Entscheidungsstichwort (Thema)
Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs wegen Entlassungsentschädigung bei zeitlich unbegrenzter ordentlicher Unkündbarkeit nach Tarifvertrag. Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses wegen krankheitsbedingter Leistungsunfähigkeit. Zulässigkeit der fristgebundenen Kündigung aus wichtigem Grund. fiktive Kündigungsfrist von 6 Monaten
Leitsatz (amtlich)
Zum Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei tarifvertraglich ordentlich unkündbaren Arbeitnehmern wegen Berücksichtigung einer Entlassungsentschädigung.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Itzehoe vom 26. August 2008 aufgehoben und der Bescheid der Beklagten vom 5. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2006 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin auf ihren Antrag vom 6. Juli 2006 Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 1. Oktober 2006 bis zum 4. Februar 2007 zu gewähren.
Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Leistungsanspruch der Klägerin in der Zeit vom 1. Oktober 2006 bis zum 4. Februar 2007 wegen der Berücksichtigung einer Entlassungsentschädigung geruht hat.
Die ...1945 geborene Klägerin stand von 1974 bis zum 30. September 2006 in einem Beschäftigungsverhältnis als Raumpflegerin bei den zuletzt in der Rechtform einer gGmbH betriebenen Kliniken des Kreises P... n W... Nach dem mit dem Kreis P... abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom 13. Mai 1974 richtete sich das Arbeitsverhältnis nach den Vorschriften des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) vom 31. Januar 1962 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Außerdem fanden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung. Am 30. Dezember 2005 unterzeichnete die Klägerin eine Aufhebungsvereinbarung mit ihrem Arbeitgeber. Darin heißt es, die Parteien seien sich einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis auf Veranlassung der Arbeitgeberin aus personenbedingten Gründen (Krankheit) mit Ablauf des 30. September 2006 enden werde. Die Klägerin erhalte zum Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung entsprechend §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz in Höhe von brutto 34.296,12 EUR, die am 30. September 2006 fällig werde.
Am 6. Juli 2006 meldete die Klägerin sich mit Wirkung zum 1. Oktober 2006 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). In der dazu vorgelegten Arbeitsbescheinigung der R... Kliniken gGmbH U... vom 24. Juli 2006 heißt es, das Arbeitsverhältnis sei am 30. Dezember 2005 zum 30. September 2006 beendet worden. Zu der maßgebenden Kündigungsfrist des Arbeitgebers heißt es in der Arbeitsbescheinigung, die Klägerin sei unkündbar gewesen. Die Frage, ob die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses gesetzlich oder (tarif-) vertraglich ausgeschlossen sei, wurde in der Arbeitsbescheinigung verneint.
Ergänzend legte die Klägerin ein ärztliches Attest des Praktischen Arztes Ra..., W..., vom 21. November 2005 vor, in dem es heißt, dass bei ihr seit Jahren ein schweres degeneratives Wirbelsäulenleiden bestehe. Sie befinde sich in ständiger orthopädischer Mitbehandlung. Arbeiten mit ständigem Bücken und Hebebelastungen über 5 kg sollten aus ärztlicher Sicht wegen der Gefahr erheblicher Verschlimmerung des Leidens vermieden werden. Weiterhin legte die Klägerin ein Schreiben der Geschäftsleitung des Krankenhauses W... vom 29. November 2005 vor, wonach der Klägerin seinerzeit keine vakanten Stellen mit körperlich leichterer Arbeit angeboten werden konnten.
Mit Bescheid vom 5. September 2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin Alg für 540 Kalendertage. Als Anspruchsbeginn gab sie den 1. Oktober 2006 an. Weiter heißt es in dem Bescheid, dass für die Zeit vom 1. Oktober 2006 bis 4. Februar 2007 wegen der Entlassungsentschädigung keine Leistungen gewährt würden (§ 143a Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]). Vom 5. Februar 2007 bis zum 6. August 2008 erhalte die Klägerin täglich 26,29 EUR.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 2. Oktober 2006 Widerspruch, soweit die Beklagte damit das Ruhen des Leistungsanspruchs bis 4. Februar 2007 festgestellt hatte. Sie führte unter Bezugnahme auf das bereits vorgelegte Attest und das Schreiben des Arbeitgebers vom 29. November 2005 aus, dass keine Möglichkeit bestanden habe, sie im Hinblick auf ihre Beeinträchtigungen anderweitig einzusetzen. Ergänzend legte sie ein Attest des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. O..., W..., vom 15. September 2006 vor. Darin heißt es, die Klägerin sei dort seit Oktober 1987 in nervenärztlicher Behandlung. Schon in den letzten Jahren sei immer deutlicher geworden, dass sie durch ihre Berufstätigkeit als Reinigungskraft körperlich und seelisch überfordert gewesen sei. Trotz medikamentöser Behandlung habe ...