Rz. 3
Satz 1 bestimmt, dass Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, von einem Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe (grundsätzlich) ausgeschlossen sind.
Wer Deutscher ist, ist in Art. 116 Abs. 1 GG bestimmt. Weitere Ausschlussvoraussetzung ist, dass der deutsche Staatsangehörige im Ausland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Was gewöhnlicher Aufenthalt ist, ergibt sich aus § 30 Abs. 2 Satz 2 SGB I, der für das gesamte Sozialrecht und damit auch für das Recht der Eingliederungshilfe maßgebend ist. Danach hat den gewöhnlichen Aufenthalt jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.
Studierende, die im Inland studieren und während des Studiums Auslandssemester absolvieren, sind von diesem Ausschluss also nicht betroffen. Sie begründen während dieser Semester ihren Aufenthalt im Ausland nur vorübergehend. Sie können also die Leistungen zur Teilhabe an Bildung auch zum Absolvieren des Auslandssemesters erhalten.
Rz. 4
Satz 2 benennt in einer abschließenden Aufzählung, unter welchen Voraussetzungen und in welchen Fällen von dem in Satz 1 genannten Grundsatz abgewichen werden kann. Eine Voraussetzung ist, dass eine Leistungserbringung wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar, also unausweichlich ist, und eine Rückkehr ins Inland aus einem der 3 nachfolgend genannten Gründe nicht möglich ist. Nach der Rechtsprechung zu dem bis 2005 geltenden Sozialhilferecht (§ 119 Bundessozialhilfegesetz) liegt eine außergewöhnliche Notlage i. d. R. dann vor, wenn ohne die Hilfeleistung unmittelbare Gefahr für Leben oder Gesundheit besteht, der anders als durch Hilfegewährung im Ausland nicht zumutbar begegnet werden kann.
Rz. 5
In den Nr. 1 bis 3 sind die in Betracht kommenden Rückkehrhindernisse aufgeführt. Der erste Grund ist die Pflege und Erziehung eines Kindes, das aus rechtlichen Gründen im Ausland bleiben muss. Hier reicht die Pflege und Erziehung eines Kindes allein nicht aus, zusätzlich müssen rechtliche Hinderungsgründe bestehen, nämlich, dass das Kind aus rechtlichen Gründen des Heimatlandes nicht mit ausreisen darf.
Als zweiter Grund gilt eine längerfristige Betreuung in einer Einrichtung oder die Schwere der Pflegebedürftigkeit. In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/9522) führt der Gesetzgeber hierzu aus, der Begriff der stationären Betreuung in einer Einrichtung stehe nicht im Zusammenhang mit dem Recht der Eingliederungshilfe, sondern sei abstrakt zu verstehen als ein Aufenthaltsort im Ausland. Hier ist eine Zukunftsprognose zu stellen. Als längerfristig ist ein Betreuungsaufenthalt oder eine Pflegebedürftigkeit i. d. R. dann anzusehen, wenn zum Zeitpunkt der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen zur Leitungserbringung die Dauer des Aufenthaltes oder die Schwere der Pflegebedürftigkeit nicht abzusehen ist.
Als dritter Grund ist hoheitliche Gewalt genannt. In Betracht kommen staatliche Ausreiseverbote wegen eines polizeilichen Ermittlungsverfahrens oder, so in der Begründung des Gesetzentwurfs zum SGB XII ausgeführt, eine Inhaftierung. Nicht erfasst sind dagegen Fälle höherer Gewalt, wie etwa Naturkatastrophen, die eine Rückkehr ins Inland vorübergehend nicht zulassen.
Rz. 6
Dem Träger der Eingliederungshilfe ist bei der Gewährung von Leistungen Ermessen eingeräumt ("kann"). Das Ermessen dürfte sich in der Sache auf eine Auswahl und den Umfang von Leistungen beschränken.