Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Anrechnung von Nebeneinkommen. punktuelle Abmeldung aus dem Leistungsbezug. Unwirksamkeit des Verzichts. Entzug des erzielten Einkommens
Orientierungssatz
1. Für eine punktuelle Abmeldung aus dem Leistungsbezug, die dazu dient, am Abmeldetag erarbeitetes Einkommen der Anrechnung zu entziehen, sieht das SGB 3 zwar keine ausdrückliche Regelung vor; daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass eine Abmeldung wegen Ausübung einer Erwerbstätigkeit - in der Regel ein "wichtiger Grund" iS von § 128 Abs 1 Nr 7 SGB 3 aF - sanktionslos zulässig ist.
2. Die Anrechnung von Nebeneinkommen auf das Arbeitslosengeld ist immer dann zulässig, wenn die (für einen Samstag) vorgenommene Abmeldung allein zu dem Zweck erfolgte, das erzielte Einkommen der Anrechnung als Nebeneinkommen zu entziehen (Umgehung von Rechtsvorschriften iS von § 46 Abs 2 SGB 1).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Anrechnung von Nebeneinkommen.
Die Klägerin bezieht auf eine Arbeitslosmeldung zum 16.9.2011 Arbeitslosengeld (Alg). Sie hatte bereits bei der Arbeitslosmeldung darauf hingewiesen, dass sie ab Oktober 2011 einer gelegentlichen, eintägigen Tätigkeit als Dozentin (Vortragstätigkeit gegen Honorar) nachgehen werde.
Zur Ausübung dieser Tätigkeit meldet sich die Klägerin jeweils für einen Tag aus dem Leistungsbezug ab. Ausweislich der Verbis-Vermerke in der Leistungsakte akzeptierte die Beklagte die eintägigen Abmeldungen der Klägerin, die nach Angaben der Klägerin zum Teil auch aus persönlichen, nicht näher erläuterten, Gründen erfolgten.
Anlässlich einer Abmeldung wegen eines Vortrags am Samstag, den 25.2.2012, übersandte die Beklagte der Klägerin einen Erklärungsbogen zu selbständiger Tätigkeit und rechnete nach Rückgang dieses Bogens die am 25.2.2012 als Honorar für einen dreistündigen Vortrag gezahlten 600 € (nach Abzug einer 30%-Pauschale für Aufwendungen sowie des Freibetrags von 165 €) auf das im Februar gewährte Alg als Nebeneinkommen gemäß § 141 SGB III (Fassung bis 31.3.2012) an.
Gegen den Bescheid vom 16.3.2012 erhob die Klägerin Widerspruch, mit dem sie einwandte, die für sie zuständige Arbeitsvermittlerin habe die Auskunft erteilt, dass die Honorare aus den Vorträgen wegen der Abmeldungen aus dem Leistungsbezug kein Nebeneinkommen seien.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 2.4.2012 als unbegründet zurück; der Klägerin sei nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB X Nebeneinkommen zugeflossen, das nach Abzug der Werbungskosten und des Freibetrags auf das Alg angerechnet werden müsse (§ 330 SGB III).
Hiergegen richtet sich die am 26. April 2012 beim Sozialgericht Berlin erhobene Klage, mit der die Klägerin bekräftigt, von einer wirksamen Abmeldung aus dem Leistungsbezug ausgegangen zu sein. Dies sei eine zulässige Maßnahme, die eine Anrechnung der am Abmeldetag erzielten Entgelte zwingend ausschließe, weil sich § 141 SGB III a. F. nur auf Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit beziehe, die der Arbeitslose “während einer Zeit, für die ihm Arbeitslosengeld zusteht„, erarbeitet habe.
Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 16.3.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2.4.2012 aufzuheben.
Die Beklagtenvertreterin beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht geltend, dass die Abmeldung zu dem Zweck, das Einkommen der Anrechnung auf das Alg zu entziehen, nach § 46 SGB I unwirksam gewesen sei.
Ergänzend wird zum übrigen Sach- und Streitstand auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die beigezogene Leistungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Zu Recht hat die Beklagte das Honorar als Nebeneinkommen gemäß § 141 SGB III a. F. auf das Alg angerechnet.
Grundsätzlich hat ein Arbeitsloser das Recht, sich ohne weitere Begründung aus dem Leistungsbezug abzumelden. Das gilt selbst dann, wenn er mit der punktuellen Abmeldung bezweckt, sich hierdurch Vermittlungsbemühungen der Arbeitsagentur sowie dem bei Nichtwahrnehmung eines Arbeitsangebots drohenden Risiko des Eintritts einer Sperrzeit zu entziehen. Er hat dann “nur„ eine Minderung seines Anspruchs nach § 128 Abs. 1 Nr. 7 SGB III a. F. hinzunehmen (s. dazu LSG NRW vom 23.8.2010 - L 19 AL 136/10).
Für eine punktuelle Abmeldung aus dem Leistungsbezug, die dazu dient, am Abmeldetag erarbeitetes Einkommen der Anrechnung zu entziehen, sieht das SGB III keine ausdrückliche Regelung vor. Daraus kann nach Ansicht der Kammer nicht geschlossen werden, dass eine Abmeldung wegen Ausübung einer Erwerbstätigkeit - in der Regel ein “wichtiger Grund„ i. S. von § 128 Abs. 1 Nr. 7 SGB III a. F.- sanktionslos zulässig ist.
Dem steht die Regelung des § 46 Abs. 2 SGB I entgegen, die auf Fallgestaltungen der vorliegenden Art gemäß § 37 Satz 1 SGB I anwendbar ist. Denn jedenfalls für die hier für einen Samstag vorgenommene Abmeldung steht außer Zweifel, dass sie allein zu dem Zweck er...