Rz. 16a
Anträge auf Datennutzung können oder müssen bei formellen oder materiellen Mängeln abgelehnt werden. In bestimmten Fällen sind sie zwingend und ohne Ermessensspielraum abzulehnen (Satz 1):
- Für die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder den Schutz personenbezogener Daten entsteht ein unangemessenes Risiko, das nicht durch Auflagen und weitere Maßnahmen ausreichend minimiert werden kann, wenn die beantragten Daten zugänglich sind.
- Es besteht ein begründeter Verdacht, die Daten könnten für einen anderen als in Abs. 2 genannten Zweck verarbeitet werden.
- Die Bearbeitung eines oder mehrerer Anträge des gleichen Nutzungsberechtigten bindet die Kapazitäten des Forschungsdatenzentrums unverhältnismäßig und gefährdet seine Arbeitsfähigkeit.
Rz. 16b
Trotz eines genehmigten Antrags unterliegen die zugänglich gemachten Daten (Abs. 3, 4) einem Nutzungsverbot aufgrund bestimmter Sachverhalte (Satz 2):
- Entscheidungen hinsichtlich des Abschlusses oder der Ausgestaltung eines Versicherungsvertrags mit Bezug auf eine natürliche Person oder eine Gruppe natürlicher Personen,
- Entscheidungen zum Nachteil einer natürlichen Person auf der Grundlage ihrer elektronischen Gesundheitsdaten,
- Entwicklung von Produkten oder Dienstleistungen, die Einzelpersonen oder der Gesellschaft insgesamt schaden können, insbesondere illegale Drogen, alkoholische Getränke und Tabakerzeugnisse,
- Nutzung der Daten für Marktforschung, Werbung und Vertriebstätigkeiten für Arzneimittel, Medizinprodukte und sonstige Produkte.
Die Aufzählung ist nicht abschließend. Weitere Nutzungsverbote können als Nebenbestimmung in die Genehmigung eines Antrags aufgenommen werden.
Rz. 16c
Die Nutzung der Daten des Forschungsdatenzentrums wird unterbunden, wenn sie dem Gemeinwohl zuwiderläuft (BT-Drs. 20/9046 S. 73 f.). Es wird eine Liste verbotener Zwecke ergänzt, zu denen keine Datennutzung möglich ist (etwa für Marktforschungs- oder Werbezwecke sowie für die Berechnung von Versicherungsprämien). Vergleichbar ist dies auch im Europäischen Gesundheitsdatenraum geplant. Mit der Fokussierung auf eine Zweckbindung der Datennutzung wird eine scharfe Abgrenzung von erlaubten und verbotenen Zwecken nötig. Zudem wird dem Forschungsdatenzentrum erlaubt, Anträge abzulehnen, wenn ein Risiko für die öffentliche Sicherheit und Ordnung besteht oder eine missbräuchliche Nutzung zu erwarten ist. Eine solche Schutzklausel wird mit der Öffnung des Kreises der Antragsberechtigten nötig, damit die Arbeitsfähigkeit des Forschungsdatenzentrums gewährleistet ist. Die Notwendigkeit einer unverhältnismäßigen Bindung und der Gefährdung der Arbeitsfähigkeit des Forschungsdatenzentrums ist kumulativ zu verstehen. Gleichzeitig muss das Forschungsdatenzentrum in die Lage versetzt werden, eine formal korrekte, aber missbräuchliche Antragstellung zu verhindern (z. B., wenn der Antrag mit dem Ziel gestellt wird, das Forschungsdatenzentrum technisch oder organisatorisch lahmzulegen). Um eine faire und transparente Antragsbearbeitung zu ermöglichen und um zu verhindern, dass das Forschungsdatenzentrum in seiner Arbeitsfähigkeit gefährdet wird, können einzelne unverhältnismäßig komplexe Anträge sowie Antragsteller mit übermäßig vielen Anträgen abgelehnt oder depriorisiert werden. Dies gilt insbesondere bei einer sog. Denial-of-service-Attacke durch eine Masseneinsendung von an sich berechtigten Datenzugangsanträgen oder hochkomplexen und rechenintensiven Abfragealgorithmen, die die Systemkapazitäten des Forschungsdatenzentrums überlasten. Der Arbeitskreis zur Sekundärnutzung von Versorgungsdaten kann hier im Einzelfall beratend einbezogen werden und bei Bedarf einen Kriterienkatalog zur Priorisierung und Prozessoptimierung der Antragsprüfung erarbeiten und veröffentlichen. Dies beteiligt Nutzungsberechtigte aktiv und ermöglicht eine für alle faire Datennutzung und schafft transparente Verfahren.