OFD Rheinland, Verfügung v. 12.7.2010, Kurzinformation ESt Nr. 34/2010
Werden Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber (z.B. ausländische Muttergesellschaft) zeitlich befristet an ein verbundenes Unternehmen (z.B. inländische Tochtergesellschaft) entsandt, sind für die Frage des Werbungskostenabzugs bzw. der steuerfreien Erstattung von Reisekosten durch den Arbeitgeber zwei Fallgestaltungen zu unterscheiden:
1. Das mit dem bisherigen Arbeitgeber abgeschlossene Beschäftigungsverhältnis ruht für die Dauer der Entsendung zum verbundenen Unternehmen. Dieses schließt mit dem Arbeitnehmer für die Dauer der Entsendung einen eigenständigen Arbeitsvertrag ab.
Hierzu wird folgende Auffassung vertreten:
Das Arbeitsverhältnis mit dem aufnehmenden Unternehmen ist separat und eigenständig zu beurteilen. Durch den Vertragsabschluss wird das aufnehmende Unternehmen zivilrechtlich Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer hat in der ortsfesten dauerhaften betrieblichen Einrichtung des (neuen) Arbeitgebers von Beginn an eine regelmäßige Arbeitsstätte, wenn er diese nachhaltig aufsucht (R 9.4 Abs. 3 LStR).
Die durch die Tätigkeit im Inland entstehenden Aufwendungen können nur im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung berücksichtigt werden (R 9.11 LStR).
2. Der Arbeitgeber entsendet den Arbeitnehmer im Rahmen des bestehenden Beschäftigungsverhältnisses vorübergehend (zeitlich befristet) an das aufnehmende verbundene Unternehmen. Der Arbeitnehmer wird bei diesem ausschließlich auf Grundlage der Entsendung durch den Arbeitgeber tätig, mit dem aufnehmenden Unternehmen wird kein Arbeitsvertrag abgeschlossen.
Hierzu wird folgende Auffassung vertreten:
Der Arbeitnehmer begründet durch die befristete Entsendung keine regelmäßige Arbeitsstätte bei dem aufnehmenden Unternehmen (R 9.4 Abs. 3 Satz 5 LStR; vgl. auch Verfügung der OFD Rheinland und Münster vom 19.2.2010). Durch die Tätigkeit beim aufnehmenden Unternehmen entstehenden Aufwendungen sind nach den Grundsätzen der Auswärtstätigkeit zu behandeln.
Für die Berücksichtigung von Unterbringungskosten und Verpflegungsmehraufwendungen gilt Folgendes:
a) Aufgabe der bisherigen Wohnung
Unterhält der Arbeitnehmer seine einzige Wohnung am neuen Beschäftigungsort, handelt es sich bei den Unterbringungskosten um Aufwendungen für die private Lebensführung (§ 12 Nr. 1 Satz 1 EStG). Aufwendungen für das Unterhalten einer Wohnung, die den Mittelpunkt der Lebensführung eines Steuerpflichtigen darstellt, sind bereits durch den Grundfreibetrag abgedeckt (vgl. auch BFH-Beschluss vom 21.9.2009, GrS 1/06, unter C. III. 4. a)). Es fallen keine ausschließlich beruflich veranlassten Mehrkosten an.
Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer über die bisherige Wohnung während der Dauer der Entsendung nicht jederzeit verfügen kann (z.B. weil sie vermietet ist).
Die Unterbringungskosten können daher nicht als Werbungskosten abgezogen bzw. vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden.
Für die Ermittlung der abzugsfähigen/steuerfrei erstattungsfähigen Verpflegungsmehraufwendungen ist die Abwesenheitsdauer von der Wohnung maßgebend. Die Dreimonatsfrist ist zu beachten (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG).
b) Keine Aufgabe der bisherigen Wohnung
Behält der Arbeitnehmer seine bisherige Wohnung bei, die ihm jederzeit zur Verfügung steht, und unterhält am neuen Beschäftigungsort eine – weitere – Wohnung, können die beruflich veranlassten Unterbringungskosten als Werbungskosten abgezogen bzw. vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden (R 9.7 LStR). Den Arbeitnehmer trifft die Feststellungslast dafür, dass die bisherige Wohnung nicht aufgegeben wurde.
Wird die Wohnung am Beschäftigungsort auch von Familienmitgliedern des Arbeitnehmers genutzt, sind die Aufwendungen für die Wohnung in einen beruflich und einen privat veranlassten Anteil aufzuteilen. Entscheidend ist, welche Mehrkosten durch die privat veranlasste Unterbringung der Familie gegenüber der ausschließlichen Unterbringung des Arbeitnehmers entstehen. Der Aufteilungsmaßstab kann im Weg einer ermessensgerechten Schätzung erfolgen, wobei eine Aufteilung der Kosten nach Köpfen nicht zu einem sachgerechten Ergebnis führen dürfte.
Es bestehen keine Bedenken, aus Vereinfachungsgründen die „60 qm-Regelung” (vgl. H 9.11 Abs. 5-10 [Angemessenheit der Unterkunftskosten] zweiter Spiegelstrich LStH) der doppelten Haushaltsführung anzuwenden, wobei jedoch keine Beschränkung auf den ortsüblichen Durchschnittsmietzins erfolgen darf, sondern die tatsächlich entstehenden Aufwendungen zugrunde zu legen sind.
Beispiel:
Ein Arbeitnehmer wohnt mit seiner Ehefrau und zwei Kindern in einer 150 qm großen Mietwohnung. Die Aufwendungen betragen monatlich 1.050 EUR (7 EUR/qm). Der Durchschnittsmietzins beträgt 5 EUR/qm.
Von den 150 qm können 60 qm als beruflich veranlasst und der darüber hinausgehende Anteil als privat veranlasst geschätzt werden mit der Folge, dass 420 EUR (7 EUR × 60 qm) als Werbungskosten abgezogen bzw. vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden können.
Für die Ermittlung der abzugsfäh...