Diese Sozialleistungen erhalten Geflüchtete aus der Ukraine
Die kurzfristige Umsetzung der Richtlinie 2001/55/EG – auch Massenzustrom-Richtline genannt – ermöglicht die koordinierte EU-weite Aufnahme einer großen Zahl von Geflohenen jenseits des individuellen Asylverfahrens und des Dublin-Systems.
Aufenthaltstitel für Menschen aus der Ukraine
Angesichts der Situation in der Ukraine beschlossen die Mitgliedstaaten am 3.3.2022 erstmals, die Richtlinie 2001/55/EG zu aktivieren. Sie ist seit dem 4.3.2022 in Kraft und wird in Deutschland durch § 24 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) umgesetzt. Danach wird jedem Ausländer, der nach der Richtline 2001/55/EG vorübergehenden Schutz erhält, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt. Zusätzlich hat die Bundesregierung eine Richtlinie erlassen, die am 9.3.2022 in Kraft getreten ist und die aus der Ukraine Vertriebene im Bundesgebiet vorübergehend vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit. Sie gilt rückwirkend ab 24.2.2022 Die Regelungen sollen Menschen aus der Ukraine ausreichend Zeit für die Einholung eines Aufenthaltstitels im Bundesgebiet verschaffen und einen unerlaubten Aufenthalt vermeiden. Die Regelung ist zunächst bis zum 23.5.2022 befristet. Innerhalb dieses Zeitraums muss eine Meldung bei der zuständigen Ausländerbehörde zur Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 AufenthG erfolgen.
Leistungen in Verbindung mit der Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG
Menschen, die über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG verfügen, erhalten Leistungen zur Bestreitung des Lebensunterhaltes nach dem Asylbewerber-Leistungsgesetz. Zuständig für die Gewährung dieser Leistungen ist das Sozialamt.
Achtung: Geflüchtete, die bereits eine Unterkunft gefunden haben, stellen ihre Anträge bei dem Sozialamt am Ort der Unterkunft. Wer noch keine Unterkunft gefunden hat, richtet den Antrag an das nächstgelegene Sozialamt. Kein Sozialamt darf die Anträge abweisen. Bei Unzuständigkeit sind die Ämter verpflichtet, die Anträge weiterzuleiten.
Grundsätzlich ist der Zugang zu medizinischer Versorgung nach §§ 4 und 6 AsylbLG für die ersten 18 Monate eingeschränkt. Gemäß § 6 Abs. 2 AsylbLG gilt aber eine Besonderheit für Personen, die eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 24 Abs. 1 AufenthG besitzen und die besondere Bedürfnisse haben. Diesen Personen muss die erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe gewährt werden. Besondere Bedürfnisse bestehen beispielsweise für unbegleitete Minderjährige oder Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben. Die Aufenthaltserlaubnis gilt für ein Jahr und kann auf bis zu drei Jahre verlängert werden.
Rechtskreiswechsel ab 1.6.2022 in das SGB II oder SGB XII
Hilfebedürftige geflüchtete Menschen aus der Ukraine wechseln aufgrund einer Neuregelung im Sofortzuschlags- und Einmalzahlungsgesetz vom AsylbLG in das SGB II oder SGB XII. Sie werden damit im Asylverfahren anerkannten Schutzberechtigten leistungsrechtlich gleichgestellt. Die Gesetzesänderung tritt zum 1.6.2022 in Kraft.
Voraussetzung für Leistungen nach dem SGB II oder dem SGB XII ist, dass die Geflüchteten
- Einen Aufenthaltstitel zum vorübergehenden Schutz beantragt haben,
- im Ausländerzentralregister erfasst wurden und
- die sonstigen Voraussetzungen für Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II oder SGB XII erfüllen.
Auch die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) wird künftig möglich sein.
Sozialer Schutz bei möglicher Erwerbstätigkeit
Geflüchtete mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG dürfen in Deutschland arbeiten. Die Erwerbstätigkeit muss allerdings von der Ausländerbehörde genehmigt werden. Das Bundesinnenministerium empfiehlt den Ländern dringend, bereits bei Erteilung der Aufenthaltserlaubnis mit in den Aufenthaltstitel einzutragen, dass eine Beschäftigung erlaubt ist. Dies soll selbst dann gelten, wenn der Geflüchtete noch kein konkretes Beschäftigungsverhältnis in Aussicht hat. Personen, die unter die Regelung des § 24 AufenthG fallen, können zudem Leistungen der Beratung und Vermittlung nach dem Arbeitsförderungsrecht (SGB III) durch die Agenturen für Arbeit erhalten. Üben Flüchtlinge aus der Ukraine eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aus, sind sie wie deutsche Mitarbeiter pflichtversichert in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sowie in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung. Dadurch sind die Betroffenen weitgehend abgesichert.
Leistungen, die Geflüchtete ohne Aufenthaltstitel nach § 24 AufenthG erhalten
Bereits vor Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG bekommen Betroffene die grundlegenden Sozialleistungen für den Lebensunterhalt, sowie eine Unterkunft und Gesundheitsleistungen vom Sozialamt. Auch hier gilt: Die Sozialämter sind nicht berechtigt, die beantragten Leistungen zu verweigern. Konkret handelt es sich insbesondere um folgende Zuwendungen:
- Existenzsichernden Leistungen nach SGB XII: Die Geflüchteten haben in den ersten 3 Monaten einen Anspruch auf sogenannte Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs. 3 S. 3 SGB XII. Diese müssen in Härtefällen gem. § 23 Abs. 3 S. 5 und 6 SGB XII in Höhe des vollen Regelsatzes zuzüglich Kosten der Unterkunft und Heizung erbracht werden für den gesamten Zeitraum der Hilfebedürftigkeit. Nach Ablauf der ersten 3 Monate besteht Zugang zu regulären existenzsichernden Leistungen. Haben die Betroffenen noch keinen Aufenthaltstitel und wurde der visumfreie Status verlängert können sie Leistungen nach Kapitel 3 SGB XII beanspruchen.
- Gesundheitsleistungen nach SGB XII: Flüchtlinge, die nicht krankenversichert sind, bekommen Hilfe zur Gesundheit nach §§ 47 ff. SGB XII i.V.m. § 264 Abs. 2 SGB V über das Sozialamt. Sie haben Anspruch auf eine Gesundheitskarte. Wer pflegebedürftig ist, kann Leistungen der Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff. SGB XII beziehen.
- Leistungen auf Teilhabe nach SGB IX: Geflüchtete mit Behinderung erhalten von den Sozialämtern Leistungen der Eingliederungshilfe.
Wohnungen für Geflüchtete
Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen hat seinen Mustermietvertrag und die Hausordnung in der aktuell geltenden Fassung in leichte Sprache ukrainisch übersetzen lassen. Die Übersetzungen sollen Vermietern, die Wohnraum an wegen des Ukraine-Krieges nach Deutschland Geflüchtete vermieten, und ukrainischen Mietern als Hilfestellung und Orientierung bei Abschluss und während des laufenden Mietverhältnisses dienen. Auf dem Portal haufe.de/immobilien stehen die Dokumente in deutscher und ukrainischer Sprache zum Download bereit.
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