Rz. 14
Kosten, die durch die Tätigkeit der Werkstatträte entstehen, tragen die Werkstätten für behinderte Menschen. Dies ist seit dem Inkrafttreten der Werkstätten-Mitwirkungsverordnung (WMVO) im Jahre 2001 in § 39 Abs. 1 WMVO geregelt. Es handelt sich hier um Kosten, die im Zusammenhang mit der Erfüllung der Aufgaben der Werkstätten und der an die gerichteten fachlichen Anforderungen entstehen. Deshalb sind den Werkstätten diese Aufwendungen im Rahmen der Vergütungen durch die zuständigen Leistungsträger, die Träger der Eingliederungshilfe, zu erstatten (§ 58 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1). Die Aufwendungen gehören also zu den Vergütungen, die in einer schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer (der Werkstatt für behinderte Menschen) zu regeln sind (§ 125 Abs. 1, Leistungs- und Vergütungsvereinbarung).
Mit dem Bundesteilhabegesetz v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) wurde in § 39 Abs. 1 Satz 2 zusätzlich bestimmt, dass zu diesen Kosten auch die Kosten gehören, die durch die Interessenvertretung auf Bundes- oder Landesebene entstehen (Art. 22 Nr. 9 Buchst. b BTHG, Änderung der Werkstätten-Mitwirkungsverordnung). Die ergänzende Regelung ist am Tage nach der Verkündung des BTHG im Bundesgesetzblatt, also am 30.12.2016, in Kraft getreten (Art. 26 Abs. 2 BTHG).
Die überregionale Interessenvertretung der Werkstatträte in den Werkstätten für behinderte Menschen auf Bundesebene ist der eingetragene Verein "Werkstatträte Deutschland". Getragen wird die Interessenvertretung von den Arbeitsgemeinschaften auf den Länderebenen. Bis zum Jahre 2018 war die Interessenvertretung als überregionales Modellvorhaben aus Mitteln des Ausgleichsfonds beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales gefördert worden. Mit der Ergänzung des § 39 Abs. 1 WMVO waren die Aufwendungen nun von den Werkstätten für behinderte Menschen zu übernehmen und an die Interessenvertretung auf Bundesebene zu leiten. Diese Aufwendungen waren den Werkstätten von den Leistungsträgern zu refinanzieren.
Rz. 15
Da dieses Verfahren mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden und für die Beteiligten nur schwer überschaubar war, wurde nach einer Lösung auf politischer Ebene gesucht. In die Beratungen des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/957 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 zur Änderung der Richtlinie 96/71EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen wurde im Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages ein Änderungsantrag eingebracht, mit dem die Regelung zur Finanzierung der überregionalen Interessenvertretung auf Bundesebene neu getroffen werden sollte (BT-Drs. 19/20145, Art. 2a Nr. 1, § 39 Abs. 4 WMVO).
Der Deutsche Bundestag stimmte dem Gesetz in der erweiterten Fassung in seiner Sitzung am 18.6.2020 zu, der Bundesrat in der Sitzung am 3.7.2020.
Das Gesetz ist am 16.7.2020 im Bundesgesetzblatt verkündet worden (BGBl. I S. 1657). Art. 2a Nr. 1 ist am Tage nach der Verkündung in Kraft getreten, also am 17.7.2020.
Rz. 16
§ 39 Abs. 4 WMVO sieht vor, dass die Kosten, die durch die Interessenvertretung auf Bundesebene entstehen, der zuständige Leistungsträger trägt, der jährlich zum 1. Februar eines jeden Jahres 1,60 EUR für jeden Werkstattbeschäftigten, der sich am 1. Januar dieses Jahres in seiner Zuständigkeit befindet, an die Interessenvertretung auf Bundesebene überweist.
Damit ist erreicht, dass der Betrag nicht mehr über die Werkstätten für behinderte Menschen fließt, die ihn dann an die Interessenvertretung auf Bundesebene weiterleiten müsste. Hierfür ist nun der für die Vergütungszahlungen an die jeweilige Werkstatt für behinderte Menschen zuständige Leistungsträger selbst verantwortlich. Die Kosten sind damit auch nicht mehr Bestandteil der Vergütungsvereinbarungen mit der jeweiligen Werkstatt.
Rz. 17
Der in § 39 Abs. 4 Satz 2 WMVO genannte Betrag von 1,60 EUR je Werkstattbeschäftigten wird dynamisiert, um damit künftig zu erwartenden Kostensteigerungen Rechnung zu tragen. Der Betrag erhöht sich in entsprechender Anwendung des § 160 Abs. 3 Satz 1 bis 3 SGB IX jeweils zu dem Zeitpunkt, zu dem die nächste Neubestimmung der Beträge der Ausgleichsabgabe erfolgt (§ 39 Abs. 4 Satz 6 WMVO).
Nach § 160 Abs. 3 Satz 1 erhöht sich die Ausgleichsabgabe entsprechend der Veränderung der Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV. Sie erhöht sich nach Satz 2 zum 1. Januar eines Kalenderjahres, wenn sich die Bezugsgröße seit der letzten Neubestimmung der Beträge der Ausgleichsabgabe um wenigstens 10 % erhöht hat.
Die Erhöhung des in § 39 Abs. 4 Satz 2 WMVO genannten Betrages knüpft an die Erhöhung der Ausgleichsabgabe an, weil auf § 160 Abs. 3 Satz 1 bis 3 SGB IX verwiesen ist und folgt deshalb dieser Systematik. Der Betrag ist also nicht, wie in verschiedenen Berichten, so von Werkstatträte Deutschland und der BAG WfbM, zum Ausdruck gebracht, automatisch jährlich zu erhöhen, sondern erst dann, wenn sich die Bezugsgr...