Rz. 9
Ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld kommt bei Arbeitnehmerinnen nur zustande, wenn zum Zeitpunkt des leistungsauslösenden Tatbestandes eine Mitgliedschaft bei einer gesetzlichen Krankenkasse und ein Arbeitsverhältnis (Rz. 10 ff.), ein Heimarbeitsverhältnis (Rz. 16) oder ein i. S. d. § 17 Abs. 2 MuSchG zulässig aufgelöstes Arbeitsverhältnis (Rz. 20 ff.) besteht (vgl. BSG, Urteil v. 10.5.2012, B 1 KR 19/11 R). Als leistungsauslösender Tatbestand gilt bei diesen Frauen der Beginn der Schutzfrist (GR v. 6/7.12.2017 i. d. F. v. 13.3.2024, Abschn. 9.2.2.1; außerdem: BSG, Urteil v. 29.4.1971, 3 RK 3/71).
2.2.1 Begriff: Arbeitnehmerin
Rz. 10
Der sozialversicherungsrechtliche § 24i ist bei Arbeitnehmern wegen seiner Verflechtungen zum Arbeitsrecht (z. B. Hinweis auf die Schutzfrist nach § 3 MuSchG) immer im Zusammenhang mit dem MuSchG zu sehen. Gemäß § 1 Abs. 2 MuSchG gilt das MuSchG für Frauen in einer Beschäftigung i. S. v. § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist eine Beschäftigung eine nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis; Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Das besondere Merkmal einer Beschäftigung ist also die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit, die sich im Allgemeinen durch die Eingliederung in den Betrieb und die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber (Art, Ort, Zeit und Weise der Arbeit) ausdrückt (vgl. BSG, Urteil v. 21.4.1999, B 5 RJ 48/98).
Das Arbeitsverhältnis muss grundsätzlich in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübt werden; im Ausland ausgeübte Arbeitsverhältnisse können nur dann berücksichtigt werden, wenn der im Rahmen einer Entsendung nach § 4 SGB IV geltende Arbeitsvertrag dem deutschen Recht unterliegt oder zwischenstaatliche oder überstaatliche Vorschriften dies vorsehen (so z. B. Art. 12 VO (EG) Nr. 883/04 oder Art. KSS.11 Protokoll des Handels- und Kooperationsabkommens mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland; vgl. auch BSG, Urteil v. 22.2.1972, 3 RK 61/69). Zu den Staaten mit den zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Vorschriften gehören neben den EU-Staaten die weiteren EWR-Staaten (Island, Liechtenstein und Norwegen), die Schweiz und das Vereinigte Königreich.
Ein Arbeitsverhältnis i. S. d. §§ 1 ff. MuSchG und § 24i SGB V ist ein auf einem privatrechtlichen Arbeitsvertrag beruhendes oder ein ihm gleichgestelltes Rechtsverhältnis im Dienste eines Arbeitgebers (vgl. BSG, Urteil v. 9.11.1977, 3 RK 63/76). Nicht erforderlich ist, dass die werdende Mutter bis zum Beginn der Schutzfrist tatsächlich arbeitet, da allein der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses für den Begriff der Arbeitnehmerin maßgebend ist. Auch spielt es keine Rolle, ob das Arbeitsverhältnis zeitlich befristet ist und ggf. während der Schutzfrist endet.
Art und Umfang des Arbeitsverhältnisses spielen für den Anspruch auf Mutterschaftsgeld keine Rolle. Auch geringfügig beschäftigte Frauen (§ 8 SGB IV; krankenversicherungsfreies Arbeitsverhältnis) gelten somit als Arbeitnehmerinnen und genießen, wenn sie anderweitig Mitglied einer Krankenkasse sind (z. B. als Studentin), einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld nach § 24i. Wenn sie nicht Mitglied einer Krankenkasse sind, aber in einem krankenversicherungsfreien (geringfügigen) Arbeitsverhältnis stehen, erhalten sie wenigstens noch Mutterschaftsgeld nach § 19 Abs. 2 MuSchG.
Zum Personenkreis der Arbeitnehmerinnen zählen auch
- unständig Beschäftigte, die die Beschäftigungen berufsmäßig ausüben (Erläuterung: Nach § 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III ist unständig beschäftigt, wer berufsmäßig Beschäftigungen ausübt, die nach der Natur der Sache oder im Voraus durch Arbeitsvertrag auf weniger als eine Woche beschränkt sind; hierzu zählen z. B. weibliche Filmeschneider, Synchron-Sprecher, Ersteller eines Radiofeatures) oder
- Fremd- sowie Minderheiten-Geschäftsführerinnen einer GmbH, soweit diese aufgrund ihrer persönlichen Abhängigkeit unter den Beschäftigtenbegriff nach § 7 SGB IV fallen (vgl. EuGH, Urteil v. 11.11.2010, C-232/09).
Rz. 11
Aufgrund ausdrücklicher Nennung in § 1 Abs. 2 MuSchG wird der Personenkreis der Arbeitnehmerinnen i. S. d. § 17 MuSchG und somit auch i. S. d. § 24i SGB V erweitert um