0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) v. 14.11.2003 (BGBl I S. 2190) mit Wirkung zum 1.1.2004 in das SGB V eingefügt worden. Eine Vorgängervorschrift existiert nicht. Die Norm regelte die Bildung einer Arbeitsgemeinschaft für Aufgaben der Datentransparenz.
Rz. 2
Art. 256 Nr. 1 der Neunten Zuständigkeitsanpassungsverordnung v. 31.10.2006 (BGBl I S. 2407) hat die Norm mit Wirkung zum 8.11.2006 in Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2 an die Bezeichnung des zuständigen Ministeriums der Umorganisation der Bundesregierung in der 16. Legislaturperiode angepasst.
Rz. 3
Das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) v. 26.3.2007 hat die Vorschrift mit Wirkung zum 1.7.2008 an die neue Organisationsstruktur der Verbände der Krankenkassen angepasst.
Rz. 4
Das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz – GKV-VStG) v. 22.12.2011 (BGBl. I S. 2983) hat die Vorschrift mit Wirkung zum 1.1.2012 vollständig neu gestaltet. Geregelt werden die Aufgaben der Datentransparenz öffentlicher Stellen.
Rz. 5
Das Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation (Digitale-Versorgung-Gesetz – DVG) v. 9.12.2019 (BGBl. I S. 2562) hat mit Wirkung zum 19.12.2019 Abs. 1 bis 3 geändert und Abs. 4 angefügt. Die bisherige Datenaufbereitungsstelle wird zu einem Forschungsdatenzentrum weiterentwickelt und die Rolle des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) als Datensammelstelle ausdrücklich geregelt (Abs. 1). Die bisherigen § 303c Abs. 4, § 303d Abs. 2 werden zusammengeführt (Abs. 2). Die Verordnungsermächtigung in Satz 2 wird gestrichen (Abs. 3). Die Ermächtigungsgrundlage für die Datentransparenzverordnung wird aufgrund bisheriger Erfahrungen konkretisiert und erweitert (Abs. 4).
Rz. 5a
Art. 3 Nr. 13 des Gesetzes zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten (Gesundheitsdatennutzungsgesetz – GDNG) v. 22.3.2024 (BGBl. I Nr. 102) hat mit Wirkung zum 26.3.2024 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 und Abs. 4 geändert.
Abs. 2 Satz 2
Der Verweis darauf, dass die Vertrauensstelle und das Forschungsdatenzentrum Gesundheit dem Sozialgeheimnis unterliegen, wird gestrichen.
Abs. 3
Es wird ergänzt, dass die Pflegekassen nach Zahl ihrer Mitglieder die jeweiligen Kosten tragen, da die Daten der Pflegekassen im Forschungsdatenzentrum zukünftig bereitgestellt werden.
Abs. 4 Nr. 1
Der Verweis auf die Regelung von Fristen der Datenübermittlung in einer Rechtsverordnung wird gestrichen, da die Fristen im Gesetz geregelt werden.
Abs. 4 Nr. 4
Die Reihenfolge der Bearbeitung von Anträgen nach Dringlichkeit kann in der Rechtsverordnung geregelt werden.
Abs. 4 Nr. 5
Die Regelung wird infolge des geänderten § 303d Abs. 3 aufgehoben.
1 Allgemeines
Rz. 6
Die Vorschrift zielt darauf ab, durch eine nachhaltig verbesserte Datengrundlage für die Entscheidungsprozesse (z. B. Nutzen- und Kostenanalyse) und für die Versorgungsforschung (z. B. Längsschnittanalysen zum Versorgungsgeschehen über längere Zeiträume bezüglich bestimmter Fragestellungen) einen effizienten Ressourceneinsatz im System der gesetzlichen Krankenversicherung zu ermöglichen (BT-Drs. 17/6906 S. 98). Es werden öffentliche Stellen und der GKV-Spitzenverband bestimmt, um die Aufgaben der Datentransparenz wahrzunehmen. Die Zuständigkeiten werden durch eine Rechtsverordnung bestimmt.
Rz. 6a
§§ 303a ff. etablieren ein neues Datentransparenzverfahren, in dem die in § 303b Abs. 1 Satz 1 genannten Daten der gesetzlich Versicherten (u. a. Alter, Geschlecht, Wohnort und bestimmte Gesundheitsdaten) an den GKV-Spitzenverband als Datensammelstelle übermittelt und von diesem anschließend an ein Forschungsdatenzentrum weitergegeben werden. Dieser Vorgang wird von einem Pseudonymisierungsverfahren begleitet, das maßgeblich durch eine Vertrauensstelle durchgeführt wird. Dabei soll gewährleistet sein, dass die Pseudonyme kassenübergreifend eindeutig einem bestimmten Versicherten zugeordnet werden können, um basierend auf diesen Zuordnungen beispielsweise medizinische Langzeitstudien oder Längsschnittanalysen durchführen zu können. Zu Fragen der Verfassungsmäßigkeit vgl. § 68a Rz. 8b.
Rz. 6b
Die Neuregelungen zur Nutzung von Daten gesetzlich Krankenversicherter in pseudonymisierter oder anonymisierter Form im Hinblick auf digitale Innovationen und für weitere Zwecke, u. a. zur medizinischen Forschung, bleiben vorläufig in Kraft (BVerfG, Ablehnung einstweilige Anordnung v. 19.3.2020, 1 BvQ 1/20). Eine in der Hauptsache ggf. noch zu erhebende Verfassungsbeschwerde gegen §§ 68a Abs. 5, 303a bis 303f wäre insbesondere nicht offensichtlich unbegründet.
2 Rechtspraxis
2.1 Aufgaben der Datentransparenz (Abs. 1)
Rz. 7
Die Aufgaben der Datentransparenz werden
- von öffentlichen Stellen des Bundes als Vertrauensstelle (§ 303c) und als Forschungsdatenzentrum (§ 303d) sowie
- vom GKV-Spitzenverband als Datensammelstelle
wahrgenommen (Satz 1). Die Aufgaben der Vertra...