Rz. 23
Der Begriff des Arbeitsentgelts ist umfassend zu verstehen und umfasst alle Ansprüche des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis, die als Gegenwert für die geleistete Arbeit oder für das zur Verfügungstellen der Arbeitskraft des Arbeitnehmers angesehen werden können. Bei dem ausstehenden Entgelt kann es sich um das volle Entgelt oder – bei teilweiser Erfüllung bzw. Aufrechnung mit Gegenforderungen – auch um Teile davon handeln. Hierzu gehört auch die anteilige Jahressonderzahlung des Arbeitgebers (13., ggf. 14. Monatsgehalt), sofern der Anspruch im Zeitpunkt des Insolvenzereignisses bereits arbeitsrechtlich entstanden ist. Das Gleiche gilt für Ansprüche auf Urlaubsgeld oder Urlaubsentgelt für den tatsächlich genommenen Urlaub (vgl. BSGE 43 S. 49, 51). Es wird von Abs. 2 nicht nur das letzte Arbeitsverhältnis beim Arbeitgeber berücksichtigt. Auch das vorherige Arbeitsverhältnis beim selben Arbeitgeber wird – soweit es in den Insolvenzgeldzeitraum hineinreicht – erfasst (Kühl, in: Brand, SGB III, § 165 Rz. 33).
Rz. 23a
Nach der aktuellen Weisung der BA (Stand: 12.2017, ebenso: Hunold, NZI 2015 S. 785) unterfallen folgende Entgeltbestandteile dem Insolvenzgeld:
- Arbeitgeberzuschüsse zur freiwilligen oder privaten Kranken- und Pflegeversicherung sowie zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen (z. B. für Architekten, Ärzte, Apotheker, Rechtsanwälte),
- Aufstockungsbeträge bei Altersteilzeit,
- Auslösungen,
- Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall,
- Ersatz von Auslagen,
- Fahrgeldentschädigungen für Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstelle,
- Gefahren-, Wege- und Schmutzzulagen,
- Gewinnanteile (Tantiemen),
- Jahressonderleistungen – Eine Jahressondergratifikation ist nach Auffassung des LSG Baden-Württemberg aber dann nicht insolvenzgeldfähig, wenn hierauf kein Rechtsanspruch aus betrieblicher Übung oder aus Arbeitsvertrag vorliegt (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 20.3.2017, L 3 AL 3482/16),
- Jubiläumszuwendungen,
- Kleidergelder,
- Kostgelder,
- laufende oder unregelmäßige Lohn- oder Gehaltsbestandteile (z. B. Zeit- oder Akkordlohn, Gehalt, Lohn für Überstunden, Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit),
- Lohnausgleich im Baugewerbe,
- Mankogelder,
- Provisionen
- Reisekosten (einschließlich Kilometergelder für die Benutzung des eigenen Pkw für Geschäftsfahrten),
- Sachbezüge,
- Urlaubsentgelte und zusätzliche Urlaubsgelder,
- vermögenswirksame Leistungen,
- Werkzeuggelder,
- Zuschüsse zum Krankengeld oder zum Mutterschaftsgeld.
Eine vom Arbeitgeber mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters für die letzte Woche des vorfinanzierten 3-monatigen Insolvenzgeldzeitraums ausgelobte "Durchhalteprämie" von 1.000,00 EUR ist dagegen kein insolvenzfähiges Arbeitsentgelt (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 29.5.2018, L 7 AL 6/17).
Rz. 24
Nach Abs. 2 Satz 1 gehören zu den Ansprüchen aus Arbeitsentgelt alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis. Darunter ist alles zu verstehen, was als Gegenwert für die Arbeitsleistung anzusehen ist. Hierunter fallen alle Ansprüche, die in unlösbarem Zusammenhang mit der Beschäftigung stehen, ohne dass es darauf ankommt, ob sie wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt werden (BSG, Urteil v. 6.5.2009, B 11 AL 12/08 R; BSG, Urteil v. 8.9.2010, B 11 AL 34/09 R). Danach bedarf es für das Vorliegen von Arbeitsentgelt im insolvenzgeldrechtlichen Sinn keiner strengen wechselseitigen Beziehung derart, dass sich Arbeitsleistung und Entgelt wirtschaftlich gesehen unmittelbar gegenüberstehen und entsprechen. Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis können mithin nicht nur Lohnforderungen im engeren Sinne sein, sondern auch Ansprüche auf Ersatz von Aufwendungen, die mit der Erbringung der Arbeitsleistung eng verknüpft sind, dass eine Erstreckung der Sicherung auf Ersatzansprüche gerechtfertigt ist (BSG, Urteil v. 8.9.2010, B 11 AL 34/09 R).
Rz. 25
Arbeitsentgelt liegt unabhängig davon vor, ob es sich um lohnsteuer- oder sozialversicherungspflichtige Bezüge handelt (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 14.3.2005, L 19 (9) AL 188/04). Arbeitsentgelt i. S. v. Abs. 2 Satz 1 sind u. a. Auslösungen, Zuschläge, Kleidergelder, Kostgelder, Kontoführungsgebühren, Gewinnbeteiligungen, Tantieme (Hess. LSG, Urteil v. 20.8.2010, L 7 AL 165/06), Mankogelder, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Auch Naturalleistungen fallen hierunter. Wird Urlaubsgeld als akzessorische Arbeitgeberleistung für die Dauer des Urlaubs gewährt, ist es nur zu berücksichtigen, soweit es für die Zeit der Urlaubstage in den letzten 3 Monaten vor dem Insolvenzereignis vom Arbeitgeber zu zahlen gewesen wäre (BSG, Urteil v. 4.3.2009, B 11 AL 8/08 R). Wird das Urlaubsgeld dagegen urlaubsunabhängig gezahlt, ist es wie jede andere jährliche Sonderzuwendung außerhalb des laufenden Arbeitsentgelts nur dann berücksichtigungsfähig, wenn es sich ganz oder anteilig den dem Insolvenzereignis vorausgehenden 3 Monaten zuordnen lässt (BSG, Urteil v. 23.3.2006, B 11a AL 65/05 R). Der in Geld abzugeltende Schadensersatzanspruch wegen nicht gewährten Ersatzur...