Rz. 2
Die Vorschrift fügt dem Antragserfordernis nach § 323 eine zeitliche Komponente hinzu. Abs. 1 trifft hierzu die grundsätzlichen Regelungen. Danach dürfen Leistungen der Arbeitsförderung im Grundsatz nur erbracht werden, wenn sie vor Eintritt des die Leistung begründenden Ereignisses beantragt worden sind. Damit will der Gesetzgeber insbesondere erreichen, dass die Maßnahme, für die eine Leistung der aktiven Arbeitsförderung erbracht werden soll, mit der Agentur für Arbeit abgestimmt wird, letztlich von dieser als förderungswürdig angesehen wird, um eine berufliche Wiedereingliederung zu erreichen. Die Agentur für Arbeit soll zunächst Gelegenheit haben, den Bedarf der Teilnahme an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme festzustellen, den Betroffenen hierüber zu beraten und zu prüfen, ob geeignete Maßnahmen verfügbar sind. Das trifft auch auf die Fälle mit Bildungsgutscheinverfahren zu. Liegt eine unbillige Härte vor, können Leistungen auch erbracht werden, wenn sie nicht vor dem die Leistung begründenden Ereignis beantragt wurden (Abs. 1 Satz 2). Das trifft insbesondere auf Fälle zu, in denen die Arbeitsverwaltung ein Mitverschulden trifft. Das Stammrecht auf eine bestimmte Leistung bleibt in jedem Fall unangetastet, weil die Antragstellung eine verfahrensrechtliche Voraussetzung ist, aber das Entstehen des Anspruchs dem Grunde nach nicht verhindern kann, wenn die materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Das verhindert aber nicht, dass eine begehrte Leistung unter Umständen überhaupt nicht bewilligt wird.
Rz. 2a
Besonderheiten gelten für einzelne Leistungen, die nachträglich beantragt werden können oder müssen (Abs. 2). Die Berufsausbildungsbeihilfe, das Ausbildungsgeld und das Arbeitslosengeld können nachträglich beantragt werden. Dabei handelt es sich um Leistungen zum Lebensunterhalt, die den Berechtigten nicht vollends vorenthalten werden sollen, weil eine Verfahrensvorschrift nicht eingehalten wurde. Kurzarbeitergeld, die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und der Lehrgangskosten für die Bezieher von Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen sind nachträglich zu beantragen. Für diese Leistungen obliegt dem Arbeitgeber die Pflicht zur Errechnung und Auszahlung. Dies bedingt ein Zuwarten, bis der erwartete Arbeitsausfall bzw. die geleisteten Winterarbeitsstunden feststehen und die Lehrgangsgebühren bei beruflicher Weiterbildung abgerechnet worden sind. Der Arbeitgeber darf die Leistungen nicht vorzeitig beantragen, um dadurch seiner Vorleistungspflicht ganz oder teilweise zu entgehen. In diesen Fällen bestünde das Risiko, dass der Arbeitgeber mit der Auszahlung an die Arbeitnehmer zuwartet, bis die Agentur für Arbeit über seinen Antrag entschieden hat. Damit aber würde das Fehlerrisiko auf den Arbeitnehmer übergewälzt und das Leistungsverfahren zulasten der Arbeitnehmer in nicht notwendiger Weise verschleppt.
Rz. 2b
Für das Insolvenzgeld gilt nach Abs. 3 eine Ausschlussfrist von 2 Monaten seit dem Insolvenzereignis. Bestanden Hinderungsgründe, werden dem Arbeitnehmer 2 weitere Monate zur Antragstellung eingeräumt, nachdem der Hinderungsgrund weggefallen ist. Die verlängerte Antragsfrist wird dem Arbeitnehmer allerdings nicht eingeräumt, wenn er sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht hat. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss der Arbeitnehmer dafür nur das jeweils mildeste Mittel wählen.
Rz. 2c
Die Vorschrift regelt nicht, ab wann aufgrund einer Antragstellung Leistungen zustehen (vgl. § 325). Welche Agentur für Arbeit für die Antragstellung zuständig ist, regelt § 327.