2.1 Familienversicherung
Rz. 3
Mit der Einführung der Familienversicherung durch das GRG wurde für die Familienangehörigen (Ehegatten, Lebenspartner und Kinder sowie die Kinder von familienversicherten Kindern) eines Mitgliedes der gesetzlichen Krankenversicherung ein eigenständiger Versichertenstatus, die Familienversicherung, begründet. Es handelt sich um eine eigene und eigenständig Leistungsansprüche begründende Versicherung (§ 11), jedoch ohne Mitgliedschaftsrechte, z. B. kein Wahlrecht bei den Sozialversicherungswahlen.
Rz. 4
Die Familienkrankenhilfe (§ 205 RVO) enthielt demgegenüber einen Anspruch des Mitgliedes auf Krankenversicherungsleistungen für seine Angehörigen und konnte nur von diesem geltend gemacht werden. Für die Familienversicherung ist nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht mehr erforderlich, dass der Stammversicherte gegenüber seinen Angehörigen unterhaltspflichtig sein muss. Sowohl das BSG (Urteil v. 30.8.1994,12 RK 41/92) als auch das BVerfG (Urteil v. 12.2.2003, 1 BvR 624/01) haben jedoch auf den Zusammenhang der Familienversicherung mit der zivilrechtlichen Unterhaltsverpflichtung zwischen Ehegatten und gegenüber Kindern abgestellt, so dass dieses ungeschriebene Merkmal nicht völlig außer Betracht gelassen werden kann.
Rz. 5
Die Leistungsansprüche können und müssen nunmehr von den Familienversicherten selbst als eigenes Recht gegenüber der Krankenkasse geltend gemacht werden (vgl. BSG, Urteil v. 16.6.1999, B 1 KR 6/99 R). Der Stammversicherte kann Ansprüche seiner minderjährigen Kinder nur als deren gesetzlicher Vertreter, Ansprüche seines Ehegatten nur als Bevollmächtigter geltend machen. Da die Familienversicherung jetzt eigene Leistungsansprüche begründet, können sie nunmehr nach § 36 SGB I auch von den Minderjährigen selbst geltend gemacht werden.
Rz. 6
Mit der Familienversicherung sind alle Ansprüche und Leistungen des SGB V verbunden (§ 11), soweit sie nicht (z. B. beim Krankengeld gem. § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 oder beim Arbeitsunfall gemäß § 11 Abs. 5) ausdrücklich ausgeschlossen sind. Die Familienversicherung ist nicht mehr generell bei anderen gesetzlichen Ansprüchen auf Krankenbehandlung ausgeschlossen. Ein nachgehender Leistungsanspruch schließt daher eine Familienversicherung nicht aus (so auch BSG, Beschluss v. 29.4.2020, B 3 KR 44/19 B; vgl. § 19 Abs. 2 Satz 2 und die Komm. zu § 19 SGB V). Die leistungsrechtliche Ruhensvorschrift (§ 16) gilt auch für Familienversicherte. Das Ruhen von Leistungsansprüchen des Stammversicherten berührt jedoch nicht die Ansprüche des Familienversicherten.
2.2 Allgemeine Voraussetzungen (Abs. 1)
Rz. 7
Die Voraussetzungen für die Familienversicherung sind überwiegend i. S. v. negativ formulierten Ausschlusstatbeständen geregelt. Jeder einzelne Tatbestand von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 5, Abs. 3 schließt dabei die Familienversicherung aus, soweit nicht wiederum Ausnahmen von den Ausschlusstatbeständen geregelt sind (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Nr. 4).
Rz. 8
Gegenüber § 205 RVO ist grundsätzlich die Möglichkeit der Erstreckung der Familienversicherung auf andere Angehörigen durch die Satzung entfallen. Lediglich die landwirtschaftlichen Krankenkassen haben nach § 7 Abs. 2 KVLG 1989 noch die Möglichkeit, in der Satzung die Familienversicherung auf sonstige Angehörige, die vom Versicherten ganz oder überwiegend unterhalten werden, zu erstrecken, wenn diese Angehörigen sich im Inland aufhalten und kein Gesamteinkommen von mehr als einem Siebtel der Bezugsgröße haben.
2.2.1 Personenkreis
Rz. 9
Einbezogen in den Schutz der Familienversicherung sind der Ehegatte, seit dem 1.8.2001 der Lebenspartner, und die Kinder des Stammversicherten, wobei den eigenen leiblichen Kindern unter bestimmten Voraussetzungen andere Personen als Kinder gleichgestellt sind (§ 10 Abs. 4). Die Eigenschaft als Kind ist erst mit der Geburt gegeben. Das ungeborene Kind kann daher nicht familienversichert sein, da es auch an der Rechtsfähigkeit für die eigenständige Familienversicherung fehlt (§ 1 BGB).
Rz. 9a
Mit dem Verwaltungsvereinfachungsgesetz sind durch die Änderung in § 10 Abs. 1 Satz 1 mit Wirkung zum 30.3.2005 neben den Kindern auch die Kinder familienversicherter Kinder (Enkel) familienversichert. Diese Gesetzesänderung, die durch den Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht wurde (vgl. BT-Drs. 15/4751), ist dort damit begründet worden, dass in der Vergangenheit wiederholt die Frage nach dem Krankenversicherungsschutz von Kindern eines als Kind familienversicherten Kindes aufgetreten sei, weil das geltende Recht dazu keine ausdrückliche Regelung treffe. Lücken im Krankenversicherungsschutz würden daher auftreten, wenn der andere Elternteil nicht bekannt oder selbst als Kind versichert sei, da das geltende Recht nicht vorsehe, dass für Neugeborene eine Familienversicherung aus einer Familienversicherung abgeleitet werden könne. Durch die Klarstellung werde daher bewirkt, dass die vom Mitglied abgeleitete Familienversicherung von Kindern auf Kinder des familienversicherten Elternteils aus sozial- und f...