Dipl.-Psych. Julia Scharnhorst
Menschen neigen zu bestimmten Denkmustern und Reaktionen, die in einer Krise nicht immer hilfreich sind. Daher ist es gut, diese Denkmechanismen zu kennen, um bewusst gegensteuern zu können.
Denkfalle 1: Falsche Risikoeinschätzung
Menschen sind nicht gut im Einschätzen abstrakter Risiken – das kann zu übertriebener Angst und Panik führen. Auf der anderen Seite können Nachlässigkeit und Unvorsichtigkeit durch Verdrängen des Risikos auftreten. Gerade Risiken, die wir nicht sehen, hören oder fühlen können, wie z. B. Viren, werden als besonders bedrohlich empfunden.
Risiken realistisch einschätzen
Informieren Sie sich bei bedrohlichen Krisensituationen über die tatsächlichen Risiken. Bei SARS-CoV-2 war es z. B. sinnvoll, über die Verbreitung der Erkrankung und die Symptome sowie mögliche Risikofaktoren Bescheid zu wissen. Statistiken beruhen oft auf unterschiedlichen Datenlagen und sind daher nicht immer miteinander vergleichbar. Wer sich bei seriösen Quellen informiert, ist in der Lage, unnötige Sorgen und Ängste zu vermeiden und gleichzeitig reale Bedrohungssituationen zu erkennen.
Denkfalle 2: Je näher die Bedrohung, desto größer die Angst
Wir bekommen Angst vor Krankheit oder Tod, wenn sie subjektiv in unserer Nähe auftreten, z. B. Verwandte oder Freunde betreffen. Wir sind dann nicht mehr in der Lage, objektiv statistische Wahrscheinlichkeiten und Risiken zu beurteilen, sondern neigen zu einer verzerrten Wahrnehmung. Krankheitsfälle oder Krisen, die in entfernten Ländern oder bei uns unbekannten Menschen auftreten, nehmen wir weniger ernst.
Nähe der Bedrohung
Hören Sie nicht nur auf das, was Ihnen im Kollegen-, Freundes- oder Familienkreis über die Gefahr durch Krankheiten oder andere Krisen erzählt wird. Hier wird meist nur anekdotisch über Einzelfälle aus dem persönlichen Umfeld berichtet, die wenig aussagekräftig sind. Halten Sie sich lieber an die offiziellen Berichte der Forschungsinstitute, der Regierung und der Behörden.
Denkfalle 3: Was die anderen machen, ist sicherlich richtig
Der Mensch ist ein "Herdentier". Wir neigen dazu, uns am Verhalten anderer zu orientieren. Das Verhalten der anderen Menschen wird unbewusst zu unserem Vorbild. Wenn die meisten anderen gelassen bleiben, verlassen wir uns darauf, dass keine Gefahr droht. Umgekehrt lassen wir uns aber leicht von einer Massenpanik anstecken. Treffen Sie Entscheidungen deshalb erst, wenn Sie sich selbst informiert haben. Benutzen Sie Ihren eigenen Verstand – es geht schließlich auch um Ihre eigene Sicherheit und Gesundheit!
Denkfalle 4: Wir glauben, was wir sehen oder hören
Wir neigen dazu, die Information von der Quelle zu trennen. Das führt dazu, dass wir im Nachhinein nicht mehr genau wissen, woher wir eine Information haben – wir behalten nur deren Inhalt im Gedächtnis. Dies birgt die Gefahr, dass wir bei Informationen aus unglaubwürdigen Quellen (z. B. Social Media) das kritische Einschätzen vergessen und einfach glauben und behalten, was wir gelesen oder gehört haben. So entstehen Gerüchte und im schlimmsten Fall werden unkritisch Fake-News weiterverbreitet.
Informationsquellen prüfen
Suchen Sie sich seriöse Quellen und achten Sie bewusst nicht auf Gerüchte oder unseriöse Quellen im Internet oder der Presse. Die persönliche Meinung oder Erfahrung eines Einzelnen ist nicht aussagekräftig und entspricht auch nicht unbedingt der Wahrheit. Versuchen Sie also immer, Informationen aus dem eigenen Kreis oder dem Internet auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, bevor Sie sich unüberlegt zum Handeln verleiten lassen oder diese Inhalte an andere weitergeben.