Irrtümliche Überzahlungen an Lohn können im Rahmen der Pfändungsgrenzen vom Arbeitgeber zurückgefordert und aufgerechnet werden. Für die Beantwortung der Frage, auf welche Rechtsgrundlage der Arbeitgeber seinen Rückforderungsanspruch stützen kann, kommt es u. a. auf die Fälligkeitsvereinbarung für das Arbeitsentgelt an.
1.1 Fälligkeit nach Arbeitsleistung
Schuldet der Arbeitgeber die Vergütung erst nach Erbringung der Arbeitsleistung, ist die Rückforderung nach den Grundsätzen über die ungerechtfertigte Bereicherung abzuwickeln. Der Arbeitnehmer kann sich auf den Wegfall der Bereicherung berufen, wenn er die Überzahlung gutgläubig bereits verbraucht hat und nicht ausgegeben hätte, wenn er Kenntnis von der Überzahlung gehabt hätte.
Gutgläubigkeit liegt allerdings nicht vor, wenn Rückzahlungsansprüche vertraglich vereinbart sind, beispielsweise im Arbeits- oder Tarifvertrag. Bei der Beweislast bezüglich der Entreicherung gibt es Besonderheiten zu beachten.
Beweislast bei Entreicherung
Für das Vorliegen einer Entreicherung ist grundsätzlich der Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig. In der Rechtsprechung werden dem Arbeitnehmer aber Beweiserleichterungen zugestanden.
Der Arbeitnehmer kann sich für den Wegfall der Bereicherung auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises berufen. Dazu ist erforderlich:
- Es muss sich um eine geringfügige Überzahlung handeln. Ob eine Überzahlung geringfügig ist, kann nach den Richtlinien beurteilt werden, die im öffentlichen Dienst gelten. Eine nur geringfügige Überzahlung liegt dann vor, wenn die Zuvielzahlung bei einmaligen Leistungen 10 % des zustehenden Betrags, bei wiederkehrenden Leistungen 10 % aller für den Zeitraum zustehenden Bezüge, nicht übersteigt.
- Die Lebenssituation des Arbeitnehmers muss so sein, dass erfahrungsgemäß ein alsbaldiger Verbrauch der Überzahlung für die laufenden Kosten der Lebenshaltung anzunehmen ist.
- Zudem greifen die Erleichterungen der Beweislast nur bei Arbeitnehmern mit mittlerem und geringem Einkommen, die nicht zu den Besserverdienenden gehören.
Der vertragliche Rückzahlungsanspruch setzt voraus, dass die Überzahlung durch den Arbeitgeber irrtümlich erfolgt ist. Hat der Arbeitgeber bewusst überzahlt, hat er keinen Rückforderungsanspruch.
1.2 Fälligkeit vor Arbeitsleistung
Ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Vergütung vor Erbringung der Arbeitsleistung auszuzahlen (in der Praxis eher die Ausnahme), erfolgt die Rückabwicklung über die Regelungen der §§ 326 Abs. 4, 346 BGB. Der Arbeitnehmer kann sich nicht mehr auf eine Entreicherung berufen.
Bei vertraglichen Rückzahlungsverpflichtungen kann der Arbeitnehmer u. U. mit einem eigenen Schadensersatzanspruch aufrechnen, wenn er aufgrund der fehlerhaften Lohnauszahlung im Vertrauen auf die Richtigkeit Ausgaben getätigt hat, die er bei Kenntnis der Überzahlung nicht getätigt hätte. Der Schadensersatzanspruch setzt allerdings ein Verschulden aufseiten des Arbeitgebers, also zumindest Fahrlässigkeit voraus.