Rz. 18
Nach § 3 haben die Rehabilitationsträger darauf hinzuwirken, dass der Eintritt einer Behinderung und einer chronischen Krankheit, die zu einer Behinderung führen kann, vermieden wird. Bei einer bereits eingetretenen Behinderung ist eine mögliche weitere Beeinträchtigung der Gesundheits- bzw. Teilhabesituation zu verhindern.
Vor diesem Hintergrund ist § 25 Abs. 1 Nr. 5 zu sehen: Bei dem Präventionsgedanken (Tertiärprävention) geht es darum, mögliche Behinderungen, die sich aufgrund des weiteren Krankheitsverlaufs entwickeln oder verschlimmern können, möglichst früh zu erkennen und zu vermeiden. Im Vordergrund steht nicht die Früherkennung und Vermeidung einer (weiteren) Krankheit – diese Vorsorgeleistungen werden in erster Linie durch die §§ 20 bis 24 und 27 ff. SGB V abgedeckt –, sondern die Vermeidung von (weiteren) Behinderungen; unter Behinderung versteht man die negativen Folgewirkungen in Bezug auf Arbeit, Schule, Beruf, Selbstversorgung, Mobilität und barrierefreie Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.
Rz. 19
Zur Unterstützung der Tertiärprävention verpflichtet § 25 Abs. 1 Nr. 5 die Rehabilitationsträger, den in § 3 geregelten Präventionsgedanken in die Praxis umzusetzen. Aus diesem Grund haben die in § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 aufgeführten Rehabilitationsträger zusammen mit den Integrationsämtern unter Federführung der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) die Gemeinsame Empfehlung "Prävention nach § 3 SGB IX" (Fundstelle: Rz. 28) vereinbart. Hieraus ergeben sich Ansätze, wie die einzelnen Rehabilitationsträger die Prävention mit Leben erfüllen können. Dadurch haben die Rehabilitationsträger wichtige Grundlagen geschaffen, ihre Aufgaben aufgrund des § 25 Abs. 1 Nr. 5 zu definieren.
Rz. 20
Ansatzpunkte sind z. B. die möglichst frühzeitige Anpassung von Kontextfaktoren (Lebenshintergrund) mit dem Ziel der Erhaltung des Arbeitsplatzes, des häuslichen Umfeldes oder der sonstigen Teilhabe. Dieses Ziel geht oft mit einer Veränderung der persönlichen Lebensweise des betroffenen Menschen einher.
Gemäß § 7 Abs. 1 der Gemeinsamen Empfehlung "Prävention" ist der Präventionsbedarf in einem frühestmöglichen Stadium zu identifizieren. Frühwarnsysteme, die Prognosen über die Entstehung und den Verlauf chronischer Erkrankungen und Behinderungen ermöglichen, sind z. B.
- Screening-Verfahren (z. B. Fragebögen),
- Work Ability Index (WAI),
- Gefährdungsbeurteilung,
- Gesundheitsberichte,
- Gesundheitsorientierte Beratung,
- Assessment-Instrumente,
- Gesundheitsuntersuchungen,
- arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen,
- Sozialversicherungsdaten,
- Inklusionsvereinbarungen gem. § 166 SGB IX,
- Betriebliches Eingliederungsmanagement gem. § 167 SGB IX.
Die Aktivitäten zur Prävention basieren oft auf dem sog. Settingansatz. Durch den Settingansatz soll der betroffene Mensch in den Lebensbereichen, in denen er einen wesentlichen Teil verbringt (z. B. im Betrieb), u. a. zu einem gesundheitsförderlichen Verhalten motiviert und zugleich auf seine gesundheitsgefährdenden Lebensbedingungen hingewiesen werden. So haben sich z. B. in der Praxis rehabilitationsträgerübergreifende Maßnahmen in Kooperation mit Arbeitgebern entwickelt, um Arbeitnehmern mit ungünstigen Verhaltensweisen (z. B. Arbeitnehmern mit Übergewicht bei gleichzeitigem Stress) durch eine langfristig angelegte Intervention (Sport/Psyche/Ernährung) zu gesundheitsbewusstem Verhalten zu erziehen – und zwar mit dem Ziel, den Eintritt einer Behinderung zu vermeiden oder hinauszuzögern. Bei einigen Modellen dieser Art teilen sich die Krankenkasse und der Rentenversicherungsträger die Kosten. In Fällen von betrieblichen Präventionsaktivitäten trägt der Arbeitgeber meist auf freiwilliger Basis die Kosten für den Entgeltausfall, weil bestimmte Elemente der Prävention während der Arbeitszeit stattfinden.