Rz. 19
Abs. 1 entspricht inhaltlich weitgehend der bis zum 31.12.2008 gültigen Fassung. Verändert wurde einerseits die Gewichtung der einzelnen Ziele der Arbeitsförderung. Außerdem wurde die Vermeidung von Langzeitarbeitslosigkeit neu in Abs. 1 aufgenommen. Beschäftigungsstand und Beschäftigungsstruktur sowie die Einpassung in die Regierungspolitik sind weiterhin wichtige Ziele der Arbeitsförderung. Die Bundesagentur für Arbeit selbst hat aber hauptsächlich die Aufgabe, den Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu unterstützen. Mehr als eine Unterstützung kann sie nicht bewirken, denn sie kann nur geringen Einfluss auf die Arbeitsplatznachfrage nehmen und auch nicht selbst (abgesehen von der eigenen Beschäftigung) Arbeitsplätze bereitstellen. Letzteres bleibt Aufgabe der Wirtschaft. Zur Unterstützung des Ausgleichs kann sie aber Aktivitäten entfalten, die auf eine Meldung offener Stellen bei den Agenturen für Arbeit und deren Beauftragung mit Stellenbesetzungsvorschlägen zielen. In diese Richtung weisen Arbeitgeberservices der Agenturen für Arbeit, die nach Möglichkeit mit den Jobcentern jedenfalls der gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b SGB II bei einem gemeinsamen Marktauftritt abgestimmt werden. Weiterhin können die Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit zu offenen Stellen schnell und passgenau Vermittlungsvorschläge unterbreiten und dadurch Arbeitslosigkeit oder die Ausbildungssuche beenden. Eine Verkürzung der Dauer der Arbeitslosigkeit wird insbesondere durch eine frühzeitige Aktivierung und eine hohe Kontaktdichte erreicht.
Rz. 19a
Flüchtlinge, die als solche nach der Genfer Flüchtlingskonvention, als Asylberechtigte oder subsidiär Schutzbedürftige anerkannt werden, bleiben zumeist zunächst arbeitslos. Es mangelt an (vor allem berufsbezogenen) Kenntnissen der deutschen Sprache und häufig an beruflicher Qualifikation. Diese Beschäftigungshindernisse können auch nicht kurzfristig durch eine Zuweisung in eine Arbeitsgelegenheit beseitigt werden. Solange die Flüchtlinge noch nicht anerkannt sind, bleiben die Agenturen für Arbeit zuständig für die Betreuung dieses Personenkreises. Sobald sie anerkannt wurden, werden sie (ggf. nach Eintritt der Bestandskraft des Bescheides des Bundesamtes für Flüchtlinge und Migration) leistungsberechtigt nach dem SGB II und auch vermittlerisch durch die Jobcenter betreut, denn bei ihnen handelt es sich regelmäßig nicht um Aufstocker, die ergänzend zum Alg Leistungen nach dem SGB II erhalten und deshalb von den Agenturen für Arbeit vermittlerisch betreut werden. Nach Maßgabe des § 74 SGB II erhalten ukrainische Flüchtlinge ohne Wartezeit Leistungen nicht nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, sondern Bürgergeld. Sie sollen durch einen sog. Job-Turbo schnell in Arbeit vermittelt werden.
Rz. 20
Abs. 1 Satz 1 zielt auch auf einen hohen Beschäftigungsstand. Denn bei gegebener Arbeitsplatznachfrage wirkt eine Erhöhung des Beschäftigungsstandes mindernd auf Arbeitslosigkeit. Auf den Beschäftigungsstand wirkt sowohl ein in jedem Einzelfall vermiedener Eintritt von Arbeitslosigkeit als auch jede gelungene Integration, gleich mit welchem Umfang an Unterstützung durch die Agentur für Arbeit die Integration zustande gekommen ist. Die Vorschrift räumt der Integration in den ersten Arbeitsmarkt nunmehr absoluten Vorrang ein.
Rz. 21
Die geänderte Zielorientierung legt ein risikoorientiertes Vorgehen durch die Bundesagentur für Arbeit nahe (vgl. auch die Rahmenzielvereinbarung mit dem BMAS v. 29.11.2018, vgl. Rz. 52 ff.). Oberflächlich bedeutet dies, alle Leistungen beschäftigungserhaltend oder zur unmittelbaren Integration in den Arbeitsmarkt einzusetzen. Das widerspricht Investitionen in die Qualifikation der Arbeitnehmer, um Integrationen mit mehr Nachhaltigkeit zu erzielen. So könnte auch Abs. 2 Nr. 2 verstanden werden (es genügt die Herstellung von Beschäftigungsfähigkeit schlechthin). Die Maßnahmen zur Erreichung eines solchen Ziels in der Praxis können aber zu deutlichen personenbezogenen Priorisierungen führen. Leistungen werden auf Personen konzentriert, bei denen ein Integrationserfolg oder der Erhalt einer Beschäftigung aufgrund der persönlichen Merkmale (z. B. Qualifikation, Alter) leicht erreichbar ist. Damit würde zugleich der Kostenaspekt besonders berücksichtigt. Mit der gleichen Geldmenge könnten mehr Integrationen erreicht werden. Effektivität und Effizienz der Leistungen sind bei Marktkunden (arbeitsmarktnahe Bewerber) und Betreuungskunden (mit individuellen Hemmnissen, insbesondere Langzeitarbeitslose) unterschiedlich zu sehen. Für die Bundesagentur für Arbeit kommt es deshalb im Rahmen von behördeninternen Zielvereinbarungen im Anschluss an die Vereinbarung nach Abs. 3 darauf an, dem Risiko der Vernachlässigung benachteiligter Personengruppen durch Zuschreibung angemessener Anteilwerte bei der Zielerreichung entgegenzuwirken.
Rz. 22
Die Vermeidung von Langzeitarbeitslosigkeit durch Verbesserung der individuellen Beschäftigungsfähigk...