Rz. 7
Krankenversicherungspflicht besteht, wenn der gesetzliche Tatbestand dafür erfüllt ist und keine Ausschlussgründe (Versicherungsfreiheit, Befreiung oder hauptberuflich selbständige Tätigkeit) vorliegen. Damit besteht die Versicherungspflicht aufgrund öffentlichen Rechts kraft Gesetzes. Weder wird dafür Kenntnis seitens des Versicherten noch der Krankenkasse oder des Melde- oder Beitragszahlungspflichtigen verlangt. Auch auf die Schutzbedürftigkeit der betroffenen Person kommt es nicht an (BSG, Urteil v. 25.1.2001, B 12 KR 18/00 R). Die Versicherungspflicht kann daher vom Versicherten auch nicht unter Hinweis auf die Möglichkeit der Eigenvorsorge abgelehnt werden. Grundsätzlich ist die Versicherungspflicht auch nicht von Entscheidungen der Einzugsstelle oder der betriebsprüfenden Rentenversicherungsträger abhängig, denn diese stellen nur für die kraft Gesetzes bestehende Versicherungspflicht die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen der Beitragspflicht fest, um diese durchzusetzen. In einigen Fällen ist der Gesetzgeber nunmehr dazu übergegangen, die Versicherungspflicht erst mit der förmlichen Entscheidung darüber für die Zukunft eintreten zu lassen (§§ 7a Abs. 6, 8 Abs. 2 Satz 3 SGB IV, vgl. Komm. dort). Dies relativiert in einigen Fällen den gesetzlichen Krankenversicherungsschutz und daraus folgend auch den Schutz in der gesetzlichen Pflegeversicherung, ohne dass sichergestellt wäre, dass auch immer eine anderweitige Absicherung des Risikos vorliegt. Dies kann sich im Verhältnis zur Versicherungspflicht nach Abs. 1 Nr. 13 als problematisch erweisen.
Rz. 8
Die Anordnung von Krankenversicherungspflicht stellt dem Grunde nach Eingriffsverwaltung dar, die einer gesetzlichen Grundlage und einer entsprechend konkreten Bestimmung des Tatbestandes gerade auch im Zusammenhang mit der Erhebung von Beiträgen Dritter bedarf (Art. 2 GG). Das BVerfG (Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SGb 1997, 27 mit Anm. Rombach) hat den Begriff der Beschäftigung in § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV als Typisierung für verfassungsrechtlich noch hinreichend bestimmt angesehen. Die Diskussion und gesetzlichen Regelungsversuche zur Problematik der Scheinselbständigkeit in der Folgezeit belegen jedoch, dass die Kriterien und Grenzen des Begriffs so unklar sind, dass selbst Entscheidungen der Gerichte voneinander abweichen und damit nicht mehr vorhersehbar sind (so auch Papier/Möller, VSSR 1996, 243). Das BVerfG hat auch mit Beschluss v. 8.4.1987 (2 BvR 909/82) die Einführung der Krankenversicherungspflicht für Künstler und Publizisten durch das KSVG und die geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken insbesondere gegen die damit verbundene Anordnung der Künstlersozialabgabe für bestimmte Unternehmen (vgl. § 24 KSVG) im Wesentlichen zurückgewiesen.
Rz. 9
Die Anordnung von Krankenversicherungspflicht als Eingriffsverwaltung wird auch vom Gesetzgeber nicht immer hinreichend berücksichtigt, wenn die Anordnung der Versicherungspflicht den betroffenen Personenkreis nicht hinreichend klar bestimmt (vgl. z. B. Abs. 4a) oder rückwirkend zur Versicherungspflicht führende Gesetzesänderungen vorgenommen werden. In den meisten dieser Fälle führt dies zwar typischerweise zu einer Begünstigung der betroffenen Personen, sodass dagegen Bedenken nicht erhoben werden. Es kann jedoch auch für bestimmte Personenkreise, wie für freiwillig versicherte Rentner infolge der durch das BVerfG angeordneten Wiedereinführung der Vorversicherungszeitregelung des Gesundheitsreformgesetzes (GRG), zu Nachteilen in Form von Versicherungs- und Beitragspflichten kommen (vgl. Minn, ErsK 2002, 139; BSG, Urteil v. 4.9.2013, B 12 KR 13/11 R zur Frage der KVdR statt einer Familienversicherung).
Rz. 10
Die Anordnung der Versicherungspflicht als Zwangsversicherung führt auf Seiten des Versicherten dazu, dass er die ebenfalls gesetzlich geregelten und mit der (Zwangs-)Mitgliedschaft verbundenen Leistungsansprüche hat und geltend machen kann, unabhängig davon, ob Meldungen erfolgt waren oder Beiträge gezahlt worden sind oder werden. Folge des Bestehens von Versicherungspflicht ist auch die daraus dann kraft Gesetzes resultierende Beitrags- und Beitragszahlungspflicht entweder des Versicherten selbst oder Dritter.
Rz. 11
Die Anordnung von Versicherungspflicht für die verschiedenen Personenkreise, die inzwischen dem Grunde nach keine oder nur wenige Gemeinsamkeiten aufweisen, beruht weniger auf dem Bestehen einer wirklichen Solidargemeinschaft, sondern hat das Ziel, den Krankenversicherungsschutz einzelner Personengruppen zu finanzierbaren Beiträgen sicherzustellen und durch Beiträge anderer Gruppen zu subventionieren, weil der Umfang des Leistungsanspruchs für alle Personen weitgehend identisch ist. Damit müssen die Krankheitskosten für Personen und Personengruppen, die durch deren gesetzlich festgelegte Beiträge nicht gedeckt sind, mit Beiträgen der anderen Versicherten und ggf. Dritter finanziert werden. Daher kann von einer Solidargemeinschaft i. S. einer Interessengemeinschaft mit a...