Rz. 18
Nach dem mit Wirkung zum 2.2.2007 neu gefassten Abs. 4 Satz 3 sind rückwirkende Erhöhungen des Arbeitsentgelts dem Kalenderjahr zuzurechnen, in dem der Anspruch auf das höhere Entgelt entstanden ist. Dies entsprach weitgehend der bisherigen Rechtslage mit der Besonderheit, dass ausdrücklich eine Zuordnung zu einem Kalenderjahr erfolgte, was mit der Beurteilung des 3-jährigen Überschreitens der JAEG und dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht nach 3-jährigem Überschreiten nach Satz 1 a. F. zusammenhing. Die Regelung ist trotz der Rückkehr zu früherem Recht mit dem GKV-FinG nicht geändert worden, obwohl es auf das 3-jährige Überschreiten der JAEG für die Versicherungsfreiheit nicht mehr ankommt. Die Vorschrift ist daher so zu lesen, wie sie vor dem 2.2.2007 lautete, nämlich dass bei einer rückwirkenden Erhöhung des Arbeitsentgelts die Versicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres endet, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist. Relevanz hatte und hat die Regelung nur in den Fällen, in denen die rückwirkende Erhöhung des Arbeitsentgelts in das vorherige Kalenderjahr zurückwirkt, denn für Erhöhungen im laufenden Kalenderjahr gilt Satz 1. Indem für die Berücksichtigung des höheren Entgeltes für das Überschreiten der JAEG das Entstehen des Anspruchs als maßgeblich ausdrücklich geregelt ist, wird ausgeschlossen, dass für die Vergangenheit und Gegenwart eine Neubeurteilung des Überschreitens der JAEG vorgenommen werden kann, weil durch die rückwirkende Arbeitsentgelterhöhung die Entgeltgrenzen des vergangenen und auch die des laufenden Kalenderjahres überschritten werden. Mit dem Entstehen des Anspruchs ist der Zeitpunkt der arbeits- oder tarifvertraglichen Vereinbarung gemeint, also das Datum der Änderung des Arbeitsvertrags mit Rückwirkung oder des Abschlusses eines Lohntarifvertrags, der die Zeit eines tariflosen Zustands in der Vergangenheit miterfasst. Die Regelung dient der Kontinuität des Krankenversicherungsschutzes und soll eine Neubeurteilung für die Vergangenheit und den rückwirkenden Wechsel im Versicherungsstatus vermeiden. Trotz des für Vergangenheit und Zukunft höheren Arbeitsentgeltes bleibt es daher zunächst bei der Krankenversicherungspflicht bis zum Ende des Kalenderjahres. Versicherungsfreiheit besteht dann ab Beginn des neuen Kalenderjahres, wenn auch die JAEG dieses Jahres überschritten wird.
Rz. 19
Wird nach Maßgabe des Abs. 4 während der Versicherungspflicht als Beschäftigter ein Arbeitsentgelt oberhalb der JAEG erzielt, tritt, wenn auch die JAEG des folgenden Jahres überschritten wird, zum Ende des Kalenderjahres Versicherungsfreiheit ein. Dies hat grundsätzlich der Arbeitgeber zu melden.
Rz. 19a
Beim Ausscheiden aus der Versicherungspflicht nach Abs. 4 bestand bis 31.7.2013 nach § 190 Abs. 3 die Besonderheit, dass sich die bisherige Pflichtmitgliedschaft als freiwillige Mitgliedschaft fortsetzte, wenn nach Hinweis der Krankenkasse keine Austrittserklärung erfolgte und die Vorversicherungszeiten des § 9 Abs. 1 Nr. 1 erfüllt waren. Seit dem 1.8.2013, der für die Fälle des Eintritts von Versicherungsfreiheit nach Abs. 4 aber erst seit dem 1.1.2014 Bedeutung hat, sieht § 188 Abs. 4 vor, dass sich an das Ende einer Pflichtversicherung nahtlos eine freiwillige Mitgliedschaft anschließt, wenn nicht innerhalb von 2 Wochen nach Hinweis der Krankenkasse der Austritt erklärt wird. Die Austrittserklärung ist aber nur dann wirksam, wenn auch ein anderweitiger Krankenversicherungsschutz nachgewiesen wird (§ 188 Abs. 4 Satz 2 und Komm. dort). Es bedarf für die obligatorische freiwillige Versicherung keiner schriftlich oder in Textform erklärten Beitrittserklärung nach § 188 Abs. 3 und insbesondere keiner Vorversicherungszeiten nach § 9 Abs. 1 Nr. 1. Es besteht jedoch weiterhin die Problematik, dass die Krankenkasse auf die Austrittsmöglichkeit hinzuweisen hat und dabei an Tatbestände angeknüpft wird, die den Krankenkassen nicht so frühzeitig bekannt sind, als dass bereits zum Jahresende oder zumindest kurz danach die Frage der Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 und des deswegen erforderlichen Hinweises auf die Austrittsmöglichkeit geklärt werden könnte. Die Krankenkasse erhält i. d. R. erst mit der Jahresmeldung bzw. Meldung wegen Änderung der Beitragsgruppe Kenntnis vom Ende der Krankenversicherungspflicht wegen Überschreitens der JAEG auch für das Folgejahr. Da für diese Meldepflicht eine Frist von 2 Wochen gilt und weitere 2 Wochen als Erklärungsfrist vorgesehen sind, entsteht für mehr als einen Monat Unklarheit über die freiwillige Mitgliedschaft und demzufolge über Leistungsansprüche. Da es sich hier um Personen handelt, die in einem durchgängigen Beschäftigungsverhältnis als versicherungsfreie Arbeitnehmer stehen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1), kommen nachgehende Leistungsansprüche nach § 19 Abs. 2 nicht in Betracht.
Rz. 20
Das Ende der Versicherungsfreiheit war und ist nach wie vor gesetzlich nicht ausdrücklich bestimmt. Lediglich im Rückschluss aus § 6 Abs. 4 Satz 2 ergibt ...