Entscheidungsstichwort (Thema)
Ruhen des Arbeitslosengeldes. Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe. Aufhebungsvertrag. wichtiger Grund. drohende rechtswidrige verhaltensbedingte Arbeitgeberkündigung. drohende rechtmäßige außerordentliche Arbeitgeberkündigung. Diebstahl von Eigentum des Arbeitgebers
Leitsatz (amtlich)
Ein wichtiger Grund gem § 159 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB III kann darin liegen, wenn der Arbeitgeber mit einer rechtswidrigen verhaltensbedingten Kündigung droht.
Orientierungssatz
Ein wichtiger Grund gem § 159 Abs 1 S 1 iVm § 159 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB 3 für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag liegt nicht vor, wenn der Arbeitgeber mit einer rechtmäßigen fristlosen Kündigung gem § 626 Abs 1 BGB wegen Diebstahls droht.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtsmäßigkeit der Verhängung einer Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe im Streit.
Der am ...1968 geborene Kläger war seit 01.03.2003 als Installateur bei der Firma ... (Arbeitgeber) beschäftigt.
Am 23.12.2013 nahm der Kläger aus dem Lager seines Arbeitgebers ein Etui mit einem Messerset mit. Die Mutter des Arbeitgebers hatte das Messerset zum Preis von mehr als 600,- € erworben. Zuvor hatte der Arbeitgeber dem Kläger die Entnahme eines Kochtopfsets als Weihnachtsgeschenk für seine Ehefrau erlaubt. Angesprochen auf ein ebenfalls im Lager befindliches Messerset hatte der Arbeitgeber dem Kläger erklärt, dieses habe im Lager zu verbleiben.
Am 09.01.2014 unterschrieben der Kläger und der Arbeitgeber ein als Aufhebungsvertrag bezeichnetes Schriftstück.
Der Kläger meldete sich am 13.01.2014 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Im Rahmen der Antragstellung gab er an, er werde mit Androhung einer Anzeige wegen angeblichen Diebstahls dazu gezwungen, einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben.
Am 16.01.2016 erklärte der Kläger die Anfechtung des Aufhebungsvertrages wegen widerrechtlicher Drohung.
Ausweislich der Arbeitsbescheinigung vom 21.01.2014 sei das Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag zum 09.01. gekündigt worden. Der Arbeitgeber hätte das Arbeitsverhältnis wegen vertragswidrigen Verhaltens ebenfalls zum 09.01.2014 gekündigt.
Mit Urteil vom 18.06.2014 (Az. 6 Ca 22/14) wies das Arbeitsgericht Karlsruhe die Klage des Klägers gegen dem Arbeitgeber als unbegründet zurück. Das Arbeitsverhältnis sei wahlweise durch den Aufhebungsvertrag vom 09.01.2014 beendet oder sei bereits aufgrund einer außerordentlichen Kündigung vom 09.01.2014 beendet worden. Der Aufhebungsvertrag sei nicht infolge einer Anfechtung des Klägers nichtig geworden. Eine widerrechtliche Drohung liege nicht vor. Ein vernünftiger Arbeitgeber habe wegen der Mitnahme des Messersets aus dem Lager des Arbeitgebers ohne Berechtigung sowohl eine Strafanzeige wegen Diebstahls als auch eine außerordentliche Kündigung in Betracht ziehen dürfen. Eine Versäumung der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht nachgewiesen.
Mit Bescheid vom 24.07.2014 stellte die Beklagte fest, vom 10.01.2014 bis 03.04.2014 sei eine Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe eingetreten. Während dieser Zeit ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Durch Abschluss des Aufhebungsvertrages habe der Kläger sein Beschäftigungsverhältnis bei seinem Arbeitgeber selbst gelöst. Ein wichtiger Grund dafür sei nicht zu erkennen. Auch nach Ablauf der Sperrzeit würden keine Leistungen gezahlt, da der Kläger am 03.03.2014 Arbeit aufgenommen habe.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch.
Am 30.04.2015 schlossen der Kläger und der Arbeitgeber vor dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Az. 16 Sa 31/14) einen Vergleich, wonach sich die Parteien darüber einig seien, das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis habe auf arbeitgeberseitige Veranlassung einvernehmlich mit Ablauf des 09.01.2014 geendet. Der Arbeitgeber zahle an den Kläger für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von 3.000,- € brutto.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.2016 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe als unbegründet zurück. Der Widerspruchsführer habe das Beschäftigungsverhältnis bei dem Arbeitgeber durch seine Zustimmung zum Aufhebungsvertrag einvernehmlich am 09.01.2014 gelöst. Dies bestätige auch der Ausgang des arbeitsgerichtlichen Klageverfahrens.
Mit der hiergegen zum Sozialgericht Karlsruhe am 29.02.2016 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, er sei seinerzeit vom Arbeitgeber unter Druck gesetzt worden. Ihm sei keine andere Möglichkeit verblieben, als den Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen. Nachdem das Verhältnis zwischen den Parteien so zerrüttet gewesen sei und sich mittlerweile eine anderweitige Lösung seiner beruflichen Situation gefunden habe, habe er am 30.04.2015 einen Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht geschlossen. Es habe keinen Aufhebungsvertrag im Rechtssinne gegeben. Darüber hinaus habe er den Vertrag mit Schreiben vom 16...