Rz. 25
Die Vorschrift trifft keine Aussage zum Rang- und Konkurrenzverhältnis der Versicherungspflichten des § 21 unter- und zueinander. In der Praxis wird (auf der Grundlage des Rundschreibens: GR v. 20.10.1994: Pflege-Versicherungsgesetz (PflegeVG) A. II. Nr. 3.8. Abs. 2, Die Beiträge 1994 S. 652) ein Rangverhältnis nach der Reihenfolge der Regelungen angenommen (vgl. z. B. Luthe, in: Hauck/Noftz, SGB XI, § 21 Rz. 24, Stand: Dezember 2015; ebenso Karl Peters, in: KassKomm. SGB XI, § 21 Rz. 18, Stand: Juni 2016, im Hinblick auf die in der Reihenfolge zum Ausdruck kommende stärkere Verpflichtung des Staates und/oder die Höhe der jeweiligen Bezüge). Mehrere Leistungsansprüche können sich aufgrund der Leistungsvoraussetzungen in Anknüpfung an Kriegsfolgen wohl nur im Verhältnis der Pflegeversicherungspflichten nach Nr. 1 und Nr. 2 ergeben; eventuell auch noch aus Nr. 5 folgen.
Rz. 26
Wenn der Gesetzgeber allerdings keine Rangfolge der Versicherungspflichten ausdrücklich vorsieht, dann wäre es auch vertretbar, davon auszugehen, dass auch mehrfache Pflegeversicherungspflichten nebeneinander und daher auch mehrfache Beitragspflichten bestehen können. Mehrfache Versicherungs- und Beitragspflichten sind zwar eher ungewöhnlich, sind aber nicht ausgeschlossen, gerade wenn keine ausdrückliche Rangfolge- oder Ausschlussregelung zwischen diesen vorliegt (vgl. BSG, Urteil v. 27.6.2012, B 12 KR 17/10 R, SGb 2013 S. 281 mit Anm. Felix).
Rz. 27
Die Versicherungspflicht nach § 21 ist grundsätzlich geeignet, eine Familienversicherung nach § 25 für den Ehegatten, den Lebenspartner und die Kinder von Mitgliedern sowie die Kinder von familienversicherten Kindern zu vermitteln. Andererseits ist in § 25 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 3 kein Ausschluss von der Familienversicherung für den Personenkreis der nach § 21 Versicherungspflichtigen vorgesehen; ebensowenig allerdings aber auch die (eigene) Mitgliedschaft als freiwillige Weiterversicherung nach § 26 oder die Mitgliedschaft aufgrund der Beitrittsberechtigung nach § 26a.
Rz. 28
Denkbar ist, dass Ehegatten, Lebenspartner und auch Kinder nach Abs. 1 Nr. 1 bis 5 leistungsberechtigt sind und dann jeweils eigenständig pflegeversicherungspflichtig sind. In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 12/5952 S. 37) ist dazu ausgeführt: "Wenn beide Ehegatten zu einer der genannten Personengruppen gehören, kann einer der beiden nach § 25 familienversichert sein". Im Rundschreiben: GR v. 20.10.1994: Pflege-Versicherungsgesetz (PflegeVG) A. II. Nr. 3.9., Die Beiträge 1994 S. 652, ist dazu ausgeführt, dass die Entscheidung hierüber den betroffenden Personen obliegt. Dies erscheint nicht unproblematisch, denn im Gesetzestext findet sich schon kein Anhaltspunkt dafür, dass mehreren Stammversicherten ein Wahlrecht im Versicherungsstatus zusteht (so auch Baier, in: Krauskopf, SozKV SGB XI, § 21 Rz. 12, Stand: August 2001). Dies gilt zumal auch vor dem Hintergrund, dass es für § 21 keine als Dauerregelung vorgesehene Befreiung oder Versicherungsfreiheit gibt (so Karl Peters, in: KassKomm. SGB XI, § 21 Rz. 16, Stand: Juni 2006). § 21 sieht auch nicht vor, dass diese Versicherungspflicht einer Familienversicherung gegenüber nachrangig oder wegen dieser ausgeschlossen ist oder sein könnte. Soweit in § 10 Abs. 5 SGB V, der über § 25 Abs. 2 Satz 2 auch für die Pflegeversicherung gilt, ein Wahlrecht für die Durchführung der Familienversicherung vorgesehen ist, setzt dies mehrere Stammversicherte, die die akzessorische Familienversicherung vermitteln können, voraus, was bei § 21 jedoch gerade nicht der Fall ist. Eine ausdrückliche und klare Regelung fehlt auch im Hinblick darauf, wer die Berechtigung zur Ausübung dieses "Wahlrechts" hat und was gelten soll, wenn dieses "Wahlrecht" nicht ausgeübt wird oder ein Betroffener der Entscheidung des anderen widerspricht. Bedenklich erscheint dieses "Wahlrecht" in Bezug auf den Versicherungsstatus auch insoweit, als es die Beteiligten dann in der Hand hätten zu bestimmen, welcher Leistungsträger und in welcher Höhe dieser Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung entrichten und tragen muss (vgl. § 59 Abs. 3, § 57 und Komm. dort). Diese rechtlichen Unklarheiten lassen sich auch nicht nur durch eine "Klarstellung" beseitigen (wie Luthe, in: Hauck/Noftz, SGB XI, § 11 Rz. 23, Stand: Dezember 2015 annimmt), sondern verlangen dafür nach klaren gesetzlichen Regelungen.