Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. freiwilliges Mitglied mit Anspruch auf Krankengeld. Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Pflichtversicherungstatbestand des § 5 Abs 1 Nr 2 SGB 5. Ausschluss des Krankengeldanspruchs bei zeitgleichem Aufeinandertreffen einer Sperrzeit (§ 159 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB 3) mit einem Ruhenstatbestand wegen Abfindung (§ 158 Abs 1 S 1 SGB 3). Rechtmäßigkeit des § 44 Abs 2 SGB 5
Orientierungssatz
1. Die erkennende Kammer ist nicht der Auffassung, dass § 44 Abs 2 SGB 5 verfassungswidrig ist. Der Gesetzgeber hat eine weitreichende Einschätzungsprärogative und kann für Familienversicherte typologisch einen Anspruch auf Krankengeld ausschließen, auch wenn hierdurch - wie in dieser Konstellation - keine umfassende Einzelfallgerechtigkeit erwirkt wird.
2. Eine Abfindung hat wie Krankengeld auch Entgeltersatzfunktion, so dass es gerechtfertigt erscheint, die Begründung eines Pflichtversicherungstatbestands (hier: § 5 Abs 1 Nr 2 SGB 5), der einen Krankengeldanspruch zur Folge hat, bei zeitgleichem Aufeinandertreffen einer Sperrzeit iSd § 159 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB 3 mit einem Ruhenstatbestand wegen Abfindung (§ 158 Abs 1 S 1 SGB 3) auszuschließen.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist der Bezug von Krankengeld für den Zeitraum vom 01.02.2019 bis zum 01.03.2019.
Der im Jahre 1960 geborene Kläger stand bis zum 31.12.2018 in einem Beschäftigungsverhältnis bei der E-GmbH. Es wurde am 15.11.2018 durch Aufhebungsvertrag beendet. Bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses war der Kläger freiwilliges Mitglied der Beklagten mit Anspruch auf Krankengeld.
Der Kläger erlitt am 12.01.2019 einen Leitersturz. Ab dem 14.01.2019 bis zum 01.03.2019 wurde sodann Arbeitsunfähigkeit vom Hausarzt festgestellt.
Der Kläger beantragte nach einer Entscheidung der Beigeladenen vom 07.03.2019, mit der die Auszahlung von Arbeitslosengeld für den streitgegenständlichen Zeitraum abgelehnt wurde, bei der Beklagten die Auszahlung von Krankengeld.
Mit Bescheid vom 05.04.2019 wurde dies seitens der Beklagten verweigert. Würde der Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen einer Entlassungsentschädigung nach § 158 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) ruhen, so entstehe kein Krankengeldanspruch in Ermangelung einer Versicherungspflicht in der Krankenversicherung.
Mit Widerspruch vom 18.04.2019 führte der Kläger aus, dass für den Zeitraum vom 01.01.2019 bis zum 28.01.2019 eine Sperrzeit verhängt worden sei. Anschließend habe der Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zum 31.01.2019 geruht. Für den Zeitraum vom 01.02.2019 bis zum 01.03.2019 müsse die Zahlung von Arbeitslosengeld seitens der Beklagten geleistet werden (Verweis auf § 146 SGB III). Ab dem 04.03.2019 habe die Arbeitsagentur nach Neuanmeldung das Arbeitslosengeld weitergezahlt. Durch die Abmeldung aufgrund des häuslichen Unfalls (Leitersturz) sei die Erstattungspflicht für den streitigen Zeitraum auf die Krankenkasse übergegangen.
Die Beklagte nahm sodann Kontakt mit der Beigeladenen auf. Sie bemängelte konkret, dass der Kläger ab dem 01.02.2019 keine Leistungen der Beigeladenen erhalten habe. Nach dem Ende des Ruhens des Anspruchs auf Arbeitslosengeldes hätte der Anspruch ab dem 01.02.2019 nach Auffassung der Beklagten wiederaufleben müssen. Gegebenenfalls sei ein Krankengeldanspruch ab dem 25.02.2019 zu prüfen. Die Beigeladene entgegnete am 28.06.2019, dass der Kläger für den Zeitraum vom 01.01.2019 bis zum 21.01.2019 wegen Arbeitsaufgabe eine Sperrzeit und ab dem 22.01.2019 bis zum 28.01.2019 eine Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitssuchendenmeldung gehabt habe. Zugleich sei wegen einer Entlassungsentschädigung ein Ruhenszeittatbestand bis zum 31.01.2019 erfüllt gewesen. Der Kläger sei während der Sperrzeit/Ruhenszeit arbeitsunfähig erkrankt, sodass das Arbeitslosengeld aufgrund der Arbeitsunfähigkeitszeiten direkt nach Ende der Ruhenszeit beendet worden sei. Die Beigeladene sehe keine Veranlassung, den Zeitraum vom 01.02.2019 bis zum 24.02.2019 zu prüfen, da es sich hierbei um eine Anmeldung nach Ruhen ohne Leistungsbezug handeln würde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2019 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Ein anspruchsbegründendes Mitgliedschaftsverhältnis habe am 14.01.2019 nicht vorgelegen. Der Kläger habe im Januar 2019 wegen Sperrzeiten respektive wegen des Ruhenszeitraums keine Leistungen der Beigeladenen bezogen. Daher sei er im Januar 2019 über die Ehefrau ohne Anspruch auf Krankengeld familienversichert gewesen. Da bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 14.01.2019 eine Familienversicherung vorgelegen habe, sei während der gesamten Zeit der Arbeitsunfähigkeit die Gewährung von Krankengeld ausgeschlossen (Verweis auf § 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V).
Hiergegen richtet sich die Klage zum Sozialgericht München vom 16.09.2019. Während der Sperrzeit ruhe der Anspruch auf Krankengeld. Ist die Sperrzeit wie hier kürzer als sechs Wochen, trete kein Anspruch auf Leist...