Rz. 56
Mit dem Begriff der Arbeitsunfähigkeit und dem Verfahren zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit hat der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB V eine Richtlinie herausgegeben, und zwar die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB V (AU-Richtlinie; letzte Fassung vor der Drucklegung mit Wirkung zum 7.12.2023 in Kraft). In dieser Richtlinie werden auch Grundsätze zur stufenweisen Wiedereingliederung festgelegt. Die Richtlinie enthält in ihrer Anlage 1 auch Umsetzungshinweise zur stufenweisen Wiedereingliederung. Die wichtigsten Teile der Richtlinie zur stufenweisen Wiedereingliederung werden auszugsweise unter Rz. 57 und der vollständige Text der Umsetzungshinweise unter Rz. 58 aufgeführt:
Rz. 57
Auszüge aus der AU-Richtlinie:
Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte aufgrund von Krankheit seine zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann (§ 2 Abs. 1 Satz 1 AU-Richtlinie).
Arbeitsunfähigkeit besteht auch während einer stufenweisen Wiederaufnahme der Arbeit fort, durch die Versicherten die dauerhafte Wiedereingliederung in das Erwerbsleben durch eine schrittweise Heranführung an die volle Arbeitsbelastung ermöglicht werden soll (§ 2 Abs. 2 Satz 1 AU-Richtlinie).
Bei der Feststellung, ob eine stufenweise Wiedereingliederung gemäß § 74 SGB V und § 44 SGB IX empfohlen werden kann, sind der körperliche, geistige und seelische Gesundheitszustand der oder des Versicherten gleichermaßen zu berücksichtigen. Deshalb darf diese Feststellung nur aufgrund ärztlicher Untersuchung erfolgen. Die Empfehlungen zur Umsetzung der stufenweisen Wiedereingliederung in der Anlage dieser Richtlinie sind zu beachten. Die Feststellung hat spätestens ab einer Dauer der Arbeitsunfähigkeit von 6 Wochen im Zusammenhang mit jeder Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit zu erfolgen (§ 7 Abs. 1 und 2 AU-Richtlinie).
Von einer Feststellung einer stufenweisen Wiedereingliederung ist abzusehen, sofern durch die Teilnahme an einer Maßnahme der stufenweisen Wiedereingliederung für den Genesungsprozess der oder des Versicherten nachteilige gesundheitliche Folgen erwachsen können. Gleiches gilt, wenn Versicherte eine stufenweise Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit ablehnen (§ 7 Abs. 3 AU-Richtlinie).
Rz. 58
Umsetzungshinweise
Die in § 7 Abs. 1 Satz 3 AU-Richtlinie erwähnte Anlage enthält folgende Empfehlungen:
Empfehlungen zur Umsetzung der stufenweisen Wiedereingliederung
- Bei Arbeitsunfähigkeit kann eine Rückkehr an den Arbeitsplatz auch bei weiterhin notwendiger Behandlung sowohl betrieblich möglich als auch aus therapeutischen Gründen angezeigt sein. Über den Weg der stufenweisen Wiedereingliederung werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer individuell, d. h. je nach Krankheit und bisheriger Arbeitsunfähigkeitsdauer schonend, aber kontinuierlich bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit an die Belastungen ihres Arbeitsplatzes herangeführt. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten damit die Möglichkeit, ihre Belastbarkeit entsprechend dem Stand der wieder erreichten körperlichen, geistigen und seelischen Leistungsfähigkeit zu steigern. Dabei sollte die Wiedereingliederungsphase in der Regel einen Zeitraum von sechs Monaten nicht überschreiten.
- Die stufenweise Wiedereingliederung erfordert eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen der oder dem Versicherten, der behandelnden Vertragsärztin oder dem behandelnden Vertragsarzt, der Arbeitgeberin oder dem Arbeitgeber, der Arbeitnehmervertretung, der Betriebsärztin oder dem Betriebsarzt, der Krankenkasse sowie ggf. dem Medizinischen Dienst und dem Rehabilitationsträger auf der Basis der von der behandelnden Vertragsärztin oder vom behandelnden Vertragsarzt unter Beachtung der Schweigepflicht gegebenen Empfehlungen zur vorübergehenden Einschränkung der quantitativen oder qualitativen Belastung der oder des Versicherten durch die in der Wiedereingliederungsphase ausgeübte berufliche Tätigkeit. Eine standardisierte Betrachtungsweise ist nicht möglich, sodass der zwischen allen Beteiligten einvernehmlich zu findenden Lösung unter angemessener Berücksichtigung der Umstände im Einzelfall maßgebliche Bedeutung zukommt. Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt kann – mit Zustimmung der oder des Versicherten – von der Betriebsärztin oder vom Betriebsarzt, vom Betrieb oder über die Krankenkasse eine Beschreibung über die Anforderungen der Tätigkeit der oder des Versicherten anfordern.
- Die infolge der krankheitsbedingten Einschränkung der Leistungsfähigkeit zu vermeidenden arbeitsbedingten Belastungen sind von der behandelnden Vertragsärztin oder vom behandelnden Vertragsarzt zu definieren. Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt kann der Krankenkasse einen Vorschlag unterbreiten, der die quantitativen und qualitativen Anforderungen einer Tätigkeit beschreibt, die aufgr...