Nationale Weiterbildungsstrategie veröffentlicht: mehr Förderung, Transparenz und Qualität
Die Weiterbildungsstrategie ist ein zentrales Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag. Federführend stehen dafür das Bundesarbeits- und das Bundesbildungsministerium. Ihr Ziel ist es, dem massiven Wandel auf dem Arbeitsmarkt durch die Digitalisierung mit verstärkter Weiterbildung zu begegnen.
Digitalisierung erfordert mehr Weiterbildung
„Wir müssen jetzt sehr, sehr viel ändern, sodass wir auch in Zukunft wirtschaftlich stark bleiben und die Gesellschaft zusammenhalten“, sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) anlässlich der Vorstellung des Strategiepapiers. Denn in den kommenden sechs Jahren würden durch den technischen Fortschritt rund 1,3 Millionen Arbeitsplätze wegfallen, auf der anderen Seite entstünden 2,1 Millionen neue Jobs, sagte er mit Verweis auf Berechnungen von Wissenschaftlern für sein Ministerium.
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) sagte: „Weiterbildung im Beruf muss in der Zukunft zum Arbeitsalltag gehören.“ Bisher sei es Konsens gewesen, dass Weiterbildung im Wesentlichen ein Thema der Unternehmen ist. Nun müssten alle Akteure an einem Strang ziehen, sodass Weiterbildung für jeden normal werde.
Zehn Handlungsziele der nationalen Weiterbildungsstrategie
Die Strategie enthält sowohl Pläne für finanzielle wie beratende Förderangebote für Arbeitnehmer und Arbeitslose sowie für Unternehmen. Zudem soll der Weiterbildungsmarkt insgesamt transparenter werden und die Qualität der Weiterbildungsangebote einfacher zu bewerten sein. Mit einer neuen Weiterbildungskultur soll der Wirtschaftsstandort Deutschland im internationalen Wettbewerb bestehen können: „Digitale und nachhaltige Transformation muss flankiert werden, um sicherzustellen, dass sie allen Menschen dient“, heißt es dazu im Strategiepapier.
Insgesamt wurden zehn Handlungsziele in der Weiterbildungsstrategie festgehalten und auf einzelne Ziele der Beteiligten heruntergebrochen. Ein kurzer Überblick mit Auszügen aus dem Strategiepapier zeigt die für die Akteure der betrieblichen Weiterbildung relevanten Schwerpunkte.
1. Ziel: Die Transparenz von Weiterbildungsmöglichkeiten und -angeboten unterstützen
Der Weiterbildungsmarkt soll transparenter werden, indem einerseits die Beratungsstrukturen ausgebaut werden und andererseits ein „zentrales Eingangsportal“ aufgebaut wird, das Informationsmöglichkeiten zur individuellen Weiterbildung bietet. Zudem sollen im geplanten Innovationswettbewerb „Digitale Plattform Berufliche Weiterbildung“ interaktive Lernplattformstrukturen entwickelt werden. Die Online-Plattform „Kursnet“ der Bundesagentur für Arbeit (BA) soll in das Portal der www.arbeitsagentur.de integriert werden.
2. Ziel: Förderlücken schließen, neue Anreize setzen, bestehende Fördersysteme anpassen
Das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz soll novelliert werden mit dem Ziel, die Förderleistungen zu verbessern und den Anspruch darauf auszubauen. Auch die Verbesserung von Maßnahmen wie staatliche geförderte Bildungszeiten und -teilzeiten für Arbeitnehmern sollen geprüft werden. Im Zusammenhang mit Kurzarbeitergeld sollen Weiterbildungsmaßnahmen stärker gefördert werden.
Ein Anspruch auf die Förderungen einer beruflichen Nachqualifizierung mit Berufsabschluss ist der Kompromiss, auf den sich die Partner einigen konnten – ein genereller Rechtsanspruch auf Weiterbildung sei nicht konsensfähig. Der Rechtsanspruch auf Bildungsurlaub, der auf Länderebene geregelt ist, soll verstärkt beworben werden. Weiterbildungsprämien und ein Qualifizierungsbonus nach dem Modellprojekt in Bremen sind weitere Überlegungen. Auch im Bereich der Grundqualifizierung und Alphabetisierung sind Maßnahmen geplant.
3. Ziel: Lebensbegleitende Weiterbildungsberatung flächendeckend vernetzen und Qualifizierungsberatung insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen stärken
Einige Beratungsangebote, die bisher pilotiert waren, sollen ausgebaut werden – zum Beispiel das Infotelefon „Weiterbildungsberatung“. Darüber hinaus streben die Partner vor allem die bessere Vernetzung bei Beratungsangeboten an. Zudem will das Bundesbildungsministerium eine Initiative zur Lernprozessbegleitung am Arbeitsplatz und die Qualifizierung von betrieblichen Weiterbildungsmentoren fördern.
4. Ziel: Die Verantwortung der Sozialpartner stärken
Die Gewerkschaften wollen mit der Analyse der Arbeitsmarktsituation die strategische Personalentwicklung und somit Weiterbildung fördern. Speziell KMU sollen über eine Weiterentwicklung der ESF-Sozialpartnerrichtlinie beim Aufbau von vernetzten Weiterbildungs- und Personalentwicklungsstrukturen unterstützt werden.
5. Ziel: Die Qualität und Qualitätsbewertung von Weiterbildungsangeboten prüfen und stärken
Übergeordnetes Ziel ist es laut Strategiepapier, „die Etablierung einer Qualitätskultur zu fördern, in der die Verbindlichkeit von qualitätssichernden Verfahren sowie deren Transparenz für die Nutzenden erhöht werden“. So will die BA beispielsweise eine Anbieterbewertung in den Weiterbildungsangeboten für Suchende mit einem Bildungsgutschein einführen.
6. Ziel: Erworbene Kompetenzen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der beruflichen Bildung sichtbar machen und anerkennen
Es soll ein „bundesweit standardisiertes Verfahren zur Erfassung, Bewertung und Zertifizierung nonformal und informell erworbener Kompetenzen“ entstehen. Basis dafür ist offenbar das bereits entwickelte Verfahren „ValiKom“. Dazu beitragen soll auch das neue Tool der BA namens „Myskills“, mit dem man das berufliches Handlungswissen in 30 Berufen und sechs Sprachen testen kann.
7. Ziel: Fortbildungsabschlüsse und Weiterbildungsangebote entwickeln
Bereits bestehende Fortbildungsabschlüsse und Meisterprüfungsverordnungen sowie Weiterbildungsangebote an Fachschulen sollen angepasst und modernisiert werden. Ausbildungsbausteine und Teilqualifikationen sollen stärker gefördert werden. Auch Förderungen für Umschulungen sollen ausgebaut werden.
8. Ziel: Bildungseinrichtungen als Kompetenzzentren für berufliche Weiterbildung strategisch weiterentwickeln
Berufliche, akademische und allgemeine Bildungseinrichtungen sollen weiterentwickelt und deren Angebote stärker aufeinander abgestimmt werden. Auch sollen die Netzwerke der Akteure ausgebaut werden. Dezentrale Weiterbildungsverbünde und regionale Kooperationen zwischen Unternehmen sollen vorangetrieben werden. Modellprojekte will das Arbeitsministerium finanziell unterstützen.
9. Ziel: Das Personal in der Weiterbildung stärken und für den digitalen Wandel qualifizieren
Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen des Weiterbildungspersonals sollen – in erster Linie bei öffentlich finanzierter beruflicher Weiterbildung – überprüft werden. Dazu zählt auch die verstärkte Fokussierung auf den Ausbau digitaler Kompetenzen beim Lehr- und Weiterbildnerpersonal. Die Ausbildereignungsverordnung könnte angepasst werden.
10. Ziel: Die strategische Vorausschau stärken und die Weiterbildungsstatistik optimieren
Hier sollen insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen mehr Informationsangebote erhalten. Unter anderem wird die Entwicklung eines Qualifikationsanalyse-Tools für sie geprüft. Weiterbildungsstatistiken sollen weiterverfolgt und ausgebaut werden.
Die nationale Weiterbildungsstrategie: Nächste Schritte
Ein halbjährlich tagendes Gremium soll die Umsetzungsaktivitäten koordinieren und vernetzen. Ein erstes Treffen ist für November 2019 anvisiert. Einzelne Handlungsziele sollen in „Themenlaboren“ vertieft bearbeitet werden. Bis 2021 soll ein gemeinsamer Bericht Auskunft über den Umsetzungsstand geben. Die OECD soll dies fachlich begleiten.
Das PDF der nationalen Weiterbildungsstrategie können Sie hier herunterladen.
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