Rz. 139
Ein klassischer Fall der Arbeitsaufgabe i. S. v. Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ist die Eigenkündigung zur Lösung des Beschäftigungsverhältnisses, die zum Eintritt von Arbeitslosigkeit führt. Darum handelt es sich stets bei der Kündigung eines laufenden Arbeitsvertrages, auf dem das Beschäftigungsverhältnis beruht, nicht aber bei einem Nichtantritt einer von der Agentur für Arbeit angebotenen oder sonst erlangten Beschäftigung, diese Fälle sind nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 zu beurteilen. Ziel der Kündigung ist die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses für die Zukunft. Auf den Grund oder die etwaige Rechtmäßigkeit der Kündigung kommt es für die Arbeitsaufgabe nicht an, dies kann allerdings bei der Prüfung zu berücksichtigen sein, ob der Arbeitnehmer für sein versicherungswidriges Verhalten einen wichtigen Grund hatte, etwa dann, wenn die Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses wegen eigener beruflicher Weiterbildung erfolgt ist (vgl. auch SG Konstanz, Urteil v. 19.10.2021, S 7 AL 2364/20), die ggf. auch berufsbegleitend möglich war. Durch Wegfall der Geschäftsgrundlage wird das Arbeitsverhältnis nicht automatisch beendet. Für eine Klage auf Rechtsunwirksamkeit der Eigenkündigung gilt die Frist des § 4 Satz 1 KSchG nicht (BAG, Urteil v. 21.9.2017, 2 AZR 57/17), das Recht kann allerdings verwirkt werden. Bei befristeten Arbeitsverhältnissen können Kündigungsbeschränkungen gelten (vgl. § 620 Abs. 3 BGB i. V. m. §§ 14 Abs. 4, 15 Abs. 2 TzBfG), zur Beendigung kann aber auch eine auflösende Bedingung führen (vgl. § 21 TzBfG).
Rz. 140
Mit der Kündigung gibt der Arbeitnehmer eine einseitige rechtsgestaltende Willenserklärung zur sofortigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses bzw. zu einem späteren Zeitpunkt, etwa dem Ablauf der Kündigungsfrist ab, die allerdings empfangsbedürftig seitens des Arbeitgebers ist. Die Kündigung bedarf der Schriftform (§ 623 BGB), sperrzeitrechtlich ist nicht relevant, ob der Arbeitnehmer ordentlich oder außerordentlich gekündigt hat. Letztlich ist das Schriftformerfordernis jedoch nicht entscheidungserheblich, weil es auf die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses ankommt, und das kann formfrei, also auch mündlich oder durch konkludentes Handeln geschehen, typischerweise durch ein Verlassen des Arbeitsplatzes (ohne Rückkehr). Im Zweifel muss anhand des tatsächlichen Geschehensablaufes aufwendig ermittelt werden, wie das Beschäftigungsverhältnis gelöst worden ist. Ein Arbeitnehmer löst das Beschäftigungsverhältnis eben auch, wenn er dem Arbeitgeber durch sein Verhalten objektiv unmissverständlich erklärt, dass er die Beschäftigung nicht fortsetzen will, etwa, indem er seine Arbeit nicht mehr ausführt, seine Arbeitspapiere verlangt oder den Arbeitsplatz sichtbar mit dem Willen verlässt, nicht mehr an diesen zurückkehren zu wollen. Insoweit ist nicht erheblich, ob das Arbeitsverhältnis noch fortbesteht oder nicht. Das Bay. LSG hat ein Nichterscheinen zur Arbeit als konkludente sperrzeitrelevante Lösung des Beschäftigungsverhältnisses angesehen, auch wenn das Arbeitsverhältnis unter Verstoß gegen das Schriftformerfordernis gelöst wurde (Bay. LSG, Urteil v. 11.6.2015, L 10 AL 43/14). Eine außerordentliche Kündigung durch den Arbeitnehmer dürfte, wenn sie berechtigt ist, stets von einem wichtigen Grund nach dem Sperrzeitrecht begleitet werden.
Rz. 141
Der Arbeitnehmer löst das Beschäftigungsverhältnis nicht i. S. v. Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, wenn er lediglich ein Angebot zum Abschluss eines Arbeitsvertrages zu geänderten Bedingungen durch den Arbeitgeber ablehnt, das dieser mit einer Änderungskündigung verbindet. Zudem kann der Personalrat ein Mitbestimmungsrecht haben.
Rz. 142
Eine Lösung des Beschäftigungsverhältnisses liegt auch dann nicht vor, wenn der Arbeitnehmer zwar eine Kündigungserklärung abgegeben hat, jedoch die Voraussetzungen für eine Anfechtung der Erklärung wegen Irrtums vorliegen. Mit der Anfechtung wird dem Sperrzeittatbestand die Grundlage entzogen, tut der Arbeitnehmer dies nicht, liegt der Lösungssachverhalt der Arbeitsaufgabe gleichwohl nur vor, wenn dies als ein grobfahrlässiges Verhalten zu werten ist. Das bedeutet, dass die Anfechtung grobfahrlässig unterlassen worden sein muss. Grundsätzlich schützt zwar ein Irrtum nicht vor dem Eintritt einer Sperrzeit, jedoch kommt es in solchen Fällen darauf an, dass dem Irrtum durch leichtfertiges Verhalten nicht abgeholfen wird und dadurch letztlich Arbeitslosigkeit herbeigeführt wird. Im Übrigen kann bei Vorliegen der Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit in Bezug auf deren Dauer das Vorliegen einer besonderen Härte zu prüfen sein.
Rz. 143
Ebenso liegt kein Auflösungssachverhalt vor, wenn ein (ehemaliger) Auszubildender von der Bereitschaft des Arbeitgebers, ihn nach Ausbildungsende in den Betrieb zu übernehmen, keinen Gebrauch macht. Ein Berufsausbildungsverhältnis endet nach Bestehen der Prüfung mit der Bekanntgabe des Gesamtergebnisses, ggf. der verbindlichen Mitteilung in dem Prüfbereich, in dem eine Ergänzungsprüfung stattfand. Die...