Rz. 393
Dass die Verhinderung der Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses zu den Sperrzeitsachverhalten bei Arbeitsablehnung gehört, hat wohl im Gesetz nur klarstellende Bedeutung. Erfasst werden Fälle, in denen der Arbeitslose Vermittlungsvorschläge nicht aufgreift, keinen Vorstellungstermin vereinbart oder ein solches Vorstellungsgespräch versäumt wie auch Fälle, in denen durch das Verhalten im Zusammenhang mit der Bewerbung um Einstellung ein solches gerade verhindert wird. Allgemein wird davon gesprochen, dass der Arbeitslose das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses vereitelt bzw. vereitelt hat. Vereiteln bedeutet, ein Arbeitsangebot konkludent abzulehnen.
Rz. 394
Für die Beurteilung, ob die Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitslosen verhindert worden ist, muss teilweise auf das Arbeitsrecht zurückgegriffen werden, auch wenn die Agentur für Arbeit und im weiteren Verlauf des Sozialrechtsverhältnisses ggf. die Sozialgerichte eine eigene Sozialrechtliche Beurteilung und Bewertung vornehmen. Relevant sind hier hauptsächlich die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses. Im Ergebnis werden damit Fälle sperrzeitrelevant, bei denen aus dem Verhalten des Arbeitslosen der Schluss zu ziehen ist, dass er die Arbeit nicht anzunehmen bereit ist.
Rz. 395
Werden Vertragsverhandlungen mit dem Ziel begonnen, einen Arbeitsvertrag abzuschließen, entsteht ein gesetzliches vorvertragliches Schuldverhältnis. Dieses beginnt bereits, wenn der Arbeitslose vom Arbeitgeber zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird. Während der Vertragsanbahnung bestehen beidseitig verschiedene Pflichten, zu denen Aufklärung, Mitwirkung, Obhut und Rücksichtnahme gehören. Im Zuge des vorvertraglichen Schuldverhältnisses hat jede Partei, also auch der Arbeitslose, das jederzeitige Recht, sich von dem beabsichtigten Arbeitsvertrag zu distanzieren. Insofern werden Aufwände auf eigenes Risiko investiert. Ein Rückgriff auf den Arbeitgeber in Form von Schadenersatz ist nicht möglich. Dies gilt es bei der sozialrechtlichen Prüfung zu berücksichtigen, ob der Arbeitslose die Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses verhindert hat.
Rz. 396
Von Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 werden auch Leiharbeitsverhältnisse erfasst. Bei der Sachverhaltsermittlung muss sich die Agentur für Arbeit jedoch darüber im Klaren sein, dass allgemeine Erklärungen einer Zeitarbeitsfirma über ihre korrekte Vorgehensweise beim Vorstellungsgespräch zwar nicht generell in Zweifel zu ziehen sind, die Leiharbeitsbranche also nicht unter Generalverdacht gestellt werden darf, jedoch auch dadurch motiviert sein können, die Vermittlungspraxis keinem Verdacht auszusetzen, der die Gewerbeerlaubnis in Frage stellen könnte. Insoweit müssen detaillierte Angaben hinzutreten, um hinreichend glaubhaft zu sein. Eine nicht korrekte Vorgehensweise muss auf Tatsachen gestützt werden können.
Rz. 397
Zu den Pflichten des Arbeitgebers im vorvertraglichen Schuldverhältnis gehört es, bekannte Umstände, die einer vollständigen Realisierung der Durchführung des Arbeitsverhältnisses entgegenstehen, nicht zu verschweigen. Ebenso muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer darüber unterrichten, welche über das übliche Maß hinausgehenden Anforderungen er an den Arbeitnehmer stellt. Im Rahmen der Verhandlungen über den Arbeitsvertrag darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht täuschen, etwa durch unrichtige Darstellung oder Angabe von Tatsachen, die nicht der Wahrheit entsprechen.
Rz. 398
Den Arbeitnehmer treffen insbesondere Offenbarungspflichten, die sich in der Hauptsache auf seine berufliche Qualifikation und seine konkrete Eignung in Bezug auf das in Aussicht genommene Arbeitsverhältnis beziehen. Grundsätzlich darf der Arbeitnehmer entsprechende Fragen des Arbeitgebers abwarten. Dagegen muss er initiativ über solche Umstände informieren, die entscheidend darauf hinweisen, dass er die geforderte Arbeitsleistung tatsächlich nicht erbringen kann oder die sich jedenfalls maßgeblich auf seine Leistungsfähigkeit auswirken. Diese Pflicht des Arbeitnehmers wird aus dem Grundsatz von Treu und Glauben zugunsten des Arbeitgebers abgeleitet. Es kommt hierfür darauf an, was ein verständiger Arbeitgeber von dem Bewerber erwarten würde (vgl. BSG, Urteil v. 5.9.2006, B 7a AL 14/05 R). Auf die innere Einstellung des Arbeitslosen, also auf die Frage, ob er das Beschäftigungsangebot tatsächlich zielgerichtet ablehnen wollte, kommt es dagegen nicht an. Es muss auch geprüft werden, ob dem Arbeitslosen klar war, dass er zu einer bestimmten Offenbarung verpflichtet war oder er dies nur unverschuldet nicht erkannt hat. Dann wäre ihm daraus kein Vorwurf zu machen. Umstände, die der Arbeitgeber nicht erfragen darf, muss der Arbeitnehmer auch nicht von sich aus mitteilen.
Rz. 399
Einzelne Offenbarungspflichten richten sich zumeist danach, ob sich die mitzuteilenden Tatsachen auf die Leistungspflicht des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältni...