Rz. 14
Der Krankenversicherungspflicht unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, wozu auch die zur Berufsausbildung Beschäftigten gehören. Der in Abs. 1 Nr. 1 verwandte Begriff der Beschäftigung ist der des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, also die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (vgl. Komm. § 7 SGB IV). Der Beschäftigungsbegriff ist primär durch die tatsächliche nichtselbständige Arbeit bestimmt. Daher verweist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV auch beispielhaft ("insbesondere") auf die Arbeit in einem Arbeitsverhältnis, nicht jedoch auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses an sich. Neben der Tätigkeit in einem wirksamen Arbeitsverhältnis ist auch die tatsächliche Arbeit im Rahmen eines faktischen Arbeitsverhältnisses als Beschäftigung anzusehen. Auch die aufgrund eines mangels Arbeitserlaubnis rechtswidrigen oder unwirksamen Vertrages geleistete Arbeit löst daher Sozialversicherungspflicht aus (zur Dauer der Beschäftigung nach § 7 Abs. 4 SGB IV in diesen Fällen vgl. Berchtold, NZS 2012, 481). Auf die arbeitsrechtliche Zuordnung und Beurteilung der Tätigkeit als Arbeitsverhältnis kommt es jedoch nicht an. Auch das Vorliegen eines Arbeitsvertrages nach arbeitsrechtlichen Maßstäben ist nicht notwendige Voraussetzung. Der bestehende Arbeitsvertrag kann jedoch für die Beurteilung einer abhängigen Beschäftigung und insbesondere auch für den Beginn und das Ende der Beschäftigung Bedeutung haben, als zumindest für die Zeit von noch bestehenden Ansprüchen auf Arbeitsentgelt aus dem Arbeitsverhältnis das Beschäftigungsverhältnis als fortbestehend angesehen wird (vgl. Komm. zu § 190). Der Begriff des Beschäftigungsverhältnisses, der in der Rechtsprechung zumeist als identisch mit Beschäftigung verwandt wurde und wird, ist nicht gesetzlich definiert, wird jedoch als Rechtsbegriff verwandt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, § 186 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und Komm. dort).
Rz. 15
Ohne tatsächliche Tätigkeit kann – wie beim Vorruhestandsgeld – heute eine entgeltliche Beschäftigung im Rahmen der Flexibilisierung der Arbeitszeit, insbesondere im Zusammenhang mit Altersteilzeit nach Blockmodellen, bestehen, wenn während der Freistellungsphase Arbeitsentgelt für zukünftige Arbeit oder aus vorher erbrachter Arbeitsleistung zeitversetzt ausgezahlt wird (vgl. Komm. zu §§ 7 ff. SGB IV; Rolfs/Witschen, NZS 2012, 241). Auch bei einer unwiderruflichen Freistellung von der Arbeitsleistung bei Fortbestand des Arbeitsvertragsverhältnisses und Fortzahlung des Arbeitsentgelts besteht die Beschäftigung bis zum Ende der arbeitsvertraglichen Beziehungen fort (vgl. BSG, Urteile v. 24.9.2008, B 12 KR 27/07 R, und B 12 KR 22/07 R). Damit wird die Abhängigkeit der Versicherungspflicht von tatsächlicher entgeltlicher Beschäftigung, wie sie in der Fiktion einer Beschäftigung bei Vorruheständlern noch zum Ausdruck kommt, aufgegeben und durch eine reine Entgeltzahlung ersetzt, der allenfalls eine vertragliche Vereinbarung, nicht jedoch (schon) die persönliche Abhängigkeit zugrunde liegt. Dies eröffnet die Möglichkeit, Krankenversicherungspflicht allein durch einen Vertrag zu begründen, der eine Entgeltzahlung vorsieht.
Rz. 16
Eine Beschäftigung setzt grundsätzlich ein frei vereinbartes Dienstverhältnis voraus. Zwangsarbeit (vgl. BSG, Urteil v. 21.4.1999, B 5 RJ 48/98 R; Gagel, NZS 2002, 231), die Tätigkeit im Strafvollzug, soweit diese nicht nach § 39 StVollzG außerhalb der Strafvollzugsanstalt als Freigänger stattfindet, oder aufgrund öffentlich-rechtlicher Arbeitspflichten (früher: § 19 Abs. 3 BSHG; vgl. jetzt § 16d SGB II – Arbeitsgelegenheiten) begründen keine die Krankenversicherungspflicht auslösende Beschäftigung, selbst wenn diese entgeltlich erfolgt (vgl. BSG, Urteil v. 27.8.2011, B 4 AS 1/10 R). Der Inhalt der arbeitsvertraglichen Verpflichtung, auch wenn dieser sittenwidrig – gemeint ist wohl eher unmoralisch – ist, hat keine Bedeutung für die Sozialversicherungspflicht (vgl. BSG, Urteil v. 10.8.2000, B 12 KR 21/98 R, und Felix, NZS 2002, 225). Ist der Vertrag jedoch auf eine rechtswidrige Tätigkeit gerichtet, steht dies der Sozialversicherungspflicht entgegen, denn diese soll nicht illegale Betätigungen schützen (a. A. Wiegand, in: Eichenhofer/Wenner SGB V, 2. Aufl., § 5 Rz. 3).
Rz. 17
Dem Begriff der Beschäftigung liegt die historisch bedingte und gewachsene Vorstellung eines im Regelfall in einem Dienstverhältnis stehenden Arbeiters oder Angestellten (Beschäftigten) zugrunde, der dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet und in der Betätigung seines geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist (so § 1 Abs. 2 LStDV). Entscheidend ist (so BSG, Urteil v. 21.4.1999, B 5 RJ 48/98 R) der Austausch wirtschaftlicher Werte (Arbeit gegen Lohn). Dieser geschuldeten Arbeitskraft entspricht die grundsätzliche Pflicht, auch (nur) die Arbeitskraft tatsächlich zur Verfügung zu stellen und zumindest anzub...