Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsförderung. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Kraftfahrzeughilfe. Übernahme der Kosten für die Beschaffung eines Kraftfahrzeugs. Zusatzausstattung. Zumutbarkeit der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Selbstwertgefühl. Sozialstatus. Behinderungskausalität. Antragstellung nach Erwerb des Kraftfahrzeugs
Leitsatz (amtlich)
Soziale Vorteile eines jungen Erwachsenen durch das Auto, welche den Kläger genauso wie jeden nichtbehinderten Menschen gereichen, sind ohne Belang.
Orientierungssatz
Bei der Entscheidung, ob der Antrag auf Beschaffungskosten für das Kraftfahrzeug gem § 10 S 1 KfzHV vor Abschluss des Kaufvertrags gestellt wurde, kann nicht auf einen Antrag abgestellt werden, der bereits abschließend beschieden war und sich nur auf Umbaukosten zu einem anderen Fahrzeugmodell bezog.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Gegenstand des Verfahrens ist die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form der Gewährung von Leistungen zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs einschließlich behinderungsbedingt erforderlicher Zusatzausstattung.
Der am XX.XX.1995 geborene Kläger befindet sich seit 04.11.2013 in Ausbildung bei XXX in Z.. Der Kläger leidet - infolge eines Hirninfarkts nach Herztransplantation - an Hemiparese rechts sowie leichtgradig einseitigen motorischen Problemen in Arm und Bein rechts.
Bereits mit Antrag vom 02.04.2013 begehrte er die Gewährung von Leistungen zur Kraftfahrzeughilfe für die Beschaffung eines Kraftfahrzeugs, welchen die Beklagte mit der Begründung ablehnte, der Kläger sei zum Erreichen des (damaligen) Ausbildungsplatzes in P. nicht auf ein Kfz angewiesen (Bescheid vom 26.04.2013). Dem Antrag war ein kraftfahrtechnisches Eignungsgutachten vom 11.03.2013 beigefügt, nach welchem der Kläger grundsätzlich, mit Auflagen/Beschränkungen, zum Führen eines Kraftfahrzeugs geeignet sei.
Der Facharzt für Neurologie, Kinderheilkunde und Jugendmedizin Dr. N. erklärte mit Schreiben vom 25.05.2013, das beim Kläger vorhandene Handicap bedinge eine eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit öffentlicher Verkehrsmittel, eine grundsätzliche derartige Beförderung sei hingegen nicht ausgeschlossen.
Mit Schreiben vom 04.07.2013 erklärte die Stadt P. die Kostenübernahme für den Umbau eines Kfz (auf Antrag des Klägers vom 22.05.2013).
Am 18.10.2013 bestellte der Kläger verbindlich einen Seat Ibiza-Gebrauchtwagen (Erstzulassung 16.04.2010, Kilometerstand 26.400, Leistung 110 kW) bei der Firma A.-C..
Laut Gutachten des Amtsarztes Dr. S. vom 28.10.2013, sei die Nutzungsmöglichkeit öffentlicher Verkehrsmittel noch gegeben. Jedoch sei der Kläger dabei nicht in der Lage, sich im Stehen mit beiden Händen zu halten, falls eine Notbremse erfolgen würde und somit auf einen Sitzplatz angewiesen. Längere Gehstrecken im Sinne einer Wegefähigkeit seien möglich. Der Kläger sei in der Lage, viermal 500 m täglich bei entsprechenden Pausen zurückzulegen. Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln seien noch zumutbar.
Am 11.11.2013 stellte der Kläger formal einen neuen Antrag zur Gewährung von Leistungen zur Kraftfahrzeughilfe. Nach dem Antrag beabsichtigte er, einen Seat Ibiza-Gebrauchtwagen, Baujahr 2010, Kilometerstand 26.400 für einen Preis von 11.390 € zu erwerben.
Mit Schreiben vom 19.11.2013 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dem Kläger seien nach dem ärztlichen Gutachten vom 28.10.2013 Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zumutbar und er sei nicht infolge seiner Behinderung auf die Benutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen.
Hiergegen legte der Kläger fristgerecht Widerspruch ein. Zur Begründung trug er ergänzend vor, er könne die rechte Hand nicht willkürlich öffnen und schließen. Ebenso bestünde eine erhöhte Unfallgefahr, z. B. durch plötzliches Bremsen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, der Kläger sei zwar bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel auf die Inanspruchnahme eines Sitzplatzes angewiesen. Aufgrund der anerkannten Schwerbehinderung bestehe jedoch auch ein Anspruch auf Inanspruchnahme eines Sitzplatzes, der durch Mitreisende ggfs. freizumachen sei.
Hiergegen richtet sich die am 20.12.2013 bei Gericht eingegangene Klage. Der Kläger wiederholt im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Vorverfahren. Ergänzend führte er aus, aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen sei das Benutzen von öffentlichen Verkehrsmitteln nicht geeignet, ihm eine dauerhafte und gerechte, seinem Selbstwertgefühl zugutekommende und seinen Sozialstatus verbessernde Teilhabe am Arbeitsleben zu gewährleisten.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 19.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.11.2013 zu verurteilen, ihm Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form der Gewährung von Leistungen zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs einschließlich behinderungsbedingt erforderlicher Zusatzausstattung zu g...