Rz. 5
§ 380 geht davon aus, dass die Entscheidung über eine nach Art und Umfang gleiche Hauptforderung und der Partizipation mittelbar betroffener Arbeitnehmer am Arbeitskampfergebnis für den Arbeitskampf selbst von besonderer Bedeutung ist und i. d. R. mehrere Tarifbezirke im fachlichen Geltungsbereich eines Tarifvertrages betrifft. Die Vorschrift soll gewährleisten, dass der entscheidungserhebliche Sachverhalt vollständig ermittelt und die für die Arbeitnehmer und die Arbeitgeber maßgeblichen Gesichtspunkte unter Nutzung des Sachverstandes und der Erfahrung der Vertreter der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber in der Selbstverwaltung der Bundesagentur für Arbeit umfassend gewürdigt werden.
Rz. 6
Aufgabe des Neutralitätsausschusses nach Abs. 1 ist es, Feststellungen über bestimmte Voraussetzungen über das Ruhen des Alg bei Arbeitskämpfen zu treffen. Diese allgemeine Umschreibung konkretisiert § 160 Abs. 5. Angesichts moderner Arbeitskampfstrategien erlangt die Vorschrift besondere Bedeutung, weil durch unmittelbaren Streik an Schlüsselstellen die Anzahl unmittelbar am Arbeitskampf beteiligter Arbeitnehmer sehr begrenzt wird, während die mittelbare Betroffenheit insbesondere im Zulieferbereich oder sonst indirekt betroffenen Bereich ausgeweitet wird (Stellvertreter-Streik).
Rz. 6a
Die Bundesagentur für Arbeit arbeitet sowohl mit Arbeitnehmervertretern wie Arbeitsgebervertretern ständig eng und vertrauensvoll zusammen. Der Gesetzgeber bringt sie ungeachtet des Umstandes, dass die Entscheidung nicht von ihr allein, sondern von einem Kollegialorgan getroffen wird, in eine geschäftspolitisch unangenehme Situation, weil ihr Vorstandsvorsitzender letztlich das entscheidende Stimmrecht wahrnimmt. Dennoch wird durch die Zusammensetzung des Ausschusses insgesamt ein hohes Maß an sichtbarer Neutralität im Arbeitskampf gewährleistet. Eine Klage richtet sich nicht gegen den Neutralitätsausschuss, sondern gegen die Bundesagentur für Arbeit.
Rz. 7
Der Neutralitätsausschuss hat seine Feststellungen grundsätzlich zu treffen. Zwar stellt § 160 Abs. 3 auf den einzelnen Arbeitnehmer ab. Insofern gibt der erste Antrag auf Alg eines mittelbar betroffenen Arbeitnehmers den gesetzlichen Anlass für das Zusammentreten des Neutralitätsausschusses. Im Regelfall ist aber eine Vielzahl von Arbeitnehmern betroffen. Daher trifft der Neutralitätsausschuss seine Feststellungen abstrakt. Er hat im Übrigen zeitnah zu beschließen, weil er durch ein Hinauszögern seiner Feststellungen in gesetzlich unerwünschter Weise Einfluss auf den Arbeitskampf nehmen würde.
Rz. 8
Grundlage für die Arbeit des Neutralitätsausschusses sind die Betriebe im fachlichen Geltungsbereich des umkämpften Tarifvertrages, die nicht seinem räumlichen Geltungsbereich zuzuordnen sind. Hierüber muss der Neutralitätsausschuss im Regelfall keine eigenen Feststellungen treffen. Er hat aber festzustellen, welche Hauptforderungen im Arbeitskampf erhoben worden sind, also welche Forderungen als Hauptforderungen zu qualifizieren sind, und welche Forderungen im fachlichen Geltungsbereich des umkämpften Tarifvertrages außerhalb seines räumlichen Bereiches erhoben worden sind. Sodann obliegt es seiner Bewertung, ob eine der so festgestellten Forderungen einer der von ihm festgestellten Hauptforderungen nach Art und Umfang gleich ist, ohne mit ihr identisch sein zu müssen. Sowohl dem Vorsitzenden des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit wie auch mittelbar den Mitgliedern aus dem Verwaltungsrat im Neutralitätsausschuss stehen die Fachbereiche und Rechtsreferate in der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit für Zulieferarbeiten zur Verfügung. Selbstredend bedarf es hierfür nicht eines Verlangens des Neutralitätsausschusses an den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit, der Vorstandsvorsitzende wird von sich aus dafür Sorge tragen, dass alle maßgeblichen Sachverhalte aufgeklärt und zusammengetragen werden sowie sämtliche verlangte Auskünfte umfassend erteilt werden. Das Gesetz verlangt nicht, dass sich der Neutralitätsausschuss eine Geschäftsordnung zu geben hat. Daher kann für den Neutralitätsausschuss verlangt werden, dass die Verwaltung Beratungsunterlagen für die Zusammenkünfte des Neutralitätsausschusses entwickelt und zur Verfügung stellt. Die Mitglieder des Neutralitätsausschusses sind an die Feststellungen der Verwaltung nicht gebunden. Sie bilden sich unter Zuhilfenahme eigener Erkenntnisse ein eigenes Bild von dem relevanten Sachverhalt. Meist werden die Mitglieder aus der Arbeitgeber- bzw. Arbeitnehmergruppe des Verwaltungsrates aus den eigenen Reihen mit Material versorgt. In der Regel wird dennoch nicht anzunehmen sein, dass sich Gruppenmitglieder bei der entscheidenden Abstimmung der Ansicht der anderen Gruppe anschließen, sobald die Gewährung von Kurzarbeitergeld oder Arbeitslosengeld auch nur eine relative Bedeutung auf die Führung des Arbeitskampfes haben könnte. Gleichwohl ist jeweils eine Einzelfallentscheidung zu treffen.
Rz. 9
Stellt der Neutralitätsausschuss fest, dass eine...