Rz. 699
Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b regelt eine Sperrzeitdauer von 6 Wochen, wenn eine Sperrzeit mit Regeldauer von 12 Wochen für den Arbeitslosen nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde. Die gerichtliche Überprüfung, ob eine Sperrzeit mit der Regeldauer für den Arbeitslosen eine besondere Härte bedeuten würde, unterliegt keinerlei Einschränkungen und ist von den Gerichten regelmäßig vorzunehmen, wenn eine Sperrzeit eingetreten und die Agentur für Arbeit von der Regeldauer von 12 Wochen ausgegangen ist (BSG, Urteile v. 22.6.1977, 7 RAr 131/75, und v. 25.10.1988, 7 RAr 37/87). Insbesondere ist der Agentur für Arbeit anders als noch nach dem Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung insoweit weder ein Ermessens-, noch ein Beurteilungsspielraum eingeräumt. Ein entschuldbarer Rechtsirrtum kann eine besondere Härte darstellen, allerdings nur bei Sachverhalten, bei denen der Gesetzgeber dies ausdrücklich vorgesehen hat (LSG Sachsen, Beschluss v. 25.6.2015, L 3 AL 165/14 NZB).
Rz. 700
Grundvoraussetzung für die Feststellung einer besonderen Härte ist ein Zusammenhang mit dem Sperrzeittatbestand. Liegt dieser vor, kann sich die besondere Härte aus unterschiedlichsten Gründen ergeben. Soweit von den Sperrzeittatsachen unabhängige, insbesondere persönliche Umstände beim Arbeitslosen vorliegen könnten, die den Eintritt der Sperrzeit von 12 Wochen für ihn als besonders hart erscheinen lassen könnten, bedarf es keiner weiteren Ermittlungen durch die Agentur für Arbeit, denn nach Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b kommt eine auf 6 Wochen verminderte Sperrzeit nur dann in Betracht, wenn eine Sperrzeit von 12 Wochen für den Arbeitslosen nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde. Die Beschränkung der Härteregelung des auf die im Gesetz genannten Umstände ist nach dem Wortlaut des Gesetzes eindeutig. Sie entspricht der Rechtsentwicklung (vgl. schon § 81 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung) und wurde vom BSG seit jeher auch so verstanden. Persönliche Umstände können im Rahmen des Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b allenfalls insoweit Berücksichtigung verdienen, als sie zu den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen gehören oder sich zwangsläufig auf diese auswirken. Das Gesetz stellt zunächst allein auf Tatsachen ab. Das versicherungswidrige Verhalten des Arbeitslosen stellt zwar eine solche Tatsache dar, ein damit einhergehender Verstoß gegen die Interessen der Versichertengemeinschaft war jedoch bereits Voraussetzung für die Feststellung der Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit überhaupt und reicht deshalb für die Beurteilung der Härte oder deren Fehlen allein nicht aus.
Rz. 701
Der Sinn der Sperrzeitregelung liegt darin, dem Arbeitslosen einen Teil der Kosten aufzubürden, die er dadurch verursacht hat, dass er eine Arbeitsstelle aufgegeben, schuldhaft verloren oder nicht angenommen hat. Bei der Prüfung, ob in der Feststellung einer Sperrzeit von Regeldauer eine besondere Härte liegt, können daher nur Tatsachen eine Rolle spielen, die in dieser Weise ursächlich für den Schaden der Versichertengemeinschaft geworden sind, also das Maß des Verstoßes gegen die Interessen der Versichertengemeinschaft, nicht aber ein Verhalten des Arbeitslosen in anderem Zusammenhang (BSG, Urteil v. 10.5.1979, 7 RAr 111/78).
Rz. 701a
In der Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob ein wichtiger Grund zur Arbeitsaufgabe durch Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung mit der Absicht, im unmittelbaren Anschluss Altersrente in Anspruch zu nehmen, entfällt, wenn der Arbeitnehmer von seiner ursprünglichen Absicht Abstand nimmt, weil er nunmehr die vom Gesetzgeber geschaffene Regelung zur abschlagsfreien Rente für langjährig Versicherte in Anspruch nehmen, zuvor aber noch Arbeitslosengeld beziehen will. Dieser Auffassung ist jedenfalls das LSG Baden-Württemberg (Urteil v. 30.9.2016, L 8 1777/16). Es sieht in dieser gesetzlichen Regelung, die zudem entgegen früherer Rentennovellen keine Übergangsregelung für Personen mit Altersteilzeitvereinbarung enthält, eine maßgebende Tatsache für die Prüfung einer besonderen Härte bei Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen Dauer. Das Gericht betont, dass auch Umstände persönlicher und wirtschaftlicher Art berücksichtigt werden können, die zwar von ihrem Gewicht her nicht den Eintritt einer Sperrzeit hindern können, jedoch aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles eine Sperrzeit mit Regeldauer als besonders hart erscheinen lassen (unter Hinweis auf BSG, Urteil v. 26.3.1998, B 11 AL 49/97 R, Urteil v. 23.6.1982, 7 RAr 89/81). Der betroffene Arbeitnehmer konnte die abschlagsfreie Rente bereits 3 Monate später in Anspruch nehmen. Das BSG hat das Vorliegen eines wichtigen Grundes angenommen und hat insoweit die Rechtsprechung des LSG bestätigt (vgl. unter Rz. 561 ff. Stichwort Altersteilzeitvereinbarung, BSG, Urteile v. 12.10.2017, B 11 AL...