Entscheidungsstichwort (Thema)
Erziehungsgeldrecht. Elterngeldrecht
Leitsatz (amtlich)
1. Die Verschiebung des Elterngeldbemessungszeitraums gem. § 2b Abs 1 S 2 Nr 3 BEEG setzt die Kausalität zwischen einer Schwangerschaft und einer Erkrankung sowie zwischen dieser Erkrankung und einer Einkommensminderung oder einem Einkommenswegfall voraus.
2. Erforderlich ist, dass die Schwangerschaft kausal für die Erkrankung im Sinne der Lehre von der wesentlichen Bedingung ist.
3. Eine Schwangerschaft kann grundsätzlich auch kausal für eine infolge eines Abortes eingetretene psychische Erkrankung sein. Für die konkrete Kausalitätsbeurteilung ist auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen.
4. § 2b Abs 1 S 2 Nr 3 BEEG n.F. setzt nicht (mehr) voraus, dass die Erkrankung während der Schwangerschaft mit dem Kind eingetreten ist, für das Elterngeld beantragt ist, oder dass die Erkrankung während einer Schwangerschaft eingetreten ist.
Tenor
I. Der Bescheid vom 30.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.12.2013 wird abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für den 1. bis 12. Lebensmonat ihres Kindes B. höheres Elterngeld unter Berücksichtigung eines Bemessungszeitraums von Juni 2012 bis Juli 2013 und unter Ausklammerung der Kalendermonate November und Dezember 2012 zu gewähren.
II. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Höhe des Elterngeldanspruchs der Klägerin.
Die 1982 geborene Klägerin ist als stellvertretende Restaurantleiterin bei M. in C. tätig. Im Jahr 2012 erlitt sie drei Fehlgeburten, und zwar im Februar, im April und im November. In der Zeit vom 08.10.2012 bis 20.10.2012 bzw. vom 15.10. bis 08.11.2012 war sie wegen Schwangerschaftsbeschwerden krankgeschrieben. Am 09.11.2012 erfolgte eine ambulante Gebärmutterausschabung im Klinikum C-Stadt. In der Zeit vom 08.11.2012 bis 18.11.2012 und vom 14.11.2012 bis 01.01.2013 war die Klägerin wegen den Folgen eines verhaltenen Abortes krankgeschrieben. In der Zeit vom 26.11.2012 bis 01.01.2013 bezog sie Entgeltersatzleistungen in der Form von Krankengeld. In den Karteieinträgen des behandelnden Hausarztes sind für 14.11.2012 die Diagnosen "psychischer Ausnahmezustand, reaktive Depression, Unruhezustand" vermerkt, für den 28.11.2012 "Depression, psychische Dekompensation, psychischer Ausnahmezustand, Dyspnoe, Weinkrampf, Insomnie", für den 11.12.2012 "reaktive Depression, psychische Dekompensation" und für den 27.12.2012 wieder "reaktive Depression".
Im Rahmen einer neuen Schwangerschaft erhielt die Klägerin Mutterschaftsgeld für die Zeit vom 04.08. bis 10.11.2013. Das Mutterschaftsgeld betrug für die Zeit vom 04.08.2013 bis 10.11.2013 13,00 € kalendertäglich und der Zuschuss des Arbeitgebers zum Mutterschaftsgeld 37,36 € kalendertäglich. Am xx.xx.2013 wurde die Klägerin von ihrem Sohn B. entbunden. Für diesen beantragte sie am 23.09.2013 beim beklagten Freistaat Elterngeld für den 1. - 12. Lebensmonat. Mit Bescheid vom 30.09.2013 bewilligte der Beklagte unter Vorbehalt des Widerrufs Elterngeld in Höhe von 828,14 € monatlich für den 1. - 12. Lebensmonat unter Anrechnung von Mutterschaftsgeld im 1. - 3. Lebensmonat des Kindes B.. Er legte seiner Berechnung einen Bemessungszeitraum von August 2012 bis Juli 2013 unter Einbeziehung der Monate mit Krankengeldbezug zugrunde. Hiergegen wand sich die Klägerin mit ihrem Widerspruch vom 04.10.2013, mit dem sie geltend machte, die Kalendermonate November und Dezember 2012, in denen sie nur ein Teilgehalt bzw. gar kein Einkommen erhalten habe, seien aus dem Bemessungszeitraum für Elterngeld auszuklammern.
Mit Bescheid vom 05.12.2013 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, die Voraussetzungen für einen Ausklammerungstatbestand nach § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) seien nicht erfüllt. Die Klägerin sei bereits vor der Fehlgeburt krankgeschrieben gewesen, weshalb insgesamt weder von einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung bei der aktuellen Schwangerschaft noch von einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung auszugehen sei, die maßgeblich auf die vorangegangene Schwangerschaft zurückzuführen sei.
Am 12.01.2014 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Bayreuth erhoben und ihr Begehr der Ausklammerung der Kalendermonate mit Krankengeldbezug weiterverfolgt.
Sie beantragt sinngemäß,
den Bescheid vom 30.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.12.2013 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr für den 1. - 12. Lebensmonat ihres Kindes B. höheres Elterngeld unter Berücksichtigung eines Bemessungszeitraums von Juni 2012 bis Juli 2013 und unter Ausklammerung der Kalendermonate November und Dezember 2012 zu gewähren
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat er sich auf das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 19.06.2013, Az. L 12 EG 86/11 berufen und vorgetragen, zur Erfüllung des Ausklammerungstatbestandes...