Rz. 48
Das Anordnungsrecht der Bundesagentur für Arbeit nach dem SGB III stimmt im Kern mit dem früheren Recht nach dem vorausgegangenen Arbeitsförderungsgesetz überein. Eines der mit dem SGB III verbundenen Ziele ist eine größere Transparenz des Gesetzes für den Bürger. Mit der Umsetzung dieses Ziels war die Aufnahme einer Vielzahl gesetzlicher Detailregelungen verbunden, die früher in Rechtsverordnungen und Anordnungen enthalten waren. Deshalb sollte das Anordnungsrecht der Bundesagentur für Arbeit im SGB III im Wesentlichen entfallen; dieses Vorhaben wurde jedoch im Gesetzgebungsverfahren aufgegeben.
Rz. 49
Die Bezeichnung mit dem Begriff Anordnung soll Verwechslungen mit der Satzung der Bundesagentur für Arbeit ausschließen. Anordnungen sind jedoch autonomes Satzungsrecht und daher in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG Gesetz im materiellen Sinne (BSG, Urteil v. 30.1.1973, 7 RAr 29/72).
Rz. 50
Die Legitimation der Bundesagentur für Arbeit zum Erlass von verbindlichen Anordnungen kann nur in Zweifel gezogen werden, wenn auch die Bundesagentur für Arbeit als Körperschaft des öffentlichen Rechts bestritten wird. Das ist deshalb der Fall, weil die Bundesagentur für Arbeit entgegen der ausdrücklichen Bezeichnung als Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht alle Merkmale der körperschaftlich-mitgliedschaftlichen Struktur aufweise. Das BSG indes erkennt das Anordnungsrecht in ständiger Rechtsprechung an (vgl. z. B. BSG, a. a. O.). Das BSG sieht auch keinen Verstoß gegen die Verfassung, weil die Berechtigung des Gesetzgebers, öffentlichen Körperschaften und Anstalten Satzungsbefugnis zu übertragen, bereits vom BVerfG anerkannt worden sei (BSG, Urteil v. 19.2.1976, 12/7 RAr 126/74; BSG, Urteil v. 3.11.1976, 7 RAr 101/75; BVerfG, Entscheidung v. 2.5.1961, 1 BvR 203/53; BVerfG, Urteil v. 14.12.1965, 1 BvR 571/60; BVerfG, Beschluss v. 9.5.1972, 1 BvR 518/62, 308/64), solange der Gesetzgeber seine Rechtsetzungsbefugnis nicht vollständig aufgibt.
Rz. 51
Anordnungen der Bundesagentur für Arbeit beruhen auf speziellen gesetzlichen Ermächtigungen, die dazu dienen, dass im Sinne der Sachnähe des Satzungsgebers gesetzliche Regelungen für eine praxisnahe Umsetzung konkretisiert werden. Die Anordnungen erlässt der Verwaltungsrat als oberstes Selbstverwaltungsorgan der Bundesagentur für Arbeit und Satzungsgeber (§ 373 Abs. 5). Gleichwohl hat der Verwaltungsrat aufgrund jeder Ermächtigung genau zu prüfen, ob und ggf. mit welcher Tiefe das Gesetz ergänzende Regelungen durch eine Anordnung tatsächlich erforderlich sind. Das ist stets der Fall, wenn aufgrund eines sehr allgemein gehaltenen gesetzlichen Rahmens zu befürchten ist, dass ansonsten eine einheitliche Anwendung des Gesetzes nicht gewährleistet werden kann. Regelungen durch Anordnung steht entgegen, dass sie die dezentralen Befugnisse der Agenturen für Arbeit bei der operativen Umsetzung des SGB III einengen und die Dienststellen mit zusätzlichen Weisungen überziehen. Zurückhaltung ist seit einigen Jahren insbesondere vor dem Hintergrund von Bestrebungen zum Demokratieabbau geboten, wie durch die Vorlage von Gesetzesvorhaben beim nationalen Normenkontrollrat belegt wird. Das Anordnungsrecht gibt dem Verwaltungsrat nicht die Befugnis, das Recht zu vereinfachen und bürokratische Hürden abzumildern, wenn dies durch die Anordnungsermächtigung nicht gedeckt ist.
Rz. 51a
Ermächtigungen zum Erlass einer Anordnung durch den Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit enthalten §§ 43, 50, 55 Nr. 2, 55 Nr. 3, 72, 80, 80b, 129, 164 Nr. 1, 164 Nr. 2, 164 Nr. 3, 287, 322, 352a.
Rz. 51b
Erlassen wurden folgende Anordnungen:
Nach §§ 55 Nr. 2, 80b, 164 Nr. 1, 164 Nr. 2, 164 Nr. 3, 287, 352a.
Rz. 52
Die Anordnungen der Bundesagentur für Arbeit entfalten nicht nur Verbindlichkeit nach außen – auch für die Gerichte – sondern binden auch die Verwaltung bei der Umsetzung des SGB III.
Rz. 53
Verzichtet der Verwaltungsrat auf den Erlass einer Anordnung, kann das BMAS unter den Voraussetzungen des Abs. 4 stattdessen eine Rechtsverordnung erlassen.