Rz. 20
Satz 1 Nr. 2 wurde durch das Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen sowie zur Änderung weiterer Gesetze ab 1.1.2017 vollständig neu gefasst, indem auf den neuen Versicherungspflichttatbestand für Waisenrentner nach § 5 Abs. 1 Nr. 11b verwiesen wird. Die Neuregelung bringt aber im Wortlaut nur unzureichend zum Ausdruck, dass diese Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 11b zwei unterschiedliche Personengruppen als Waisen umfasst. Nur § 5 Abs. 1 Nr. 11b Buchst. a erfasst die Versicherungspflicht für Waisen i. S. d. gesetzlichen Rentenversicherung nach § 48 SGB VI, die auch nach dem vorherigen Recht unter bestimmten Voraussetzungen beitragsfrei gestellt waren. § 5 Abs. 1 Nr. 11b Buchst. b regelt die Versicherungspflicht solcher Personen, die eine der Waisenrente entsprechende Leistung von einer berufsständischen Versorgungseinrichtung beziehen, wenn der verstorbene Elternteil zuletzt als Beschäftigter von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI befreit war ("Versorgungswaisen"). Bei dieser Leistung eines Versorgungswerkes handelt es sich dem Grunde nach rechtlich um einen Versorgungsbezug i. S. d. § 229 Abs. 1 Nr. 3, nicht jedoch um eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, wie sie für die Rentenantragstellermitgliedschaft in § 189 (und daraus folgend die Anwendung von § 239 und § 225) an sich vorausgesetzt wird.
Rz. 21
Die weitere Neuerung aufgrund der neu eingeführten Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 11b besteht für die Rentenantragstellermitgliedschaft und die Beitragsfreiheit darin, dass für diese Antragsteller auf Waisenrente tatbestandlich keine Vorversicherungszeiten für die fiktive Rentenantragstellermitgliedschaft erforderlich sind. Daher ist auch das Erfordernis des vorherigen Rentenbezuges und die Krankenversicherungspflicht des Verstorbenen (quasi als Ersatz für Vorversicherungszeiten) für die Beitragsfreiheit durch die Neuregelung entfallen und für "Versorgungswaisen" nicht vorgesehen.
Rz. 22
Die Beitragsfreiheit von Waisen und "Versorgungswaisen" besteht aber weiterhin nur, wenn diese den Rentenantrag bzw. den Antrag beim Versorgungswerk vor Vollendung seines 18. Lebensjahres stellen (also einen Tag vor dem 18. Geburtstag). Maßgeblich ist dabei der Tag des Eingangs des Antrags. In den Fällen der "Versorgungswaisen" hat die Zahlstelle für Versorgungsbezüge daher nach § 202 Abs. 1 der Krankenkasse auch den Tag der Antragstellung in den Fällen des § 5 Abs. 1 Nr. 11b Buchst. b zu melden und zunächst die zuständige Krankenkasse zu ermitteln. Hintergrund für diese Altersgrenze ist der auf jeden Fall bestehende Waisenrentenanspruch bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres nach § 48 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI (vgl. Komm. dort). Die Dauer des Rentenverfahrens, das die Dauer der beitragsfreien Rentenantragstellermitgliedschaft bestimmt, ist unerheblich, sodass die Beitragsfreiheit trotz Vollendung des 18. Lebensjahres im Verlauf des Rentenverfahrens bestehen bleibt.
Rz. 23
Wird eine Waisenrente oder bei "Versorgungswaisen" die entsprechende Leistung des Versorgungswerks erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres beantragt, für die besondere Voraussetzungen vorliegen müssen (vgl. § 48 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI und Komm. dort), besteht keine Beitragsfreiheit nach Nr. 2. Es sind vielmehr grundsätzlich Rentenantragstellerbeiträge zu erheben. Wird in diesem Fall eine Waisenrente nach Prüfung durch den Rentenversicherungsträger zugebilligt, sind für die Zeit ab Rentenbeginn die Rentenantragstellerbeiträge zu erstatten. Beitragsfreiheit konnte sich bisher in diesen Fällen bei einer Rentenantragstellung nach dem 18. Lebensjahr aber dann ggf. aus Nr. 3 ergeben, zumal sich die Voraussetzungen für die Familienversicherung über das 18. Lebensjahr hinaus mit den Voraussetzungen für Waisenrente nach Vollendung des 18. Lebensjahres teilweise deckten (Schul- und Berufsausbildung). Hierfür war allerdings die Mitgliedschaft noch eines Stammversicherten, der die Familienversicherung vermitteln konnte, Voraussetzung. Die Regelung in Nr. 3 über eine Beitragsfreiheit bei möglicher Familienversicherung nahm jedoch nur auf die Versicherungspflichten der Rentenantragstellungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 und 12 Bezug, erfasste daher gerade nicht die Versicherungspflichten nach § 5 Abs. 1 Nr. 11a und Nr. 11b. Erst mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) v. 6.5.2019 (BGBl. I S. 646) wurde die Beitragsfreiheit nach Nr. 3 auf Waisenrentenantragsteller nach § 5 Abs. 1 Nr. 11b ausgedehnt (vgl. Rz. 27 ff.).
Rz. 24
Beitragsfreiheit bestand nach bisherigem Recht nur, wenn eine Waisenrente aus der Versicherung der Eltern beantragt wurde (BSG, Urteil v. 15.11.1973, 3 RK 45/72). Daher bestand nicht für alle als Kinder nach § 48 Abs. 3 SGB VI zu berücksichtigenden Personen Beitragsfreiheit während des vor Vollendung des 18. Lebensjahres eingeleiteten Re...