0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist durch das Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation (Digitale-Versorgung-Gesetz – DVG) v. 9.12.2019 (BGBl. I S. 2562) mit Wirkung zum 19.12.2019 mit neuem Inhalt eingefügt worden. Die Regelung ermöglicht es, Gebühren für individuell zurechenbare Leistungen des Forschungsdatenzentrums von den Nutzungsberechtigten zu verlangen.
Rz. 1a
Art. 3 Nr. 18 des Gesetzes zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten (Gesundheitsdatennutzungsgesetz – GDNG) v. 22.3.2024 (BGBl. I Nr. 102) hat mit Wirkung zum 26.3.2024 Abs. 1 Satz 3 geändert. Die Pflegekassen werden von Gebühren befreit.
1 Allgemeines
Rz. 2
Das Forschungsdatenzentrum erhebt von den Nutzungsberechtigten Gebühren und Auslagen für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen, um den Verwaltungsaufwand zu decken. Die Kranken- und Pflegekassen, ihre Verbände, der GKV-Spitzenverband und das Bundesministerium für Gesundheit sind von den Gebühren befreit. Das Nähere wird in einer Gebührenverordnung geregelt.
Rz. 2a
§§ 303a ff. etablieren ein neues Datentransparenzverfahren, in dem die in § 303b Abs. 1 Satz 1 genannten Daten der gesetzlich Versicherten (u. a. Alter, Geschlecht, Wohnort und bestimmte Gesundheitsdaten) an den GKV-Spitzenverband als Datensammelstelle übermittelt und von diesem anschließend an ein Forschungsdatenzentrum weitergegeben werden. Dieser Vorgang wird von einem Pseudonymisierungsverfahren begleitet, das maßgeblich durch eine Vertrauensstelle durchgeführt wird. Dabei soll gewährleistet sein, dass die Pseudonyme kassenübergreifend eindeutig einem bestimmten Versicherten zugeordnet werden können, um basierend auf diesen Zuordnungen beispielsweise medizinische Langzeitstudien oder Längsschnittanalysen durchführen zu können. Zu Fragen der Verfassungsmäßigkeit vgl. § 68a Rz. 8b.
Rz. 2b
Die Neuregelungen zur Nutzung von Daten gesetzlich Krankenversicherter in pseudonymisierter oder anonymisierter Form im Hinblick auf digitale Innovationen und für weitere Zwecke, u. a. zur medizinischen Forschung, bleiben vorläufig in Kraft (BVerfG, Ablehnung einstweilige Anordnung v. 19.3.2020, 1 BvQ 1/20). Eine in der Hauptsache ggf. noch zu erhebende Verfassungsbeschwerde gegen §§ 68a Abs. 5, 303a bis 303f wäre insbesondere nicht offensichtlich unbegründet.
2 Rechtspraxis
2.1 Gebühren (Abs. 1)
Rz. 3
Das Forschungsdatenzentrum erhebt von den Nutzungsberechtigten Gebühren und Auslagen für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen zur Deckung des Verwaltungsaufwandes (Satz 1). Zu den Leistungen gehören z. B. auch Aufwände für die Antragsprüfung und Schulungen (BT-Drs. 19/13438 S. 75). Damit werden die durch die Datentransparenz entstehenden Kosten teilweise refinanziert und unnötige Anfragen vermieden. Die Gebührensätze dürfen den auf die Leistungen entfallenden durchschnittlichen Personal- und Sachaufwand nicht übersteigen (Satz 2). Die Kranken- und Pflegekassen, ihre Verbände, der GKV-Spitzenverband sowie das Bundesministerium für Gesundheit sind von der Zahlung der Gebühren befreit (Satz 3), da sie direkt oder indirekt zu den Kostenträgern des Forschungsdatenzentrums gehören.
Rz. 3a
Mit dem DVG (Rz. 1) wird die bisherige Datenaufbereitungsstelle zu einem Forschungsdatenzentrum weiterentwickelt. Ziel ist es, Abrechnungsdaten der gesetzlichen Krankenkassen deutlich schneller und in einem größeren Umfang als bisher u. a. der Versorgungsforschung zugänglich zu machen. Auf diese Weise sollen die Voraussetzungen der Datennutzung für die Gesundheitsforschung und für die Steuerung des Gesundheitswesens verbessert werden. Die neue Datentransparenzverordnung v. 19.6.2020 (BGBl. I S. 1371) konkretisiert die Aufgaben und das Verfahren der Datentransparenz. Sie legt fest, dass die Aufgaben des Forschungsdatenzentrums vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wahrgenommen werden und die Vertrauensstelle im Robert Koch-Institut (RKI) errichtet wird. Zudem bestimmt sie die Art und den Umfang des erweiterten Datenkranzes sowie Näheres zu den Fristen der Übermittlung, zur Datenverarbeitung durch den GKV-Spitzenverband, zum Verfahren der Pseudonymisierung der Versichertendaten, zur Wahrnehmung der Aufgaben des Forschungsdatenzentrums, zur Evaluation und Weiterentwicklung sowie zur Kostenerstattung.
2.2 Verordnungsermächtigung (Abs. 2)
Rz. 4
Das Nähere wird in einer Gebührenverordnung des Bundesministeriums für Gesundheit geregelt (Satz 1). Durch Rechtsverordnung kann das Bundesministerium für Gesundheit die Ermächtigung zum Erlass der Gebührenverordnung auf das Forschungsdatenzentrum übertragen (Satz 2). Aktuell anzuwenden ist die Verordnung zur Erhebung von Gebühren und Auslagen für die Bereitstellung von Daten nach den Regelungen der Datentransparenzverordnung (Datentransparenz-Gebührenverordnung – DaTraGebV v. 30.4.2014, BGBl. I S. 458, zuletzt geändert durch Art. 2 der Verordnung v. 19.6.2020, BGBl. I S. 1371).
3 Literatur und Materialien
Rz. 5
Hess, Anforderungen an die Folgenabwägung bei Beantragung der Aussetzung des Vollzuges der §§ 303a-303f SGB V, GuP 2021, 63.
Lippert, Forschung mit Daten von Versicherten aus ...