Rz. 10
Abs. 2 legt das Sachleistungsprinzip der gesetzlichen Krankenversicherung fest, der schon zuvor für die RVO galt (zur Entwicklung vgl. Fischer, SGb 2008, 461). Dabei war in der Vergangenheit umstritten und ist auch nie abschließend geklärt worden, ob und in welchem Umfang dieser Sachleistungsgrundsatz nur für Versicherungspflichtige und auch für Ersatzkassen galt und ob bei freiwillig Versicherten generell die Einräumung der Kostenerstattung möglich war (vgl. dazu Schnapp, ErsK 1991, 390). Durch die Vereinheitlichung des Rechts der Krankenversicherung und die Einbeziehung der Ersatzkassen in diese Regelungen gilt der Sachleistungsgrundsatz nunmehr zwingend auch für diese und (mit den Ausnahmen des § 13 Abs. 2) für alle Mitglieder und Versicherten (zu Kostenerstattung und Sachleistungen vgl. Roos, NZS 1997, 464). Die Versicherten sind durch das Sachleistungsgebot berechtigt, unmittelbar Dienstleistungen (ärztliche oder arztähnliche Behandlung), bereitstehende und zugelassene Einrichtungen (Krankenhäuser oder andere Einrichtungen) in Anspruch zu nehmen oder andere Sachleistungen (Abgabe von Heil- und Hilfsmitteln) zu verlangen. Sie sind aber andererseits auch grundsätzlich in ihren Ansprüchen auf diesen Sachleistungsanspruch und das dafür vorgesehene Verfahren beschränkt.
Rz. 11
Ursprünglicher traditioneller Grund des Sachleistungsgrundsatzes war die Vorstellung, dass den auch wirtschaftlich schwachen Personen unmittelbar Leistungen der Krankenbehandlung zugutekommen sollten, ohne zunächst in Vorleistung treten zu müssen und dann auf die Kostenerstattung angewiesen zu sein. Äußeres Zeichen dieses Sachleistungsprinzips ist die elektronische Versichertenkarte (§ 15, § 291 a), mittels derer die Berechtigung zur Inanspruchnahme der Leistungen dokumentiert und nachgewiesen wird.
Rz. 12
Dieser Sachleistungsgrundsatz bestimmt auch in weiten Bereichen die Strukturen des SGB V. Die Gewährung und Gewährleistung von Sachleistungen setzt voraus, dass die Krankenkassen diese durch Leistungserbringer sicherstellen können (Sicherstellungsauftrag). Dies setzt wiederum voraus, dass mit Dritten (Krankenhäusern, Ärzten und sonstigen Leistungserbringern) gesetzliche oder vertragliche Regelungen bestehen, die diese zur Sachleistungserbringung verpflichten und auch berechtigen. Dementsprechend ist das SGB V durch eine Vielzahl von Vorschriften geprägt, die sich mit der Zulassung von Leistungserbringern befassen und Rahmenvorschriften für den Inhalt der vertraglichen Beziehungen zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern enthalten. Satz 3 verweist daher eher deklaratorisch auf die Notwendigkeit des Abschlusses von Verträgen mit Leistungserbringern. Lediglich in eng begrenzten Fällen dürfen und müssen die Krankenkassen selbst die erforderlichen Sachleistungen durch Eigeneinrichtungen oder aufgrund individueller Verträge mit Dritten als eigene Leistung erbringen (§§ 72 a, 140).
Rz. 13
Dies führt zu öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen dem Versicherten und seiner Krankenkasse und den Krankenkassen zu den Leistungserbringern, nicht jedoch zu unmittelbaren sozialrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen Leistungserbringer und Versichertem. Daher sind grundsätzlich auch die Ansprüche der Leistungserbringer auf die Vergütung nach den entsprechenden Verträgen mit den Krankenkassen begrenzt und gegenüber den Versicherten ausgeschlossen (so z. B. BGH, Urteil v. 26.11.1998, III ZR 223/97).
Rz. 14
Der Sachleistungsanspruch prägt aber auch das Verhältnis zwischen Krankenkassen und Versicherten, indem dieser auf die Möglichkeit der Sachleistung für seine Leistungen aus der Krankenversicherung beschränkt ist, nur zugelassene Leistungserbringer in Anspruch nehmen kann und das entsprechende Verfahren zu beachten hat (vgl. BSG, Urteil v. 13.12.2016, B 1 KR 4/16 R). Dem Versicherten ist die Selbstbeschaffung der Leistungen zulasten der Krankenkasse daher nicht ohne weiteres möglich. Weitere Folge dieser Sachleistungsgewährung ist, dass durch die vertraglichen Vereinbarungen mit den Leistungserbringern und insbesondere auch durch die Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses (§ 92) auch der Anspruch auf Krankenbehandlung inhaltlich mitbestimmt und konkretisiert wird (vgl. BSG, Urteil v. 16.9.1997, 1 RK 14/96).
Rz. 15
Zu Ausnahmen vom Sachleistungsanspruch sind die Krankenkassen nur nach Maßgabe besonderer Vorschriften verpflichtet und berechtigt. Kostenerstattung kommt neben der Sonderregelung der Erstattung der Kosten an den Arbeitgeber nach § 17 als generelle Abweichung in Betracht, wenn die Satzung dies vorsieht (§ 13 Abs. 2, zur wechselnden Zulässigkeit derartiger Satzungsregelungen vgl. Komm. § 13) oder wenn Leistungserbringer in Staaten der EWG oder des EWR in Anspruch genommen werden (§ 13 Abs. 4). Im Inland sind die Versicherten jedoch auch bei der Wahl der Kostenerstattung auf die Inanspruchnahme zugelassener Leistungserbringer beschränkt.
Rz. 16
Anspruch auf Kostenerstattung oder Freistellung von Kosten kommt auch dann in ...