2.1 Aufzeichnungs- und Übermittlungspflichten der Ärzte und Einrichtungen (Abs. 1)
Rz. 10
Abs. 1 normiert Aufzeichnungs- und Übermittlungspflichten der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen. Die Vorschrift erfasst weder nichtärztliche Leistungserbringer (z. B. Lieferanten von Hilfsmitteln) noch Ärzte, die nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind.
Rz. 11
Ärzte und Einrichtungen sind verpflichtet, in dem für die Krankenkasse bestimmten Abschnitt der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die Diagnosen anzugeben (Satz 1 Nr. 1). Die Vorschrift erfasst auch Psychologische Psychotherapeuten. Die Verpflichtung zur Aufnahme der Diagnose wurde wegen datenschutzrechtlicher Bedenken durch das GSG mit Wirkung zum 1.1.1993 aufgenommen, um eine gesetzliche Grundlage für die Aufzeichnung und Übermittlung zu haben (Roß, in LPK, SGB V, § 295 Rz. 2; BT-Drs. 12/3608 S. 122 zu § 295). Insbesondere vor dem Hintergrund, dass ein Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit nach § 48 Abs. 1 grundsätzlich nur für einen Zeitraum von 78 Wochen innerhalb der Blockfrist von 3 Jahren besteht, hat die Vorschrift eine erhebliche praktische Bedeutung.
Rz. 12
In den Abrechnungsunterlagen sind die erbrachten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung – bei ärztlicher Behandlung mit Diagnosen, bei zahnärztlicher Behandlung mit Zahnbezug und Befunden – aufzuzeichnen und zu übermitteln (Satz 1 Nr. 2). Nach der Gesetzesbegründung zum GSG ist die Angabe der Diagnose Bestandteil der ordnungsgemäßen Leistungsbeschreibung des Vertragsarztes und somit in den Abrechnungsunterlagen anzugeben. Die Kenntnis der Diagnose ist für die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen im Hinblick auf
- die Prüfung der Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnung,
- die Prüfung der Leistungspflicht der Krankenkassen sowie
- die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Versorgung
erforderlich.
Soweit es für die Überprüfung der Zulässigkeit und Richtigkeit der Abrechnung erforderlich ist, ist auch die Uhrzeit der Behandlung anzugeben. Uhrzeitangaben bei der Abrechnung von ambulanten Leistungen können als Abrechnungsbegründung bei der Abrechnung von Notfallleistungen, von mehr als einem Besuch oder einer Visite an demselben Tag sowie von mehr als einer Inanspruchnahme derselben Betriebsstätte an demselben Tag erforderlich sein, sofern berechnungsfähige Leistungen erbracht werden (BT-Drs. 18/11205 S. 76 f.). In der zahnärztlichen Versorgung ist die Uhrzeit ebenfalls Voraussetzung für die Abrechnung bestimmter Leistungen bzw. Zuschläge. Insgesamt handelt es sich aber nur um sehr wenige Gebührenordnungspositionen, bei deren Abrechnung die Angabe der Uhrzeit für die genannten Aufgaben relevant sein kann. In welchen Fällen die Angabe der Uhrzeit erforderlich ist, ergibt sich aus dem Inhalt der abrechnungsfähigen Gebührenordnungspositionen, die durch den jeweiligen Bewertungsausschuss im einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen Leistungen sowie im einheitlichen Bewertungsmaßstab für die zahnärztlichen Leistungen durch Beschlussfassung bestimmt werden.
Die Angabe von Diagnosen und Befunden auf den Abrechnungsunterlagen entsprach bereits vor der Neuregelung der gängigen Praxis (BT-Drs. 12/3608 S. 122 zu § 295). Die hiergegen erhobenen datenschutzrechtlichen Bedenken hat das BSG nicht geteilt und ausgeführt, dass Vertragsärzte auch vor der ab 1.1.1993 geltenden Rechtslage verpflichtet waren, auf den Abrechnungsunterlagen die Diagnosen anzugeben (Urteil v. 4.5.1994, 6 RKa 37/92). Das BVerfG hat festgestellt, dass die Pflicht zur Übermittlung der Diagnose an die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen "schon immer" bestanden habe (Beschluss v. 10.4.2000, 1 BvR 422/00).
Rz. 13
In den Abrechnungsunterlagen sowie auf den Vordrucken für die vertragsärztliche Versorgung sind
- die Arztnummer,
- in Überweisungsfällen die Arztnummer des überweisenden Arztes und
- bei der Abrechnung von Leistungen nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 die Arztnummer des Arztes, bei dem der Termin vermittelt wurde, sowie
- die Angaben nach § 291a Abs. 2 Nr. 1 bis 10 (Inhalte der elektronischen Gesundheitskarte)
maschinenlesbar aufzuzeichnen und zu übermitteln (Satz 1 Nr. 3).
Rz. 14
Diagnosen sind nach der ICD in der jeweiligen vom BfArM (www.bfarm.de; ICD-10-GM Version 2022; abgerufen: 1.7.2022) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung zu verschlüsseln (Satz 2). Durch die Verschlüsselung nach der ICD wird eine Standardisierung der Diagnosenangaben nach einem international gebräuchlichen – von der WHO empfohlenen – Verfahren erreicht (BT-Drs. 12/3608 S. 122 zu § 295). Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht (BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 10.4.2000, 1 BvR 422/00). Bei zahnärztliche Behandlung werden anstelle der Diagnose die Befunde angegeben.
Rz. 15
Das BMG kann das BfArM beauftragen, die ICD um Zusatzkennzeichen (z. B. die Angabe der Seitenlokalisation einer Erkrankung) zu erweitern, um für die Krankenkassen die Aussagefähigkeit des Schlüssels zu gewährleisten (Satz 3).
...