Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen durch den Rentenversicherungsträger

 

Orientierungssatz

1. Zur Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers für Entscheidungen nach § 850f Abs 1 Buchst a ZPO (vgl BSG vom 23.5.1995 - 13 RJ 43/93 = SozR 3-1200 § 53 Nr 7 und vom 9.4.1987 - 5b RJ 4/86 = BSGE 61, 274 = SozR 1200 § 53 Nr 7).

2. Zwar steht die Entscheidung analog § 850f Abs 1 Buchst a ZPO im Ermessen des Rentenversicherungsträgers, bei Sozialhilfebezug eines Versicherten, der den pfändbaren Teil seines Einkommens abgetreten hat, ist jedoch von einer Reduzierung des Ermessens des Rentenversicherungsträgers auf Null auszugehen und die Pfändungsfreigrenze auf den Sozialhilfebedarf der Versicherten anzuheben.

 

Tenor

1. Der Bescheid vom 24. März 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2010 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin für den Zeitraum vom 1. April 2009 bis zum 30. Juli 2009 monatlich weitere 73,40 € sowie für den Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis zum 31. Oktober 2010 monatlich weitere 94,40 € zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte hat der Klägerin 2/3 ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Abführung eines monatlichen Teilbetrages ihrer Rente durch die Beklagte an die Beigeladene zu 1).

Die XX geborene Klägerin bezieht von der Beklagten eine Rente aus eigener Versicherung sowie eine Hinterbliebenenrente nach ihrem verstorbenen Ehemann. Mit Schreiben vom 28. März 2007 wandte sich die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1), die XX, an die Beklagte und teilte mit, dass ihr gegenüber der Klägerin eine Gesamtforderung in Höhe von insgesamt 20.268,97 € zustehe. Die Klägerin habe ihre Ansprüche gegenüber der Beklagten mit Erklärung vom 20. Dezember 2004 an sie abgetreten. Mit der Abtretung seien die jeweils fälligen, pfändbaren Leistungen auf sie übergegangen. Es werde gebeten, ab sofort die fällig werdenden pfändbaren Beträge an sie zu überweisen. Die Abtretung sei solange zu beachten, bis eine Erledigung mitgeteilt werde. Dem Schreiben war eine Kopie der Abtretungserklärung vom 20. Dezember 2004 beigefügt.

Die Beklagte bestätigte den Eingang des Schreibens mit Schreiben vom 17. April 2007. Sie teilte mit, dass aus technischen Gründen die Zahlung in Höhe von monatlich 66,40 € erst ab dem 1. Juni 2007 erfolgen könne. Nachzahlungsbeträge aus der Rente stünden nicht zur Verfügung. Die Klägerin habe eine Zweitschrift dieser Mitteilung erhalten. Einmalig im Juni 2007 führte die Beklagte sodann den Betrag von 66,40 € von der Hinterbliebenenrente der Klägerin ab. Ab dem 1. Juli 2007 erhöhte sich der Betrag auf 73,40 €. Mit Schreiben vom 18. Mai 2005 wandte sich die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) erneut an die Beklagte und teilte mit, dass gegenüber der Klägerin eine Gesamtforderung in Höhe von 20.828,77 bestehe. Unter Verweis auf eine Abtretungserklärung vom 18. September 2000 werde die Beklagte aufgefordert, die jeweils fälligen pfändbaren Leistungen an sie auszuzahlen. Dem Schreiben war eine Kopie der Erklärung vom 18. September 2000 beigefügt. Ausweislich eines entsprechenden Telefonvermerks der Beklagten vom 7. Juni 2007 mit der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) handele es sich um eine Forderung bzw. einen Vertrag, gleichwohl wurde um Eingangsbestätigung des Schreibens vom 18. Mai 2007 gebeten. Dem kam die Beklagte mit Schreiben vom 7. Juni 2007 nach. Sie teilte hierzu mit, dass das Schreiben vom 18. Mai 2007 am 4. Juni 2007 bei ihr eingegangen sei und die Abtretungserklärung bereits berücksichtigt werde.

Seit Anfang Dezember 2008 befindet sich die Klägerin in einem Seniorenwohnheim und erhält von der Beigeladenen zu 2) Hilfe zur Pflege in Höhe von monatlich 711,11 €. Die Beigeladene zu 2) legt bei der Bedarfsberechnung der Klägerin die Renten ohne die Abtrennbeträge zugunsten der Beigeladenen zu 1) zugrunde.

Ausweislich eines Telefonvermerkes vom 4. März 2009 wandte sich an diesem Tag die Tochter der Klägerin an die Beklagte und teilte hierbei mit, dass ihre Mutter sich im Altenheim befinde. Der Kostenträger (die Beigeladene zu 2) bitte um Übersendung einer Bestätigung über die Abtrennung von Teilbeträgen der Rente wegen der zu berücksichtigenden Pfändung für den Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2008. Mit Schreiben vom gleichen Tag teilte die Beklagte der Beigeladenen zu 2) daraufhin mit, dass wunschgemäß die angeforderte Bescheinigung über die Rentenhöhe übersandt werde und von dem monatlichen Rentenbetrag ab dem 1. Juli 2008 aufgrund einer Pfändung 73,40 € monatlich abgetrennt würden.

Am 5. März 2009 fand ein persönliches Gespräch zwischen der Tochter der Klägerin sowie einem Mitarbeiter der Beklagten statt. Dem entsprechenden Gesprächsvermerk der Beklagten lässt sich entnehmen, dass die Tochter der Klägerin mitgeteilt habe, dass laut Angabe der Beigeladenen zu 2) die Pfändungsfreigrenze neu festgestellt werden müsse, da die Klägerin seit d...

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