Rz. 39
Wie bereits unter Rz. 14 ff. erwähnt, kann die werdende bzw. junge Mutter keine Haushaltshilfe beanspruchen, wenn im Haushalt eine andere Person (z. B. der Ehegatte oder der Lebenspartner) lebt, die den Haushalt weiterführen kann.
In der Praxis sind die im Familienhaushalt lebenden Ehegatten/Partner oft aus beruflichen Gründen an der Weiterführung des Haushalts verhindert. Sie sind aber bereit, sich zwecks Weiterführung des Haushalts unbezahlt beurlauben zu lassen. Es stellt sich die Frage, ob – und wenn ja in welcher Höhe – in diesen Fällen der ausgefallene Verdienst von der Krankenkasse erstattet wird.
Nach dem Urteil des LSG Baden-Württemberg v. 19.2.2020 (L 5 KR 2908/19) hat die Krankenkasse grundsätzlich 100 % des nachgewiesenen ausgefallenen Nettoverdienstausfalls (= den konkret durch die Weiterführung des Haushalts ausgleichsfähigen finanziellen Nettoverlust) auszugleichen. Die Erstattung des Verdienstausfalls setzt allerdings voraus, dass der Ersatzkraft tatsächlich ein Verdienstausfall entstanden ist. Die Erstattung eines fiktiven Verdienstausfalls, so als habe die Versicherte eine familienfremde Fachkraft in Anspruch genommen, ist ausgeschlossen.
Der Grund, warum die Krankenkasse der Ersatzkraft das Netto- und nicht das Bruttoarbeitsentgelt erstattet, liegt darin, dass von den von der Krankenkasse gezahlten Erstattungsbeträgen (= Ersatz für das ausgefallene Nettoarbeitsentgelt) keine Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen sind. Die Ersatzkraft hat somit genauso viel Geld zum Lebensunterhalt zur Verfügung, als wenn sie gearbeitet hätte.
Rz. 40
Allerdings schränkt § 24h den Erstattungsanspruch durch den Verweis auf § 38 Abs. 4 ein, weil die Höhe der Erstattung angemessen sein muss. Die folgenden Absätze befassen sich mit der Frage, was noch als angemessen gilt, wenn der Nettoverdienst desjenigen, der sich zur Weiterführung des Haushalts unbezahlten Urlaub nimmt, hoch ist.
Rz. 41
Nach dem heute teilweise immer noch angewandten Abschn. 5.1 Abs. 3 des Gemeinsamen Rundschreibens vom 9.12.1988 zu § 38 SGB V vertreten die Spitzenverbände der Krankenkasse die Auffassung, dass das ausgefallene Nettoarbeitsentgelt im Rahmen der "angemessenen Kostenerstattung" bis zu der Höhe erstattungsfähig ist, das bei einer selbst beschafften, nicht verwandten Ersatzkraft aufzuwenden gewesen wäre. Durch den gleichzeitigen Hinweis auf Abschn. 5.2 des Gemeinsamen Rundschreibens v. 9.12.1988 wird deutlich, dass die obere Grenze bei der Erstattung des Netto-Verdienstausfalls im Jahr 2024 bei einem 8-stündigen Arbeitsausfall 88,00 EUR je Arbeitstag/Einsatztag (bzw. 11,00 EUR je Arbeitsausfall- bzw. Einsatzstunde) beträgt (Einzelheiten vgl. Rz. 33). Begründet wird dieses damit, dass die Haushaltshilfe als Entschädigung für die Verrichtung der Haushaltsarbeiten gezahlt wird und nicht als Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Mit dem genannten Höchstbetrag sind alle anfallenden Aufwendungen, einschließlich etwa entstehender Fahrkosten, abgegolten.
Eine schwangere Versicherte muss wegen einer drohenden Frühgeburt ab dem 8.2.2024 dauernd liegen. Deshalb ist sie an der Weiterführung des Haushalts und der Beaufsichtigung ihrer 3-jährigen Tochter gehindert. Der sonst berufstätige Ehegatte (Arbeitszeit: von montags bis freitags jeweils 8 Stunden täglich) bleibt der Arbeit fern, um anstelle der Versicherten den Haushalt zu führen und das Kind zu versorgen; er hat von seinem Arbeitgeber dafür unbezahlten Urlaub erhalten.
Die rechtlichen Voraussetzungen für die Stellung einer Haushaltshilfe sind erfüllt.
Lösung:
Der Ehegatte der Versicherten erhält das nachgewiesene, ausgefallene Nettoarbeitsentgelt bis zu dem oben erwähnten Höchstsatz (bis 8 Stunden × 11,00 EUR = 88,00 EUR täglich je Arbeitstag) erstattet. Für Samstage und Sonntage bzw. Feiertage wird das Nettoarbeitsentgelt grundsätzlich nicht erstattet, da der Ehegatte arbeitsfrei gewesen wäre.
Rz. 42
Das ausgefallene Nettoarbeitsentgelt ist durch den Arbeitgeber zu bescheinigen. Es ist immer das ausgefallene Nettoarbeitsentgelt des Monats bzw. – bei anderen Abrechnungszyklen – des Entgeltabrechnungszeitraumes maßgebend, in der die Arbeit wegen der Weiterführung des Haushalts ausfällt. Bei Selbstständigen ist der Ausfall des Arbeitseinkommens in geeigneter Weise glaubhaft zu machen (z. B. durch Steuerbescheide oder einer Erklärung des Steuerberaters).
Nimmt ein Arbeitnehmer in einem Monat z. B. an 3 Tagen – und zwar von Mittwoch bis Freitag – unbezahlten Urlaub, ist maßgebend, für wie viele Resttage des Monats der Arbeitgeber Arbeitsentgelt zahlt. Dem Arbeitgeber steht es frei, z. B. bei Monatsgehaltsempfängern den Lohnabzug entsprechend der betrieblichen Gepflogenheiten nach tatsächlichen Fehl-Arbeitstagen oder nach tatsächlichen Fehl-Kalendertagen zu berechnen (sofern keine tarifliche oder betriebliche Vereinbarung getroffen wurde). An dieser unterschiedlichen Berechnung des Arbeitgebers hat sich die Krankenkasse zu orientieren. Zu erstatten ist dem Grun...