Rz. 561
Bei der nachfolgenden alphabetischen Listung von Sachverhalten mit wichtigen Gründen i. S. des Arbeitsförderungsrechts nach Stichworten wird die zugrunde liegende Rechtsprechung zum Teil wörtlich in Leitsatz und/oder einer Auswahl an Entscheidungsgründen wiedergegeben.
Rz. 562
Besuch einer Abendschule
Der Besuch einer Abendschule kann der Annahme oder dem Antritt einer Beschäftigung entgegenstehen, wenn die Bedingungen für die Ausübung der Beschäftigung nicht mit dem Besuch vereinbar sind. Einen wichtigen Grund für die Ablehnung der angebotenen Beschäftigung kann der Arbeitslose im Einzelfall dann haben, wenn der Besuch der Abendschule zu einer deutlichen Verbesserung der dauerhaften Eingliederungschancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt führt. Es dürfte stets auch zu prüfen sein, wie nachhaltig und von welcher Qualifikation die angebotene Beschäftigung in Bezug auf die berufliche Eingliederung ist.
Ist ein wichtiger Grund für die Ablehnung der Beschäftigung anzuerkennen, liegt auch ein wichtiger Grund dafür vor, dass der Arbeitslose ggf. schon die Anbahnung des Beschäftigungsverhältnisses durch sein Verhalten verhindert hat.
Rechtsprechung:
SG Berlin, Urteil v. 21.1.1999, S 51 AL 2730/96.
Rz. 563
Zahlung einer Abfindung
Die Gewährung einer Abfindung kann einen wichtigen Grund für eine Arbeitsaufgabe durch den Arbeitnehmer bilden.
Der Arbeitnehmer kann sich im Rahmen von Abfindungsprogrammen bei Aufhebungsverträgen, die mit dem Betriebsrat abgestimmt sind, nicht gegen die Durchführung nach dem "Windhund-Prinzip" wehren (LAG Düsseldorf, Urteil v. 12.4.2016, 14 Sa 1344/15). Dies gilt selbst dann, wenn auf Millisekunden abgestellt wird und die exakte Eingangszeit einer Meldung deshalb nicht bis ins Letzte zu beeinflussen ist.
Schließt ein Arbeitnehmer angesichts einer drohenden betriebsbedingten Kündigung einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung, die sich im Rahmen des § 1a KSchG hält (je Beschäftigungsjahr 0,5 Monatslohn), so steht ihm ein wichtiger Grund zur Seite, der eine Sperrzeit ausschließt, es sei denn, es liegt eine Gesetzesumgehung (z. B. offenkundige Rechtswidrigkeit der beabsichtigten Kündigung) vor. Das gilt auch für einen ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer, wenn ihm eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung droht.
Rz. 563a
Das Angebot einer Abfindung kann aber auch dann einen wichtigen Grund für die Aufgabe einer Beschäftigung darstellen, wenn dem Arbeitnehmer zu demselben Zeitpunkt eine rechtmäßige betriebsbedingte arbeitgeberseitige Kündigung ernsthaft droht. Das kann auch auf eine personenbedingte Kündigung zutreffen. Die Drohung muss zum Zeitpunkt der Beschäftigungsaufgabe, z. B. dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages, bestehen.
Im Einzelfall kann auch eine höhere Abfindung als nach dem KSchG vorgesehen, z. B. das 1,2fache des Monatslohnes je Beschäftigungsjahr, einen wichtigen Grund für eine Arbeitsaufgabe begründen. Billigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in einer Vereinbarung eine höhere Abfindung zu, als dies in § 1 a Abs. 2 KSchG vorgesehen ist, so weichen die Arbeitsvertragsparteien jedenfalls im Sperrzeitrecht in rechtlich erheblicher Weise vom gesetzlichen Leitbild ab. Zudem spricht die Zubilligung einer höheren Abfindung tendenziell dafür, dass das Risiko einer Rechtswidrigkeit der Kündigung als besonders hoch eingeschätzt wird. In derartigen Fällen gilt, dass eine drohende betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung nur dann zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages berechtigt, wenn die Kündigung objektiv rechtmäßig wäre. Auch der Umstand, dass sich der Kläger anlässlich betrieblicher Änderungen auf einen Aufhebungsvertrag im Rahmen eines Interessenausgleichs bzw. Sozialplans eingelassen hat, begründet keinen wichtigen Grund.
Im Falle einer drohenden, rechtmäßigen Arbeitergeberkündigung zum selben Zeitpunkt kann eine höhere Abfindung, die im Fall eines Aufhebungsvertrages gezahlt wird, ein schützenswertes Interesse darstellen, und zwar auch dann, wenn die Abfindung nicht um mindestens 10 % höher ist als im Falle einer Kündigung.
Rechtsprechung:
SG Landshut, Urteil v. 18.7.2022, S 16 AL 135/20.
BSG, Urteil v. 2.5.2012, B 11 AL 6/11 R.
BSG, Urteil v.12.7.2006, B 11a AL 47/05 R.
LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 21.10.2011, L 12 AL 4621/10.
Rz. 564
Zahlung einer Abfindung – Rahmen des § 1a KSchG
Das BSG hat zunächst im Jahr 2006 seine Erwägung bekundet, für Sperrzeitsachverhalte ab 2004 wegen Arbeitsaufgabe (Abs. 1 Satz 2 Nr. 1) einen wichtigen Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages ohne die Prüfung der Rechtmäßigkeit einer drohenden Arbeitgeberkündigung anzuerkennen, wenn die Abfindungshöhe die nach § 1a Abs. 2 KSchG vorgesehene Abfindung nicht überschreitet. Diese Rechtsprechung wurde umgesetzt und ist nicht auf bestimmte Fallgruppen begrenzt, insbesondere nicht auf schwerbehinderte Leistungsempfänger.
Rz. 564a
Unklar ist allerdings geblieben, ob zu dem eigentlichen Abfindungsbetrag weitere Vergünstigungen, z. B. aus einem Aufhebungsvertrag, hinzuzurechnen sind. Beim BSG war die Frage n...