Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschließliche Klagebefugnis des Maßnahmeträgers auf finanzielle Förderung eines durch Ausbildungsvertrag begründeten Arbeitsverhältnisses

 

Orientierungssatz

1. Ziel der Leistungen nach §§ 74 ff. SGB 3 ist es, die Berufsausbildung von förderungsbedürftigen jungen Menschen zu unterstützen und zu fördern und diese dadurch beruflich einzugliedern. Dennoch ist Anspruchsberechtigter der durch die Bundesagentur für Arbeit bzw. das Jobcenter zu erbringenden Leistungen nach § 79 SGB 3 ausschließlich der Maßnahmeträger.

2. Allein der Maßnahmeträger ist insofern möglicher Antragsteller i. S. des § 323 SGB 3 und Adressat und Begünstigter eines Bewilligungsbescheides. Dem zu fördernden jungen Menschen fehlt die Klagebefugnis, um eine Förderung gerichtlich zu erstreiten.

3. Die Auszahlung einer ausbildungsvertraglich mit dem Maßnahmeträger vereinbarten Ausbildungsvergütung zu verlangen, hat der förderungsbedürftige junge Mensch im Rechtsverhältnis zum Ausbildungsbetrieb gfs. mit arbeitsgerichtlichen Schritten zu verfolgen (BAG Urteil vom 22. Januar  2008, 9 AZR 999/06).

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten, ein zwischen ihr und der gemäß § 75 Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Beigeladenen (Träger i. S. d. § 12 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung) bestehendes Ausbildungsverhältnis über den 27.01.2016 hinaus zu fördern.

Der Beklagte schlug der Beigeladenen nach einem Erstgespräch mit der Klägerin diese für eine Ausbildung in einer außerbetrieblichen Einrichtung (BaE) im kooperativen Modell vor bzw. "wies" sie der Beigeladenen einvernehmlich auf Grundlage eines nach Abschluss eines Vergabeverfahrens geschlossenen Vertrages zwischen der Beigeladenen und der Bundesagentur für Arbeit "zu" (vgl. § 18 der Vertragsbedingungen, Stand 07.03.2012). In der Folge wurde zwischen der Klägerin und der Beigeladenen mit im Januar 2015 ausbildungsvertraglich zunächst ein dreijähriges Ausbildungsverhältnis zur Malerin und Lackiererin begründet. Unter Abstimmung mit dem Beklagten. In Abstimmung mit dem Beklagten wechselte die Klägerin durch einen Ausbildungsvertrag mit der Beigeladenen vom 05.05.2015 aufgrund schulischer und gesundheitlicher Schwierigkeiten in ein Ausbildungsverhältnis zur Verkäuferin. Das Ausbildungsverhältnis wurde bis zum 30.09.2017 verlängert. Der Beklagte förderte die Ausbildungen durch Zahlungen an die Beigeladene - ohne hierüber der Klägerin oder der Beigeladenen gegenüber schriftlich gesondert zu entscheiden - auf Grundlage des zwischen der Bundesagentur für Arbeit und der Beigeladenen geschlossenen Vertrages.

Ende Mai 2015 berichtete die Beigeladene dem Beklagten von Schwierigkeiten im Rahmen des Ausbildungsverhältnisses, insbesondere von gehäuften, nicht durch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen belegten krankheitsbedingten Fehlzeiten.

Mitte Juni 2015 wurde dieses Verhalten zwischen der Klägerin und ihrem Fallmanager beim Beklagten besprochen und in einer Verhandlungsniederschrift festgehalten, dass die Klägerin ihr Verhalten bessere, da ansonsten eine Beendigung der Berufsausbildung in einer außerbetrieblichen Einrichtung erfolgen müsse. Nach einer vorübergehenden Verhaltensänderung bei der Klägerin, wurde im November 2015 unter Zustimmung des Beklagten eine weitere Verlängerung der Ausbildung vereinbart, da eine Prüfungszulassung aufgrund der Fehlzeiten von 45,5 % unwahrscheinlich gewesen wäre.

Nach einem erneuten unentschuldigten Fehlen der Klägerin am im Januar 2016 sicherte die Beigeladene dem Beklagten jedoch zu, der Klägerin gegenüber eine Kündigung auszusprechen. Mit Schreiben vom 27.01.2016 kündigte die Beigeladene den Ausbildungsvertrag zur Verkäuferin mit der Klägerin fristlos mit der Begründung, dass die Klägerin seit Beginn ihrer Ausbildung zur Verkäuferin an insgesamt 40,9 % der Arbeitstage gefehlt habe, davon in 9 % der Fälle ohne Entschuldigung. Aufgrund der fehlenden Bemühungen sei die Beigeladene mit der Beklagten übereingekommen, dass die Wahrscheinlichkeit, die Ausbildung erfolgreich zu beenden, nicht mehr gegeben sei. Der Beklagte stellte daraufhin die Förderung des Arbeitsverhältnisses ein.

Gegen die Kündigung der Beigeladenen wandte die Klägerin sich, indem sie den bei der Industrie - und Handelskammer B. angesiedelten Ausschuss zur Beilegung von Streitigkeiten aus einem Berufsausbildungsverhältnis anrief. Mit einem Schreiben vom 18.02.2016 teilte die Beigeladene dem Bevollmächtigten der Klägerin mit, durch die Einstellung der Förderung durch den Beklagten entstehe eine Kostentragungspflicht der Klägerin. Im Rahmen einer Einigungsverhandlung am 30.03.2016 schlossen die Klägerin und die Beigeladene einen Widerrufsvergleich. Die fristlose Kündigung wurde zurückgenommen und in eine Abmahnung umgewandelt. Sofern die Klägerin in der Folge unentschuldigt fehle oder Fehlzeiten nicht fristgemäß melde, führe dies automatisch zu einer fristlosen Kündigung. Das Ausbildungsver...

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