Rz. 8
Grundlegende Voraussetzung ist neben dem Vorliegen einer Behinderung, dass ein Zusammenhang mit der als Hauptleistung erbrachten medizinischen Rehabilitation bestehen muss, deren Erfolg durch die ergänzenden Leistungen gesichert werden soll. Das setzt voraus, dass zuvor die Krankenkasse die maßgebliche Krankenbehandlung geleistet hat. Ferner müssen die allgemeinen Voraussetzungen der Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit der Leistung (§§ 12, 2) erfüllt sein.
Rz. 8a
Die Leistung nach Abs. 1 steht auch nach ihrer Art im Ermessen der Krankenkasse. Umstritten ist, ob sich das Ermessen nur auf das "Wie" oder auch auf das "Ob" der Leistungserbringung erstreckt (vgl. etwa Schnitzler, in: BeckOK SozR, SGB V, § 43 Rz. 16, sowie Waßer, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, § 43 Rz. 34). In diesem Rahmen dürften großzügige Maßstäbe angebracht sein, die allerdings durch das Ziel der Erreichung oder Sicherung der Rehabilitation und vor allem durch die Voraussetzung der Erforderlichkeit maßgeblich die Ermessensausübung steuern und begrenzt werden. Es muss sich allerdings um Leistungen handeln, die nicht schon an anderer Stelle gesetzlich geregelt sind. Ausgeschlossen sind ausdrücklich Leistungen, die der Zielrichtung "Teilhabe am Arbeitsleben" (vgl. §§ 49 ff. SGB IX) oder "allgemeiner sozialer Eingliederung" (vgl. §§ 76 ff. SGB IX) dienen. Es kommen u. a. Maßnahmen aufgrund der Empfehlungen zur Förderung von Übungsbehandlungen in Rheumagruppen v. 30.11.1983 (Langzeittraining), der Empfehlungsvereinbarung "Nachsorge Sucht" v. 18.3.1987 (Sicherung des Erfolges stationärer Entwöhnungskuren durch einzel- und gruppenpsychotherapeutische Maßnahmen), an deren Stelle nunmehr die Handlungsempfehlungen der Deutschen Rentenversicherung (DRV), der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) für die Verbesserung des Zugangs nach qualifiziertem Entzug in die medizinische Rehabilitation Abhängigkeitskranker vom 1. August 2017 (veröffentlicht auf der Homepage des Verbandes der Ersatzkassen e. V. im Internet unter https://www.vdek.com/vertragspartner/vorsorge-rehabilitation/abhaengigkeit/_jcr_content/par/download_16/file.res/2017_HE_Nahtlosverfahren_2017-08-01_final.pdf) getreten sind. Letztlich dürfte jede Maßnahme in Betracht kommen, die der Sicherung des Rehabilitationsziels dient. Nicht dazu gehören dagegen Sachausstattungen wie etwa Kommunikationshilfen für Blinde (Schreibmaschine, Tonbandgerät); sie sind ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Hilfsmittel (§ 33) zu beurteilen.
Rz. 8b
Eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme i. S. d. Nr. 1 liegt vor, wenn die Maßnahme unmittelbar und zielgerichtet auf die Behinderung einwirken soll. Eine Maßnahme, die auf eine Behinderung einwirken soll, erfordert einen entsprechend geschulten Therapeuten. Die Teilnahme am Hauptschulunterricht oder der Unterricht durch einen Nachhilfelehrer, der zwar pädagogisch, nicht aber medizinisch ausgebildet ist, ist keine medizinische Rehabilitationsmaßnahme, sondern eine Leistung zur allgemeinen sozialen Eingliederung (LSG Niedersachsen, Urteil v. 15.6.1994, L 4 Kr 10/91). Ebenso wird die konduktive Förderung nach Dr. Petö nicht von § 43 Abs. 1 Nr. 1 erfasst (LSG Niedersachsen, Urteil v. 20.1.1999, L 4 KR 171/98).
Rz. 9
Die Neufassung der Nr. 1 (seinerzeit noch Nr. 2) durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 ermöglicht den Kassen flexible Gestaltungsmöglichkeiten. Krankenkassen können auch Leistungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung, die sie nicht selbst erbringen, durch Zuschüsse finanzieren bzw. fördern.
Rz. 10
Zu beachten ist im Rahmen der Nr. 1 weiter, dass unter Umständen auch nur mittelbar dem Erkrankten oder Behinderten zugute kommende Leistungen als ergänzende Leistungen (früher § 193 Nr. 2 RVO) gefördert werden können (vgl. dazu BSG, Urteil v. 29.6.1978, 5 RKn 35/76). In Betracht kommen z. B. die Mutterschulung für die weitere Betreuung des Kindes während dessen stationärer Behandlung, auch der Ersatz des Verdienstausfalls des Dialysepartners während der Ausbildung am Heimdialysegerät.