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Zweck dieser Vorschrift ist es, die Rehabilitationsträger mehr als bisher zur Beratung von potenziellen Leistungsempfängern zu veranlassen, und sie darüber hinaus zu verpflichten, auch organisatorisch mehr als bisher dafür Sorge zu tragen, dass das Ziel einer rechtzeitigen und umfassenden Antragstellung durch die Leistungsberechtigten erreicht wird. Insoweit handelt es sich um eine Erweiterung und Konkretisierung der allgemeinen Pflichten der Rehabilitationsträger aus den §§ 13 bis 15 SGB I.
Das Hauptziel besteht darin, dass notwendige Rehabilitationsbedarfe und Rehabilitationsmaßnahmen durch die Leistungsträger so früh wie möglich erkannt und eingeleitet werden. Die Bedarfserkennung ist die erste Phase des Reha-Prozesses. Dafür genügt es, wenn durch einfaches Wahrnehmen und Erfassen erster Anhaltspunkte ein Bedarf an Leistungen zur Teilhabe wahrscheinlich sein könnte. Ob ein individueller Rehabilitationsbedarf tatsächlich besteht und eine sozialrechtliche Leistungspflicht begründet ist, wird im Folgeschritt, dem Bedarfsermittlungsverfahren nach § 13 geprüft.
Die Bedarfserkennung gelingt nur, wenn der Leistungsberechtigte überhaupt Kenntnis davon hat, dass Rehabilitationsmaßnahmen für ihn angezeigt sind. Denn erst nach der Bedarfserkennung kann die Antragstellung, Zuständigkeitsklärung und schließlich die Bedarfsermittlung erfolgen.
Der Leistungskatalog zur Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen ist, wie die nicht abschließende Einweisungsnorm § 29 SGB I zeigt, sehr umfangreich. Leistungen zur Teilhabe können überhaupt nur dann erbracht werden, wenn erste Anzeichen eines möglichen Bedarfs frühzeitig erkannt werden. Das Erkennen solcher Anzeichen ist Aufgabe der Rehabilitationsträger sowie aller potenziell am Rehabilitationsprozess beteiligten Akteure (BAR GE Zuständigkeitsklärung und Reha-Prozess, § 11 Abs. 2 i. V. m. § 3 Abs. 1). Zur zielgenauen Navigation benötigt der Leistungsberechtigte professionelle Unterstützung. Diese möchte der Gesetzgeber im Wesentlichen durch die Erweiterung und Konkretisierung der bereits bestehenden Aufgaben der Rehabilitationsträger nach dem SGB I (§ 13 Aufklärungspflicht, § 14 Beratungspflicht, § 15 Auskunftspflicht und § 16 Hinwirkungspflicht zur Antragstellung) erreichen.
Aufgrund des Wegfalls der gemeinsamen Servicestellen (§§ 22 bis 25 SGB IX a. F.), die diese Aufgaben zuvor teilweise übernommen haben, soll nach § 12 Abs. 1 Satz 3 nun jeder Rehabilitationsträger eine Ansprechstelle vorhalten. Diese stellt dann für die Leistungsberechtigten, Arbeitgeber, aber auch anderen Rehabilitationsträger die erforderlichen Informations- und Beratungsangebote zur Verfügung (BT-Drs. 18/10523).