des Selbstmanagements von Mitarbeitern und Führungskräften ist der Umgang mit den digitalen Medien. Viele Beschäftigte machen sich falsche Vorstellungen davon, was einen effizienten Umgang ausmacht. Beispielsweise ist es sehr verbreitet, sich sofort jede neu antreffende E-Mail anzusehen, obwohl dies zu einer Arbeitsunterbrechung führt, die wiederum mehrere Minuten Zeit zum Zurückfinden zur Aufgabe nach sich zieht. Das scheinbar schnelle Handeln durch sofortiges Lesen der E-Mails erzeugt so im Laufe des Tages eine Unterbrechungs- und Einarbeitungszeit, die sich auf 1 bis 2 Stunden summieren kann.
Auch ein wichtiger Punkt beim Selbstmanagement im Hinblick auf digitale Medien ist die Erreichbarkeit am Feierabend und am Wochenende. Viele Mitarbeiter und auch Führungskräfte haben dazu gesundheitsschädliche Einstellungen. Auch wenn es nicht explizit verlangt wird, reicht häufig schon das schlechte Beispiel einer Führungskraft oder eine extrem leistungsorientierte Unternehmenskultur, dass Mitarbeiter auch ohne explizite Aufforderung in ihrer Freizeit erreichbar sind und arbeiten. Dies stört jedoch die Erholung enorm und kann langfristig zu körperlichen und psychischen Gesundheitsschäden führen.
Der Umgang mit digitalen Medien im Betrieb sollte nicht nur in Form von Seminaren vermittelt werden. Sinnvoller ist ein firmeninterner Diskurs, innerhalb dessen Regeln zum Umgang mit digitalen Medien und zur Kommunikation untereinander aufgestellt werden. Diese Regeln können sich auf die erwartete Antwortzeit auf E-Mails oder die Erreichbarkeit beziehen. Wichtig ist allerdings, dass diese Abmachungen dann auch verbindlich sind und von allen eingehalten werden, auch von den Führungskräften.