Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Abzug eines Heiz- und Betriebskostenguthabens von den Unterkunftskosten auch bei Verbraucherinsolvenz

 

Orientierungssatz

1. Ein Betriebskostenguthaben reduziert die durch den Grundsicherungsträger zu erbringenden Kosten für Unterkunft und Heizung, und zwar unabhängig davon, ob der Hilfebedürftige die Rückzahlung tatsächlich erhält.

2. Die Anspruchsgrundlagen für die Höhe des Arbeitslosengeldes II ergeben sich unabhängig von den Regelungen der InsO allein aus dem SGB 2, denn angesichts des klaren Regelungsinhalts des § 22 Abs 1 S 4 SGB 2 muss die Reduzierung der von der öffentlichen Hand gezahlten Sozialleistungen einer Pfändung durch Insolvenzgläubiger vorgehen; eine Auslegung unter Berücksichtigung des § 35 InsO ist weder möglich und erforderlich.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anrechnung eines Heiz- und Betriebskostenguthabens bei Verbraucherinsolvenz des Klägers.

Der am 30. September 1961 geborene Kläger steht beim Beklagten seit Anfang 2005 im Leistungsbezug nach dem SGB II. Für die von ihm bewohnte Wohnung, für die eine zentrale Warmwasserbereitung erfolgt, zahlte er im Jahr 2005 folgende monatliche Mietkosten (in Klammern die Jahreswerte): Grundmiete 206,02 €, Vorschuss für kalte Betriebskosten 87,29 € (1.047,48 €), Vorschuss Heizung/Warmwasser 25,43 € (305,16 €). Mit Beschluss des Amtsgerichts Lichtenberg vom 27. Oktober 2006 wurde über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2006 rechnete die Vermieterin des Klägers über die Betriebskosten des Jahres 2005 ab. Es ergab sich ein Guthaben in Höhe von 181,93 €, das sich aus einem Überschuss für kalte Betriebskosten von 120,08 € und für Heizung/Warmwasser von 61,85 € zusammensetzte. Eine weitere Aufschlüsselung des Guthabens zwischen Heizung und Warmwasser erfolgte nicht. Die 2005 für Warmwasser tatsächlich angefallenen Kosten betrugen 76,47 €, die für die Beheizung 166,84 €, insgesamt 243,31 €. Die Vermieterin teilte dem Kläger zugleich mit, dass der zu erstattende Betrag von 181,93 € mit der Miete für Februar 2007 verrechnet werde, so dass für diesen Monat eine Bruttowarmmiete von nur 231,37 € zu zahlen sei. Am 25. Januar 2007 überwies der Kläger das Betriebskostenguthaben in Höhe von 181,93 € auf das Konto der im Rahmen des Insolvenzverfahrens bestellten Treuhänderin.

Mit Bescheid vom 16. Januar 2007 bewilligte der Beklagte für Februar 2007 Arbeitslosengeld (Alg) II in Höhe von 567,37 €, davon 345,- € Regelleistung und 222,37 € Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU). Am 2. Februar 2007 legte der Kläger gegen den Leistungsbescheid Widerspruch ein und verlangte für Februar 2007 die Auszahlung seiner vollen Mietkosten. Er habe keinen Anspruch auf das erstattete Guthaben, weil er es nicht zur eigenen Verfügung erhalten habe. Die Anrechnung des Guthabens auf die KdU sei rechtswidrig. Mit Bescheid vom 11. April 2007 änderte der Beklagten seinen Bewilligungsbescheid vom 16. Januar 2007 ab, wobei für den Monat Februar keine Änderungen vorgenommen wurden. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 2007 half der Beklagte dem Widerspruch insoweit ab, als eine Warmwasserpauschale von nur 6,53 € monatlich in Abzug zu bringen sei, so dass sich die zu bewilligenden KdU für Februar 2007 auf 224,84 € beliefen. Im übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Vermieterin habe bestätigt, dass eine Ausschüttung oder sonstige Übertragungen des Guthabens auf ein Treuhandkonto nicht erfolgt sei. Es sei zur angekündigten Verrechnung des Betriebskostenguthabens mit der Februarmiete 2007 gekommen. Betriebskostenrückzahlungen minderten die durch den Leistungsträger zu erbringenden Aufwendungen der Kosten für Unterkunft und Heizung. Der Kläger habe im Februar 2007 tatsächlich nur KdU in Höhe von 231,37 € geleistet. Dieser Betrag sei durch den Leistungsträger bei der Berechnung der KdU anzusetzen. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ändere daran nichts.

Mit seiner am 26. Mai 2007 erhobenen Klage begehrt der Kläger die Übernahme der vollen Mietkosten. Zur Begründung führt er im wesentlichen aus: Das Betriebskostenguthaben sei als Insolvenzmasse im Sinne des § 35 InsO zu klassifizieren. Es handele sich um Vermögen, dass er während des eröffneten Insolvenzverfahrens erlangt habe. Der Widerspruchsbescheid gehe von einer falschen Sachlage aus, weil das Betriebskostenguthaben auf das Treuhandkonto eingezahlt worden sei. Die Regelungen der InsO müssten bei der Auslegung und Anwendung des SGB II Anwendung finden. So verträten auch die Insolvenzgerichte, hier insbesondere das Amtsgericht Lichtenberg, die Auffassung, dass das Guthaben der Insolvenzmasse zuzuordnen sei. Um das Insolvenzverfahren nicht zu gefährden, sei er gezwungen gewesen, das Guthaben auf das Treuhandkonto einzuzahlen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Beklagte dem Kläger für Februar 2007 weitere KdU in Höhe von 19,17 € bewilligt. Die Beteiligte...

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