rechtskräftig nein

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausnahmevorschrift. Beigeladener. Beiladung. häusliche Krankenpflege. Haushalt. Sozialhilfeträger. Verurteilung. vollstationäre Einrichtung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Anspruch auf häusliche Krankenpflege setzt voraus, dass dem Versicherten eine eigenständige und eigenverantwortliche Wirtschaftsführung möglich ist. Eine solche ist bei einer Aufnahme des Versicherten in eine vollstationäre Einrichtung im Sinne von § 43a SGB XI nicht anzunehmen.

2. Als Ausnahmevorschrift lässt § 75 Abs. 5 SGG weder in direkter noch analoger Anwendung die Verurteilung des beigeladenen Sozialhilfeträgers an Stelle der beklagten Krankenkasse zu.

 

Normenkette

SGG § 75 Abs. 5; SGB V § 37 Abs. 1; SGB XI § 43a

 

Verfahrensgang

SG Schleswig (Urteil vom 13.08.2004; Aktenzeichen S 2 KR 101/02)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 13. August 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben sich die Beteiligten in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten für Behandlungspflege im Rahmen der häuslichen Krankenpflege.

Die … 1960 geborene und … 2005 verstorbene Klägerin war bei der Beklagten als Familienversicherte krankenversichert. Sie war seit dem 1. März 1997 im Wohnheim für Behinderte, H., untergebracht und erhielt von der Pflegekasse der Beklagten (Beigeladene zu 1) seit Juli 1996 Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III. Das Wohnheim ist eine vollstationäre Einrichtung der Behindertenhilfe nach § 43a des Elften Sozialgesetzbuches (SGB XI). Auf der Grundlage einer am 1. November 2000 zwischen der Wohnstätte für Menschen mit besonderem Hilfebedarf, vertreten durch den Kirchenkreis H.-B., und dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Schleswig-Holstein geschlossenen Leistungsvereinbarung trug der Beigeladene zu 2) die Kosten der Unterbringung der Klägerin. Nach § 2 der Vereinbarung leistete die Wohnstätte Eingliederungshilfe gemäß §§ 39/40 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) und Hilfe zur Pflege nach § 68 BSHG. Die Förder-, Betreuungs- und Beschäftigungsangebote sowie die individuelle Pflege umfassten nach § 4 der Leistungsvereinbarung insbesondere folgende Bereiche: Tagesstrukturierende Maßnahmen, Alltagskompetenzen und lebenspraktischer Bereich, Körperliches Wohl und Gesundheitsfürsorge, Pflegerische Leistungen, soziale Kompetenz und soziale Kontakte, Psychosozialer Bereich, Freizeitgestaltung, Gemeinsame Aktivitäten wie einfache Spiele und Bewegung. Die Wohnstätte war aufgrund der Leistungsvereinbarung verpflichtet, pflegerische Leistungen in Form der körperlichen Grundpflege, Genesungspflege und Wundpflege (§§ 39/68 BSHG) zu erbringen.

Die Klägerin litt an einer schweren Intelligenzminderung bei pränataler Hirnschädigung sowie einem cerebralen Anfallsleiden. Ihre Mutter war zu ihrer Betreuerin bestellt worden. Ab dem 14. August 2001 befand sich die Klägerin wegen anhaltender Durchfälle fast durchgehend im Krankenhaus. Bei zwei Operationen wurden ihr die Gallenblase sowie ein Polyp im Darm entfernt. Nach der zweiten Operation konnte die Klägerin keine Nahrung aufnehmen. Im September 2001 wurde deshalb bei ihr eine Magensonde gelegt. Die Entlassung in ihr Wohnheim erfolgte am 1. November 2001. Die Sondenernährung wurde durch das Deutsche Rote Kreuz durchgeführt. Die Diakonie-Station H. übernahm die Behandlungspflege der Klägerin im Zeitraum vom 1. November 2001 bis 31. Dezember 2001.

Am 19. November 2001 beantragte die Behinderteneinrichtung unter Vorlage einer Verordnung der Fachärztin für innere Medizin W. die Übernahme der Kosten für häusliche Krankenpflege. Mit Bescheiden vom 26. November 2001 und 18. Dezember 2001 teilte die Beklagte dem Vater der Klägerin mit, die Bewilligung von häuslicher Krankenpflege könne nicht erfolgen. Denn die verordnete Leistung sei Versicherten für ihren Haushalt vorbehalten. Die Klägerin verfüge jedoch nicht über einen „eigenen Haushalt”, da sie in einer vollstationären Einrichtung untergebracht sei. Zahlungspflichtig sei die vollstationäre Einrichtung.

Der Vater der Klägerin legte am 25. Januar 2002 gegen die Bescheide Widerspruch ein und schilderte darin den Krankheitsverlauf seiner Tochter. Nach ihrer Entlassung am 1. November 2001 sei eine sorgfältige Dosierung der Sondennahrung, die Pflege der Magensonde, eine medikamentöse Versorgung gegen Krampfanfälle und Thrombose erforderlich gewesen. Wäre seine Tochter noch länger im Krankenhaus verblieben, so hätte mit einer weiteren Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes gerechnet werden müssen. Deshalb hätten sie – die Eltern – sich bereit erklärt, notfalls die Kosten für die Pflege ihrer Tochter selbst zu übernehmen. Die Versorgung durch die Diakonie-Station habe dann auch zur Genesung der Klägerin am 4. Dezember 2001 geführt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juli 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und fü...

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