2.1 Überblick
Rz. 3
§ 24 bestimmt in seinen Sätzen 1 und 2, dass die §§ 14 bis 23 die Verpflichtung der Rehabilitationsträger zur Erbringung vorläufiger Leistungen nach den für sie jeweils geltenden Leistungsgesetzen unberührt lassen (Rz. 4) und die Erbringung vorläufiger Leistungen die Rehabilitationsträger nicht bei der Feststellung des Rehabilitationsbedarfs bindet (Rz. 5). Außerdem regelt die Vorschrift in Satz 3, dass vorläufige Leistungen nach § 43 SGB I im Zusammenhang mit Teilhabeleistungen für Menschen mit Behinderung oder drohender Behinderung (§ 2) nicht mehr anzuwenden sind (Rz. 6 ff.).
2.2 Satz 1 – Möglichkeit von rehabilitationsträgerspezifischen Vorleistungen
Rz. 4
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 gelten bei der Gewährung von Rehabilitations-/Teilhabeleistungen die §§ 1 bis 8 und 25 bis 84, soweit sich aus den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen nichts Abweichendes ergibt. Das bedeutet, dass sich z. B. die Leistungsvoraussetzungen und das jeweilige Leistungsspektrum (Art, Umfang, Zuzahlungen etc.) bei Leistungen der Krankenversicherung nach den Vorschriften des SGB V und bei Leistungen der Rentenversicherung nach dem SGB VI richten. § 24 Satz 1 weist in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hin, dass die Rehabilitationsträger verpflichtet sind, die rehabilitationsträgerspezifischen Vorschriften zur Erbringung von vorläufigen Leistungen unberührt zu lassen. Somit sind z. B. die §§ 3 Abs. 2 SGB II (unverzügliche Leistungen zur Eingliederung in Arbeit), 139 SGB VII (vorläufige Zuständigkeit) und 86d SGB VIII (Verpflichtung zum vorläufigen Tätigwerden) weiterhin anzuwenden. Nach Auffassung des Autors ist in diesem Zusammenhang auch die Möglichkeit der vorläufigen Leistungen zur Rehabilitation durch die Pflegekasse nach § 32 SGB XI zu nennen, wenn dadurch eine Teilhabeleistung i. S. d. § 5 "ersetzt" wird.
Grundsätzlich ist bei den vorläufigen Leistungen i. S. d. § 24 Satz 1 auch die Möglichkeit zur Erbringung vorläufiger Leistungen nach § 43 SGB I (vorläufige Leistungen) zu erwähnen, allerdings schließt hier Satz 3 ausdrücklich eine Anwendung dieser Vorschrift seit dem 1.1.2018 aus (Näheres hierzu: vgl. Rz. 6 ff.).
2.3 Satz 2 – Keine Bindung des Rehabilitationsträgers hinsichtlich der Feststellung des Rehabilitationsbedarfs
Rz. 5
Der leistende Rehabilitationsträger ist nach den §§ 14 Abs. 2 und 15 dafür verantwortlich, dass der Rehabilitationsbedarf umfassend und ggf. auch trägerübergreifend innerhalb der Fristen der §§ 14 und 15 Abs. 4 festgestellt wird. Hierzu ermittelt der leistende Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf nach dem eigenen Leistungsgesetz vertieft insbesondere mithilfe von Instrumenten der Bedarfsermittlung nach § 13. Sofern für die Bedarfsermittlung noch weitere Informationen notwendig sind, veranlasst der Rehabilitationsträger, ggf. unter Einschaltung weiterer Akteure, die entsprechenden Aktivitäten. Dabei kann es sich beispielsweise um das Einholen von bereits bestehenden Gutachten, Befundberichten oder sonstigen (ärztlichen) Unterlagen oder um die Durchführung eines Beratungsgesprächs handeln. Im Rahmen der Bedarfsermittlung prüft der leistende Rehabilitationsträger auch summarisch einen weiteren möglichen Rehabilitationsbedarf nach anderen Leistungsgesetzen, um so erforderlichenfalls weitere Rehabilitationsträger nach § 15 zu beteiligen oder auf eine Antragstellung hinzuwirken (vgl. § 27 der Gemeinsamen Empfehlung "Reha-Prozess").
Vorläufige Leistungen werden in der Praxis erbracht bzw. eingeleitet, wenn dem Leistungsempfänger trotz ungeklärter Sach- und Rechtslage nicht zugemutet werden kann, mit den Leistungen zu warten. Sind Teilhabeleistungen angezeigt, obwohl der Rehabilitations- bzw. Teilhabebedarf des Betroffenen nicht umfänglich geklärt ist, kann der Träger vorläufige Leistungen erbringen. Teilweise sollte er das sogar, wenn ein Hinausschieben von Teilhabeleistungen aus Sicht der Eilbedürftigkeit der Leistungen nicht verantwortlich wäre. Satz 2 des § 24 stellt ausdrücklich klar, dass die zum Zeitpunkt der Vorleistung getroffene Feststellung des Rehabilitations-/Teilhabebedarfs den Rehabilitationsträger nicht bindet. Dieses gilt auch hinsichtlich der Koordinierung der Leistungen nach § 15 und der Teilhabeplanung nach § 19. Dadurch sichert sich der Träger die Möglichkeit, das oben erwähnte Feststellungsverfahren trotz vorläufig eingeleiteter Teilhabeleistungen fortzuführen und gegenüber dem eigentlich zuständigen Rehabilitationsträger gemäß § 16 einen Erstattungsanspruch zu stellen.
2.4 Satz 3 – Keine Anwendung des § 43 SGB I im Zusammenhang mit Teilhabeleistungen
Rz. 6
Die aufgrund § 7 Abs. 2 immer vorrangig zu beachtenden Zuständigkeitsregelungen der §§ 14 und 15 regeln nach Auffassung des Gesetzgebers umfassend die Zuständigkeiten der Rehabilitationsträger im Hinblick auf die zu bearbeitenden Anträge für alle Teilhabeleistungen. Das schließt jedoch nicht aus, dass in der Praxis eilbedürftige Leistungen nicht rechtzeitig gewährt werden können, weil z. B.
- trotz Klarheit über das Bestehen eines Leistungsanspruchs Gutachten oder ergänzende Berichte abgewartet werden müssen, die Aufschluss über die Zuständigkeit bzw. über das Vorliegen einer Teilhabeleistung geben,
- einer der beteiligten Rehabilitationsträger...