Rz. 3
In Satz 1 wird für Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Teil 2 des SGB IX in Abweichung zu den Regelungen im Recht der Sozialhilfe, unter das bis zum 31.12.2019 auch das Recht der Eingliederungshilfe im SGB XII fiel, ein grundsätzliches Antragserfordernis geregelt. Im Recht der Sozialhilfe im SGB XII gilt mit Ausnahme der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung im 4. Kapitel, dass der Träger von Amts wegen tätig werden muss, es eines ausdrücklichen Antrages nicht bedarf (§ 18 SGB XII). Im Recht der Sozialhilfe ist die Regelung mit der Notwendigkeit begründet, die Leistungen zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage erbringen zu können, ohne dass ein förmlicher Antrag vorliegen muss.
Rz. 4
In der Begründung zum Gesetzentwurf (BT-Drs. 18/9522) hat der Gesetzgeber die mit der Übernahme des Rechts der Eingliederungshilfe aus dem SGB XII in den Teil 2 des SGB IX erfolgte Regelung zur Notwendigkeit einer Antragstellung damit begründet, dass bei der Eingliederungshilfe keine "gegenwärtige Notlage" eintrete, die mit Notsituationen im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Vorschriften des SGB XII vergleichbar sei und ein Festhalten an der Offizialmaxime rechtfertigen könnte. Zwischen der Hilfe zum Lebensunterhalt und den Leistungen der Eingliederungshilfe bestehe vielmehr bereits insoweit ein Unterschied, als ein bestehender Bedarf an Leistungen der Eingliederungshilfe erst im Rahmen eines umfassenden Gesamtplanverfahrens ermittelt werden kann. Es reiche nicht aus, dass die Leistungsberechtigung noch ungewiss sei, sondern der Bedarf an Eingliederungshilfe müsse dem Leistungsträger so bekannt sein, dass tatsächlich Hilfe erwartet werden könne.
Die Einführung des Antragsprinzips korrespondiere darüber hinaus mit dem Anliegen, die Eingliederungshilfe aus dem System der Sozialhilfe herauszulösen. In der Konsequenz habe dies dann auch die Abkehr von der Regelung des § 18 SGB XII zur Folge, die allein in der Besonderheit des Fürsorgerechts (des SGB XII) begründet sei. Mit der Einführung des Antragserfordernisses werde zudem Kompatibilität mit den Vorschriften in den §§ 14 und 15 in Teil 1 hergestellt.
Rz. 5
Durch die Regelung des Satzes 2 wird erreicht, dass für zurückliegende Zeiten keine Leistungen erbracht werden dürfen. Die begrenzte Rückwirkung auf den Ersten des Monats der Antragstellung räumt jedoch einen begrenzten Spielraum bis zur Antragstellung ein. Die Leistungen müssen nicht "spitz" auf den Tag ab der Antragstellung berechnet werden. Außerdem dient die Regelung der Verwaltungsvereinfachung.