Rz. 363
Die Gleichbehandlung der Arbeitnehmer ist Grundprinzip des Arbeitsrechts. Arbeitnehmer in gleicher oder vergleichbarer Lage sind gleich zu behandeln. Damit werden die Gestaltungsrechte des Arbeitgebers eingeschränkt, Für eine unterschiedliche Behandlung muss es billigenswerte Gründe geben. Ansonsten steht es dem Arbeitnehmer zu, nach Maßgabe der allgemeinen Regelung, also gleich behandelt zu werden. Verstöße gegen das Diskriminierungsverbot stellen immer auch einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dar. Bei einer verhaltensbedingten Kündigung kann der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht angewendet werden. Zur Kontrolle ausgleichender Gerechtigkeit wird das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung herangezogen. Spezialgesetzliche Benachteiligungsverbote lassen den Gleichbehandlungsgrundsatz unberührt. Eine Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft oder Weltanschauung liegt nicht bei Stigmatisierung wegen der ostdeutschen Herkunft vor (ArbG Berlin, Urteil v. 15.8.2019, 44 Ca 8580/18).
Rz. 363a
Eine Staffelung des Urlaubs nach Lebensaltersstufen ist unwirksam, weil sie gegen das Benachteiligungsverbot verstößt, es sei denn, der Arbeitgeber kann substanziiert darlegen, dass mit der unterschiedlichen Behandlung wegen des Alters ein legitimes Ziel nach § 10 Satz 1 AGG angestrebt wird (BAG, Urteil v. 18.10.2016, 9 AZR 123/16).
Rz. 363b
Ein Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung stellt eine Stellenausschreibung nicht dar, wenn sie sich auf ein "junges, dynamisches Unternehmen" bezieht. Darin sind keine altersbezogenen Besetzungskriterien oder Wünsche im Hinblick auf das Alter von Bewerbern zu sehen (BAG, Urteil v. 23.11.2017, 8 AZR 604/16). Daher kann eine solche Formulierung in einer Stellenausschreibung auch nicht dazu herangezogen werden, eine Arbeitsablehnung mit der Rechtswidrigkeit des Arbeitsangebotes zu begründen.
Rz. 363c
Die Vereinbarung eines Kündigungsrechts des Dienstberechtigten im Anstellungsvertrag eines GmbH-Fremdgeschäftsführers mit Vollendung des 60. Lebensjahres stellt jedenfalls dann keinen rechtswidrigen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot der §§ 7, 1 AGG dar, wenn ihm zum Zeitpunkt seines Ausscheidens eine betriebliche Altersvorsorge zusteht (OLG Hamm, Urteil v. 19.6.2017, I-8 U 18/17, Az. beim BGH II ZR 244/17).
Rz. 364
Das Gebot gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher Arbeit gilt gemäß Art. 157 AEUV in Deutschland unmittelbar und ist Grundlage für ein entsprechendes Verlangen des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber. Der Vorrang des Unionsrechts besteht gegenüber innerstaatlichen Rechts ebenso wie gegenüber Tarifverträgen mit anderem Inhalt.
Klagt eine Frau auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit (Art. 157 AEUV, § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG), begründet der Umstand, dass ihr Entgelt geringer ist als das vom Arbeitgeber nach §§ 10 ff. EntgTranspG mitgeteilte Vergleichsentgelt (Median-Entgelt) der männlichen Vergleichsperson(en), regelmäßig die – vom Arbeitgeber widerlegbare – Vermutung, dass die Benachteiligung beim Entgelt wegen des Geschlechts erfolgt ist (BAG, Urteil v. 21.1.2021, 8 AZR 488/19).
Rz. 365
Gleiches Entgelt für gleiche Arbeit bezieht sich auf Monats- und Stundenlöhne ebenso wie auf Stücklohn, Zulagen, Sonderzahlungen, Gratifikationen, Entgeltfortzahlungen und bezahlte Freistellungen sowie andere Zusatzleistungen, auch als Sachleistung. Die rechtswidrige unmittelbare Diskriminierung des Arbeitnehmers besteht schlicht darin, dass er aufgrund seines Geschlechts eine ungünstigere Behandlung gegenüber anderen Personen erfährt (bzw. dies schon geschehen ist oder geschehen könnte). Bei der Ausgangsfrage, ob es sich um gleiche Arbeit bei mehreren Personen verschiedenen Geschlechts handelt, muss eine Gesamtschau angestellt werden, in die Ausbildungsanforderungen, die Art der Arbeit sowie die Arbeitsbedingungen eingehen, um zu beurteilen, ob die Personen sich insoweit in einer vergleichbaren Situation befinden. Eine andere Berufsausbildung, eine höhere erforderliche Qualifikation u. a. rechtfertigen auch eine unterschiedliche Entlohnung. Bessere Leistungen müssen allerdings messbar sein. Die Diskriminierung eines Geschlechts kann sich offen zeigen, etwa durch Abschläge in Gehaltstabellen, durch Verschiebungen bei den Bemessungselementen der Vergütung, aber auch in versteckten Systemen, z. B. mit Verknüpfungen zur Schwere der Arbeit in Bezug auf die muskuläre Belastung schlechthin ohne körperbelastende Umstände, die gleichermaßen auf beide Geschlechter einwirken (Körperhaltung, psychische Belastung usw.). Eine Ungleichbehandlung wegen der sexuellen Orientierung ist überholt und wird zwischenzeitlich auch nicht mehr von der Rechtsprechung gedeckt. Eine Kündigung wegen Mängeln im Leistungsbereich in der Probezeit mit vorausgegangenen Gesprächen über die Leistungsmängel stellt keine Diskriminierung dar (LAG Hamm, Urteil v. 10.1.2019, 11 Sa 505/18). Gleicher Lohn für gleiche Arbeit schließt Besserstellungen einzelner Arbeitn...