Gesetz zur Stärkung von Aus- und Weiterbildung: was gilt
Mit dem "Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung", das bereits am 21. Juli 2023 in Kraft getreten ist, werden die Möglichkeiten zur Förderung der beruflichen und arbeitsmarktorientierten Aus- und Weiterbildung angesichts der beschleunigten Transformation der Arbeitswelt erweitert und ergänzt.
Wichtige Teile des Gesetzes treten allerdings erst jetzt, zum 1. April 2024 in Kraft, so etwa die Einführung eines Berufsorientierungspraktikums in § 48a SGB III, die Einführung eines Mobilitätszuschusses in § 73a SGB III, die Neuregelung der Einstiegsqualifizierung in § 54a SGB III, die Reform der Weiterbildungsförderung Beschäftigter in § 82 SGB III und die Einführung des Qualifizierungsgeldes in den §§ 82a bis c SGB III.
Die Regelungen zur außerbetrieblichen Berufsausbildung in § 76 SGB III treten sogar erst zum 1. August 2024 in Kraft.
Weiterbildungsgesetz beinhaltet sogenannte Ausbildungsgarantie
Eine Berufsausbildung ist zentrale Voraussetzung für einen Berufseinstieg. Zu vielen jungen Menschen gelingt der Übergang in eine Ausbildung nicht oder nicht unmittelbar. Das Gesetz regelt eine Ausbildungsgarantie - wobei es sich nicht um einen Rechtsanspruch handelt. Die primäre Verantwortung der Wirtschaft für die Ausbildung des Fachkräftenachwuchses bleibt unangetastet.
Vor allem die Agenturen für Arbeit und die Jobcenter sollen junge Menschen aber künftig stärker bei der beruflichen Orientierung und der Aufnahme einer Berufsausbildung unterstützen. Teil der Ausbildungsgarantie ist zudem eine Förderung von berufsorientierenden Kurzpraktika in Betrieben und ein Mobilitätszuschuss.
Praktika zur Berufsorientierung in Betrieben werden gefördert. Die Agenturen für Arbeit und die Jobcenter haben die Aufgabe, junge Menschen gezielt bei der beruflichen Orientierung und der Aufnahme einer Berufsausbildung beraten.
Für angehende Auszubildende wird es mit einem Mobilitätszuschuss leichter werden, auch Ausbildungsplätze in weiter entfernt liegenden Regionen anzunehmen. Auszubildende bekommen im Zuge des Mobilitätszuschusses zwei Familienheimfahrten pro Monat im ersten Ausbildungsjahr finanziert.
Außerbetriebliche Ausbildung als "ultima ratio"
Die außerbetriebliche Ausbildung soll ab 1. August 2024 erweitert werden, sodass mehr junge Menschen auch ohne regulären Ausbildungsplatz entsprechende Perspektiven bekommen. Laut Gesetz soll dies jedoch "ultima ratio" bleiben - der Fokus liegt weiterhin auf den betrieblichen Ausbildungen.
Qualifizierungsgeld von der Bundesagentur für Arbeit
Die Einführung eines Qualifizierungsgeldes unterstützt Unternehmen ab dem 1. April 2024, wenn der Verlust von Arbeitsplätzen durch den Strukturwandel droht, die Unternehmen ihre Mitarbeitenden aber durch die richtige Weiterbildung weiterbeschäftigen können. Arbeitgeber können unabhängig von der Betriebsgröße, Alter oder Qualifikation der Beschäftigten, diese für eine Weiterbildung freistellen und während dieser Zeit das Qualifizierungsgeld von der Agentur für Arbeit erhalten. Betriebe werden so von den Entgeltzahlungen entlastet, tragen dafür aber die Weiterbildungskosten. (Mehr dazu lesen Sie in unserem Beitrag "Qualifizierungsgeld: Bürokratiemonster oder Geldsegen?").
Fördervoraussetzungen sind ein strukturwandelbedingter Qualifizierungsbedarf von mindestens 20 Prozent der Beschäftigten des Betriebes und eine entsprechende Betriebsvereinbarung oder ein betriebsbezogener Tarifvertrag. Festgelegt ist ein Mindestumfang der Fördermaßnahme von 120 Stunden, um das Qualifizierungsgeld zu erhalten. Die Förderdauer umfasst bis zu 3,5 Jahre, sodass auch der Erwerb neu qualifizierender Berufsabschlüsse auf gleichem Qualifikationsniveau möglich ist.
In der Höhe lehnt sich das Qualifizierungsgeld am Kurzarbeitergeld an und wird als Lohnersatz während einer Weiterbildung in Höhe von 60 beziehungsweise 67 Prozent des Nettogehaltes ausgezahlt. Optional können Arbeitgeber es aufstocken.
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Steuerbefreiung für Qualifizierungsgeld nach § 3 Nr. 2 EStG
Mit dem Wachstumschancengesetz hat der Gesetzgeber die Steuerbefreiung für das Qualifizierungsgeld geregelt. Entsprechend dem Kurzarbeitergeld wird das von der Agentur für Arbeit gewährte Qualifizierungsgeld steuerfrei sein (§ 3 Nr. 2 Buchst. a EStG), aber dem Progressionsvorbehalt unterliegen (§ 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG). Die Weiterbildungskosten, die beim Qualifizierungsgeld vom Arbeitgeber zu tragen sind, werden ebenfalls steuerfrei gestellt (§ 3 Nr. 19 Satz 1 Buchst. a EStG).
Reform der Weiterbildungsförderung von Beschäftigten
Die Voraussetzungen für die aktuelle Weiterbildungsförderung Beschäftigter sind kompliziert. Das "Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung" bringt hier eine Vereinfachung. Unter anderem wird die Transparenz der Förderung erhöht: durch feste Fördersätze je nach Betriebsgröße und weniger Förderkombinationen. Da Weiterbildungsbedarf in nahezu allen Wirtschaftsbereichen besteht, wird künftig bei der Fördermöglichkeit auf die Voraussetzung einer Betroffenheit der Tätigkeit vom Strukturwandel oder einer Weiterbildung in einem Engpassberuf verzichtet.
Änderungen für kleinere Betriebe
Künftig gilt, dass Betriebe mit weniger als 50 Beschäftigten sich nicht mehr an Lehrgangskosten beteiligen müssten. Zuvor lag die Grenze bei zehn Arbeitskräften.
Kurzarbeit für Weiterbildung nutzen
Mit dem Arbeit-von-Morgen-Gesetz wurde 2020 der mit dem Beschäftigungssicherungsgesetz zwischenzeitlich erweiterte § 106a SGB III eingeführt. Ziel dieser Regelung ist es, einen Anreiz zu schaffen, die Zeit der Kurzarbeit für Weiterbildungen zu nutzen. Arbeitgebern, die ihren Beschäftigten entsprechende Weiterbildungen anbieten, werden danach die während der Kurzarbeit von den Arbeitgebern zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge jeweils zur Hälfte und darüber hinaus in Abhängigkeit von der jeweiligen Betriebsgröße die Lehrgangskosten ganz oder teilweise erstattet. Diese Regelung wurde bis zum 31. Juli 2024 verlängert.
(Noch) Kein Recht auf bezahlte Bildungszeit
Vorerst nicht umgesetzt wurde hingegen die von Arbeitsminister Heil angekündigte Bildungszeit nach österreichischem Vorbild. Beschäftigte sollten sich nach seiner Vorstellung ein Jahr bezahlt weiterbilden können.
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