Rz. 20
Mit dem Zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt hat der Gesetzgeber zum 1.4.2003 die Vorschriften über die Gleitzone (§ 20 Abs. 2 SGB IV) eingeführt. Um Arbeitnehmer, die Beschäftigungen im Niedriglohnsektor ausüben, nicht überproportional mit Sozialversicherungsbeiträgen zu belasten, ist bei diesen Personen die beitragspflichtige Einnahme abweichend von Abs. 1 zu ermitteln; je nach Höhe des tatsächlichen Arbeitsentgelts steigt der Beitragsanteil für den Arbeitnehmer linear an. Nach § 249 Abs. 3 trägt der Arbeitgeber weiterhin Beiträge vom tatsächlichen (das der Beschäftigung zugrunde liegende) Arbeitsentgelt, so dass im Ergebnis durch die Gleitzonenregelung lediglich der Arbeitnehmer entlastet wird.
Rz. 21
Ein Beschäftigungsverhältnis i. S. d. Gleitzone liegt vor, wenn das daraus erzielte Arbeitsentgelt zwischen 450,01 EUR und 850,00 EUR im Monat liegt und die Grenze von 850,00 EUR im Monat regelmäßig nicht überschreitet; bei mehreren Beschäftigungsverhältnissen ist das insgesamt erzielte Arbeitsentgelt maßgebend (vgl. § 20 Abs. 2 SGB IV). So kann auch durch die Zusammenrechnung mehrerer geringfügiger Beschäftigungen i. S. d. § 8 SGB IV eine versicherungspflichtige Beschäftigung i. S. d. Gleitzone vorliegen. Die Ermittlung der beitragspflichtigen Einnahmen bei Beschäftigungsverhältnissen innerhalb der Gleitzone ergibt sich aus § 163 Abs. 10 Sätze 1 bis 5 und 8. Ausgenommen von der Gleitzonenregelung werden nach § 163 Abs. 10 Satz 8 Auszubildende.
Rz. 22
Als beitragspflichtige Einnahme wird bei Beschäftigten innerhalb der Gleitzone – ausgehend vom Arbeitsentgelt i. S. d. Abs. 1 – ein Betrag der Beitragsbemessung zugrunde gelegt, der sich nach folgender Formel ermittelt:
F × 450 + ((850 / 850 – 450) – (450 / 850 – 450) × F) × (AE – 450) |
Nach Satz 2 ist F als Faktor definiert, der sich ergibt, wenn der Wert 30 % (bis 30.6.2017: 39,95 %) durch den durchschnittlichen Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz des Kalenderjahres, in dem der Anspruch auf das Arbeitsentgelt entstanden ist, geteilt wird. Wie der Faktor F berechnet wird, regeln die Sätze 3 und 4. Nach Satz 6 ist der Faktor F vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung bis zum 31.12. eines Jahres für das folgende Kalenderjahr im BAnz bekannt zu geben. Im Jahr 2017 beträgt der Faktor F 0,7509 (vgl. Bekanntmachung v. 22.11.2016, BAnz v. 29.11.2016). Mit dem Haushaltsbegleitgesetz v. 29.6.2006 (BGBl I S. 1791) wurde mit Wirkung v. 1.7.2006 der Pauschbeitrag für geringfügig Beschäftigte in der Krankenversicherung von 11 % auf 13 % (vgl. § 249 b) angehoben. Im Gleichklang zur Anhebung des Pauschalbeitragssatzes für geringfügig Beschäftigte wurde zum gleichen Zeitpunkt auch die Formel für die Gleitzone an die neue Pauschalgrenze für geringfügig Beschäftigte unter Einbeziehung der Pauschsteuer von 2 % von 25 % auf 30 % entsprechend angepasst (vgl. BT-Drs. 16/752 S. 28).
Rz. 23
Die Sozialversicherungsträger sind aus Gründen der Praktikabilität dazu übergangen, die Formel zu vereinfachen. Für das Jahr 2017 ergibt sich die folgende vereinfachte Formel:
1,2802375 × AE – 238,201875 |
Beispiel 1:
Ein Arbeitnehmer erhält in seiner Beschäftigung ein monatliches Arbeitsentgelt von 455,00 EUR. Daneben erhält er im Dezember ein Weihnachtsgeld von 600,00 EUR.
Das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt beträgt 455,00 EUR × 12 + 600,00 EUR : 12 = 505,00 EUR. Die Beschäftigung ist versicherungspflichtig, und die Vorschriften über die Gleitzonenregelung sind anzuwenden.
Die beitragspflichtige Einnahme ist monatlich – ausgehend vom tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt – wie folgt zu ermitteln:
1,2802375 × 455,00 EUR – 238,201875 = 344,31 EUR |
Der vom Arbeitgeber zu zahlende Gesamtbeitrag zur Krankenversicherung beträgt nach dem allgemeinen Beitragssatz der Krankenkassen von 14,6 %:
344,31 EUR × 7,3 % x 2 = 50,26 EUR Zusätzlicher Arbeitnehmerbeitrag 344,31 EUR × 0,9 % = 3,10 EUR Insgesamt: 50,26 EUR + 3,10 EUR = 53,36 EUR |
(vgl. § 249 Abs. 4 i. V. m. § 2 Abs. 2 Satz 1 BVV)
Der Arbeitgeber trägt hiervon einen Beitragsanteil in Höhe von:
455,00 EUR × 7,3 % = 33,22 EUR (vgl. § 249 Abs. 4 i. V. m. § 2 Abs. 2 Satz 2 BVV)
Der Arbeitnehmer trägt die Differenz in Höhe von:
50,26 EUR – 33,22 EUR = 17,04 + 3,10 = 20,14 EUR (vgl. § 249 Abs. 4 i. V. m. § 2 Abs. 2 Satz 3 BVV)
(vgl. auch GR der Spitzenverbändes v. 9.12.2014)
Rz. 24
Wird eine Beschäftigung nur für Teilmonate ausgeübt, ist zunächst ein fiktives monatliches Arbeitsentgelt zu berechnen, um ausgehend hiervon eine anteilige beitragspflichtige Einnahme zu ermitteln.
Beispiel 2:
Eine Beschäftigung wird am 8.3.2016 aufgenommen. Das Arbeitsentgelt für den Monat März beträgt 435,00 EUR.
Bei voller Arbeitsleistung im Ausgangszeitraum hätte der Arbeitnehmer ein Arbeitsentgelt in Höhe von
435,00 EUR × 30 : 21 = 621,43 EUR erzielt.
Hieraus ergibt sich eine monatliche beitragspflichtige Einnahme in Höhe von:
1,2802375 × 621,43 EUR – 238,201875 = 557,38 EUR.
Die anteilige beitragspflichtige Einnahme für den September beträg...