0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Abs. 2 wurde zum 1.1.1998 geändert durch das Erste SGB III-ÄndG v. 16.12.1997 (BGBl. I S. 2970).
Abs. 3 und 5 wurden zum 1.8.2001 geändert durch das Gesetz zu Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften v. 16.2.2001 (BGBl. I S. 266).
Abs. 1 bis 3 und 5 wurden zum 1.1.2004 geändert durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848).
Abs. 4 wurde zum 1.11.2006 geändert durch das Gesetz zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung v. 24.4.2006 (BGBl. I S. 926).
Abs. 1 bis 3 und Abs. 5 der Vorschrift wurden durch das Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt v. 20.12.2011 (BGBl. I S. 2854) mit Wirkung zum 1.4.2012 geändert. Dadurch wurde die Vorschrift zugleich geschlechtsneutral ausformuliert.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift bestimmt allgemeine Pflichten Dritter zur Auskunftserteilung in Angelegenheiten von Beziehern laufender Leistungen nach dem SGB III oder in Zusammenhang mit der Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen. Damit werden Dritte zu bestimmten Auskünften generell verpflichtet, insoweit kommt es auf eine Einzelfallprüfung nicht an. Ziel der Regelung ist die Rechtmäßigkeit der Leistungserbringung und Mittelverwendung in einem beschleunigten Verwaltungsverfahren, oft auch die Aufdeckung von Leistungsmissbrauch.
Rz. 2a
§ 315 ergänzt zusammen mit anderen Pflichten dieses Unterabschnitts das System zur Feststellung der relevanten Sachverhalte und Voraussetzungen für die Erbringung von Leistungen nach dem SGB III. Grundlage ist der Untersuchungsgrundsatz (§ 20 SGB X), der die Behörde und damit die Agenturen für Arbeit verpflichtet, den jeweils relevanten Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Dazu darf sie Art und Umfang der Ermittlungen bestimmen. § 21 SGB X ermächtigt die Agentur für Arbeit, sich der Beweismittel zu bedienen, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Dazu darf sie insbesondere Auskünfte jeder Art einholen (§ 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X) sowie Urkunden und Akten beiziehen (§ 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X). Beteiligte sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken und insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Im Übrigen aber besteht für Beteiligte nur eine weitergehende Mitwirkungspflicht und für Zeugen und Sachverständige ohnehin nur eine Pflicht zur Aussage oder zur Erstattung von Gutachten, sofern dies durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist (§ 21 Abs. 2 und § 21 Abs. 3 SGB X). Zur Bedienung an Beweismitteln gehört auch, dass die Behörde eine Entschädigung oder Vergütung auf Antrag zu gewähren hat, wenn sie Zeugen, Sachverständige oder Dritte herangezogen hat. Mit Sachverständigen kann eine Vergütung vereinbart werden (vgl. § 21 Abs. 3 Satz 4 SGB X), worauf auch § 315 Bezug nimmt.
Rz. 2b
Für Antragsteller und Bezieher von Sozialleistungen gelten die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis § 64 SGB I in den Grenzen des § 65 SGB I gegenüber der Agentur für Arbeit. Danach sind die relevanten Tatsachen und deren Änderung sowie Beweismittel und Beweisurkunden, ggf. durch persönliches Erscheinen, durch die Begünstigten vorzutragen, zu beschaffen bzw. vorzulegen. In diesem eigenständigen Vorschriftensystem ist auch geregelt, wie in Störfällen zu verfahren ist bzw. unter Ausübung von Ermessen verfahren werden kann. Die Leistung darf nach Maßgabe des § 66 SGB I bis zur Nachholung der Mitwirkung (§ 67 SGB I) versagt oder entzogen werden.
Rz. 2c
Auskunftspflichten Dritter, insbesondere von Arbeitgebern, Angehörigen und Unterhaltspflichtigen, enthalten schon die §§ 98, §§ 99 SGB X. Der Zweite Unterabschnitt regelt bereits Bescheinigungspflichten bei Arbeitsunfähigkeit oder Insolvenz bzw. über Beschäftigungen und Nebenbeschäftigungen (§§ 311 bis 314). Nach Aufgabe des Verfahrens des elektronischen Entgeltnachweises (ELENA, vgl. die Aufhebung des § 320a) bleiben die Auskunftspflichten nach Abs. 3 bestehen. Im Übrigen war ELENA ohnehin auf § 315 nicht anwendbar. Rechtlich relevante Folgerungen aus dem Nachfolgeprojekt OMS bleiben abzuwarten. Die IT-Software BEA der Bundesagentur für Arbeit ist für elektronische Auskünfte, die auf § 315 beruhen, (noch) nicht gerüstet.
Rz. 2d
In diesem Geflecht von Vorschriften ist § 315 eine hinsichtlich der Pflichten Dritter als nachrangig gegenüber den Mitwirkungspflichten des Antragstellers/Leistungsberechtigten anzusehende Vorschrift einzustufen; in der Verwaltungspraxis wird die allgemeine Auskunftspflicht auch nur in Anspruch genommen werden dürfen, soweit diese nach Vorlage der relevanten Bescheinigungen noch erforderlich ist. Das entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Im Übrigen ist sie als eine den allgemeinen Vorschriften vorgehende Spezialvorschrift anzusehen.
Rz. 2e
Die Vorschrift verfolgt den Zweck, den Agenturen für Arbeit die notwendigen Feststellungen durch ein Ermittlungsrecht neben dem Untersuchungsgrundsatz durch eine eigenständige Rechtsgrundlage über Auskunftspflichten Dritter...